Götterspeise und Teufelshörnchen

 

Zum Geleit


Mit gutem Gewissen essen

Unsere Geschmacksempfindungen sind so individuell geprägt, dass eine Auseinandersetzung über den guten Geschmack sinnlos ist. Was dem einen schmeckt, ist den anderen ein Gräuel. Darum die alte Redensart: Über Ge- schmack lässt sich nicht streiten. Essen und geniessen können aber bewusst gelernt werden. Michael Rosenberger ist überzeugt, dass wir Gott näher kommen, wenn wir uns an den Gaben der Schöpfung bewusst freuen und sie kosten – bis ins hohe Alter. Nicht ganz so einfach ist das, wenn wir mit Angehörigen anderer Religionen am Tisch sitzen. Das erfordert viel Wissen und Rücksichtnahme. Miriam Schneider erläutert anhand eines umstrittenen Videoclips über dieses Thema verschiedene religionstheologische Konzepte. Claudia Baumberger ist den Feinschmeckern in der Tierwelt auf der Spur – beispielsweise dem Wels, der mit dem ganzen Körper schmeckt.

Veganismus ist zurzeit hoch im Kurs. Sollen oder dürfen wir Tiere und tierische Produkte essen? Das ist der rote Faden in einem – hier nicht abgedruckten – persönlichen Essay des Theologen Andreas Krebs. Tierschützerische Überlegungen wie auch der ökologische Fussabdruck des Fleischkonsums legen nahe, weniger Fleisch zu essen. Krebs – aus gesundheitlichen Gründen zum Veganer geworden – schlägt vor, den Veganismus in Anlehnung an Gen 1,29 und Jes 11,6 f als gelebtes Zeichen der christlichen Friedenshoffnung zu entdecken.

Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Wir sollten uns aber damit auseinandersetzen, was wir einkaufen und essen, meint Pierrette Rey, Sprecherin des WWF für die Westschweiz. Denn wir überschreiten mit unseren Essens- und Konsumgewohnheiten die ökologischen Grenzen des Planeten. Rey schlägt vor, zumindest einen fleischlosen Tag einzuhalten und beim Einkauf auf Nachhaltigkeitslabels zu achten. Lebensmittelabfall kann vermieden werden, indem die Einkäufe besser geplant werden und nicht mehr als nötig eingekauft wird.

Während Kleinkinder vorwiegend scharf auf Süsses sind, entwickelt sich der Geschmackssinn im Lauf des Lebens mit der Anzahl der Geschmackserfahrungen weiter. Je breiter diese Erfahrungen sind, desto offener sind wir für neue Geschmackserlebnisse. Mit dem Alter nimmt die Geschmacksfähigkeit wieder ab – vor allem bei der Intensität scheint es Einbussen zu geben. Ein Gegenmittel ist, beim gemeinschaftlichen Essen den Geschmackssinn bewusst zu pflegen.

Klar ist, dass die Geschmackspalette unserer Essensauswahl von der Götterspeise bis zum Teufelshörnchen nicht leiden muss, wenn wir uns nachhaltiger ernähren.

Kurt Zaugg-Ott

 

SchöpfungsZeit-Dokumentation: oeku Kirche und Umwelt gestaltet die SchöpfungsZeit 2016 bis 2020 mit einer Themenreihe zu den fünf Sinnen. Dieses Jahr geht es mit «Götterspeise und Teufelshörnchen» um den Geschmackssinn. 2020 wird die Reihe mit dem Sehen abgeschlossen. Zusätzlich zum hier in Auszügen abgedruckten Magazin gibt es für die Vorbereitung von Gottesdiensten in einer ergänzenden Arbeitsdokumentation «Götterspeise und Teufelshörnchen – Themenreihe fünf Sinne» Predigtimpulse von Antje Kirchhofer-Griasch und Jacques Matthey, liturgische Texte, Liedvorschläge sowie Ideen für Veranstaltungen, Exkursionen sowie Aktionen mit Kindern und Jugendlichen. Diese und frühere Unterlagen können unter www.oeku.ch angefordert werden.

Impressum SchöpfungsZeit 2019
Die Artikel auf den folgenden Seiten stammen aus dem aktuellen Magazin «Götterspeise und Teufelshörnchen».
Herausgeber: oeku Kirche und Umwelt,
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Web: www.oeku.ch
Redaktion: Kurt Zaugg-Ott, Claudia Baumberger
Bilder: Sabine Zgraggen, Theologin und Fotokünstlerin, www.gedankenfotografie.ch


Kurt Zaugg-Ott

Dr. Kurt Zaugg-Ott ist reformierter Theologe und seit 1997 Leiter der Arbeitsstelle der oeku in Bern.