«Wir tragen zu einem Netz von Beziehungen bei»

Die junge, 1973 in Frankreich gegründete Gemeinschaft der Seligpreisungen lebt und wirkt seit 2000 auch im ehemaligen Kapuzinerkloster St. Anna in Zug.1 Die SKZ sprach mit Leonie Blarer und Br. Franziskus Maria über ihre Zukunftsfragen.

Br. Franziskus Maria trat 1991 in die Gemeinschaft ein und ist seit 2003 Priester. Leonie Blarer-Stettler ist verheiratet und hat drei Kinder. Sie ist Sakristanin der Kapelle St. Verena Zug und trat 2011 in die Gemeinschaft ein. (Bild: zvg)

 

SKZ: Was zeichnet die Gemeinschaft der Seligpreisungen aus?
Leonie Blarer (LB): Etwas Auffälliges – weil ungewohnt – ist das geschwisterliche Leben und das gemeinsame Gebet von geweihten Schwestern, Brüdern und Laien. Gegründet wurde die Gemeinschaft von zwei evangelischen Ehepaaren. Sie wurde im Lauf der Jahre katholisch und bald gab es erste Berufungen zum geweihten Leben. Dieses harmonisch gewachsene, gemeinsame Leben prägt die Gemeinschaft bis heute.
Br. Franziskus Maria (FM): Ich erlebe die Gemeinschaft als Kirche im Kleinen. Sie ist wie ein Senfkorn, das alles enthält, um ein Baum zu werden. Wir sind klein, doch der Himmel ist uns nahe: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.

Was durfte in den 22 Jahren im Kloster St. Anna in Zug wachsen?
LB: Einerseits durfte die Gemeinschaft im Kloster St. Anna ein über 400-jähriges geistiges Erbe der Kapuziner antreten und darin quasi weitergedeihen. Andererseits hat sich die Gemeinschaft neben der Seelsorge in der Stadt neu speziell in der Familien- und Jugendarbeit engagiert, die inzwischen auch über die Region hinaus reicht. Das Fundament für alles Entstehende ist dabei stets das Kloster als Ort der Stille und des Gebetes.
FM: Mit fünf Schwestern, drei Brüdern und acht Laienmitgliedern müssen wir uns ständig neu anpassen. So hat sich z. B. ein zweiter Sonntags-Gottesdienst «aufgedrängt». Jetzt freuen sich alle über die vielen Familien, die kommen. Wachstum bedeutet auch, im Hintergrund zu begleiten, wie z. B. den Nice-Sunday-Gottesdienst in der Pfarrei, der von Jugendlichen der Adoray-Gebetsgruppe mitgestaltet wird. 

Wo steht Ihre Gemeinschaft auf dem Weg in die Zukunft? Was steht in näherer, was in fernerer Zukunft an? 
LB: Das wüssten wir selber gern … Wir sind vor etwas mehr als einem Jahr in Rom als «kirchliche Familie des geweihten Lebens» anerkannt worden, als erste Gemeinschaft überhaupt. Dies bestätigt uns auch für die Zukunft in unserem Dienst für die Neuevangelisierung. Im Kleinen scheint es mir wichtig, den Klosteralltag nicht alltäglich werden zu lassen. Wir fragen uns regelmässig: Wie können wir Räume schaffen, wo Gott wirken kann? Wie können wir Menschen in seelischer Not, in Prüfungen gut begleiten? Wie können wir uns als Gemeinschaftsmitglieder gegenseitig helfen, Gott näherzukommen und in der Freude zu leben? Wir hoffen, dass durch die Art und Weise, wie wir gemeinsam z. B. ein Familientreffen auf die Beine stellen, etwas von der Freude der gemeinsamen Mission ausstrahlt. 
FM: Die Frage der Berufungen taucht heute neu auf. In einer Zeit von ausgeprägtem Individualismus tragen wir zu einem Netz von Beziehungen bei. Auf diese Weise entdecken junge Menschen die Freude am Glauben und am kirchlichen Engagement.

Wie gehen Sie diese Aufgaben an?
LB: Ganz nach dem Vorbild der ersten Christen versuchen wir, uns immer wieder einmütig zum Gebet zu versammeln und uns von Gott inspirieren zu lassen. Ich denke das ist das Herzstück der Gemeinschaft. Wir kennen aber auch Zeiten des gemeinsamen und kreativen Austausches und der gemeinsamen Entscheidungen. Ausserdem gibt es in einer Gemeinschaft unterschiedlichste Gaben und Berufungen, die – am richtigen Ort eingesetzt – zum Segen für alle werden. 
FM: Diese Vielfalt ist natürlich eine Herausforderung, aber sie bringt einen immer neu auf den Weg, um Früchte zu tragen.

Was freut Sie besonders an diesem Prozess? 
LB: Neben allen Projekten und übergeordneten Zukunftsgedanken als Gemeinschaft geht es auch immer um unser persönliches Leben, unsere je eigene Berufung und je eigene Gottesbeziehung. Zu sehen, dass sich beides in einer Gemeinschaft gegenseitig stärken kann, ist wunderbar.
FM: Mir geht mehr und mehr die Geschwisterlichkeit als ein Geschenk auf, das mich zuversichtlich in die Zukunft gehen lässt.


Interview: Maria Hässig
 

 

1 Mehr Informationen zur Gemeinschaft der Seligpreisungen unter: www.seligpreisungen.ch