SKZ: Warum und seit wann gibt es Pro Adelphos und welches ist Ihr Auftrag?
Julia Albers: Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Ende des Kalten Krieges wurde Mission Without Borders (MWB) gegründet. Als Rumäniens Diktator Ceausescu 1989 entmachtet wurde, war die Welt geschockt, als Tausende von vernachlässigten Kindern entdeckt wurden, die in baufälligen Kinderheimen unter unvorstellbaren Umständen hausen mussten. MWB stellte sofort materielle und schulische Unterstützung zur Verfügung. 1987 wurde der Verein Pro Adelphos als Schweizer Zweig von Mission Without Borders International (MWBI) von einem Pastor gegründet und 2003 in eine Stiftung umgewandelt. Neben dem Hauptsitz von MWBI in England gibt es Länderbüros in zwölf Ländern rund um die Welt, wo wir Geld sammeln, um dieses nach Osteuropa zu schicken. Wir sind in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Moldawien, Rumänien und der Ukraine mit Hilfsprojekten vor Ort, seit 1990 auch mit einem Kinderpatenschafts-Programm.
Wie hilft Pro Adelphos vor Ort?
Wir arbeiten mit 176 einheimischen Mitarbeitenden und über 900 Freiwilligen vor Ort zusammen. Durch fünf Schwerpunkte unserer Projektarbeit (Nothilfe, Sommerlager, Weihnachts- überraschung, Bildung und Starthilfe in die Eigenständigkeit) geben wir den Menschen eine Perspektive. Wir arbeiten in jedem Land mit Kirchgemeinden zusammen, insgesamt haben wir fast 200 Partnerkirchen, deren Räumlichkeiten wir für den Mittagstisch oder die Betreuung von Schulkindern in Anspruch nehmen dürfen.
Wer wird unterstützt und wie?
In Armut geratenen Familien helfen wir, damit sie wieder eigenständig werden können. Erst bringen wir jeder Familie materielle und emotionale Soforthilfe, dann begleiten wir sie in die Selbständigkeit. Unsere Mitarbeitenden vor Ort evaluieren individuell, was nötig ist, um einer Familie den Schritt zum eigenen Kleinstbetrieb zu ermöglichen. Oft braucht es nur eine Kuh, etwas Saatgut oder einen kleinen Traktor, Wissen und Ermutigung. Natürlich setzen wir uns immer auch dafür ein, dass die Kinder jeder Familie die Schule besuchen und eine fundierte Bildung erhalten.
Wie sieht das konkret in Franken und materieller Hilfe aus?
2017 sandten wir zusammen mit den anderen Länderbüros 6 Mio. Franken nach Osteuropa, wobei der Schweizer Anteil etwas mehr als zehn Prozent ausmachte. Zusätzlich schickten wir Güterspenden im Wert von 11 Mio. Franken in 94 LKWs in den Osten (z.B. mit 370 Betten für Waisenhäuser und Familien, 5000 Schulranzen usw.) Über 4000 Kinder nahmen an unseren Sommerlagern teil und 975 Jugendliche genossen dank unserer Hilfe eine Ausbildung oder ein Studium.
Gibt es ein Beispiel einer Erfolgsgeschichte?
Meine Lieblingsgeschichte ist die von Ana, die einsam in einem moldawischen Kinderheim aufwuchs. Wie andere Heimkinder nahmen wir Ana in unser Patenschaftsprogramm auf, besuchten sie regelmässig, schenkten ihr Zuwendung und dringend benötigte Kleidung. Dank ihrem Fleiss und unserem Stipendium studiert Ana nun Medizin, um Kinderärztin in Moldawien zu werden.
Warum soll man gerade Ihnen spenden?
Weil unsere Eins-zu-Eins-Betreuung über mehrere Jahre hinweg dauert und unsere Betreuer vor Ort die Menschen in ihrer jeweiligen Situation abholen, begleiten und auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen. Unsere Hilfe basiert nicht nur auf materiellen Gaben, sondern vor allem auf emotionaler Unterstützung, der Stärkung des Selbstwerts und der Vermittlung von Glauben und Hoffnung.
Interview: Brigitte Burri
