Wie lernen Erwachsene glauben?

Kann man wirklich glauben lernen? Wie haben wir als Engagierte in der Kirche glauben gelernt? Genügte der Katechismus? Oder brauchte es die persönlich erfahrene Begegnung mit Christus, um die erworbenen Kenntnisse beurteilen zu können? Katia Cazzaro Thiévent erläutert, wie Erwachsene glauben lernen.

Im Allgemeinen hat eine Person, die bei der Kirche um die christliche Initiation im Erwachsenenalter durch die Sakramente (Taufe, Firmung und Eucharistie) nachfragt, bereits eine Begegnung mit Christus erlebt. Diese Erfahrung führt sie dazu, mehr verstehen zu wollen und nach Erläuterungen und Erklärungen zu fragen, was der Glauben und sein Inhalt ist.

Darum wäre die Frage richtiger, wie die Kirche einen Erwachsenen auf seinem Glaubensweg begleitet – mit dem Ziel, die Sakramente christlicher Initiation zu empfangen, um sich danach des Glaubens gewahr zu werden, der ihn erfüllt. Um in Christus zu leben, ist die gesamte Person herausgefordert. Das Erlernen von intellektuellen Kenntnissen allein kann nicht genügen. Tatsächlich geht es darum, die Kandidaten beim Aufbau ihrer christlichen Identität zu begleiten. Im Idealfall werden sie persönlich und in Gemeinschaft begleitet, was sich auch über einen Zeitraum entfaltet und verschiedene Aspekte umfasst.

Begleitung der Konversion und Zähmung ihrer Effekte

Seine Weltanschauung und die Beziehung zu den anderen ändern, bringt Konsequenzen mit sich. Es kommt vor, dass Familienmitglieder oder Freunde sich während des Prozesses vom Kandidaten fernhalten.

Es sind hauptsächlich Kandidaten muslimischer Herkunft, die am meisten unter diesem Effekt leiden, doch nicht einzig und allein. Es passiert auch, dass die Ehepartnerin (bzw. der Ehepartner) den Kandidaten verlässt! Diese muss den Verlust ihrer Beziehungen überwinden. Andere verlieren ihre Arbeit wegen ihrer Parteinahme oder der von christlicher Moral erfüllten Überzeugung und geraten in prekäre finanzielle Situation.

Die persönliche Begegnung mit Christus anschauen

Diese Begegnung mit Christus kann das Resultat eines wahren Weges nach Damaskus sein. Auch kann sich ein Kandidat in einer Situation des Misserfolgs (schulisch oder beruflich) befinden, ebenso einer eigenen Krankheit oder von Nächsten, oder er stellt sich Fragen zur Wahl seines früheren und zukünftigen Lebensweges. Hier geht es darum, die christliche Relecture der Elemente zu begleiten, die seine Vergangenheit konstituieren und ihm helfen werden, seine Zukunft aufzubauen – indem sein Wachstum im Leben und Glauben gefördert wird. Das Entdecken verschiedener und möglicher Gebetsformen – genauso wie der Verlassenheit im Gebet – können eine grosse Hilfe sein und die Entwicklung dieser persönlichen Beziehung zu Christus unterstützen.

Vom Wort sich treffen lassen

Es gehört zum Menschsein, nachzudenken und zu verstehen, was ihm geschieht. Die Zeiten der Katechese, des Austauschs in der Gruppe mit anderen Personen auf dem Weg, die Lektüre – dies alles erlaubt den Kandidaten, ihr Verständnis und ihre Erkenntnisse zu vertiefen.

Die Verbindung mit Christus fördern

In seinem Brief an die Korinther erinnert Paulus daran, dass wir getauft wurden, um einen einzigen Leib zu formen.1 Durch das liturgische Leben und das Leben in Gemeinschaft begreifen die Kandidaten diesen Aspekt christlichen Lebens. Langfristig wird von ihnen verlangt, IHREN Platz zu finden und nicht einfach jenen, den ihnen die Gemeinschaft gerne geben will. Denn gleich wie jeder von uns in den Augen Gottes einzigartig ist, hat jede IHREN Platz in der Kirche Christi.

Das Erbe der Tradition (Bibel, Lehre der Kirche, Zeugen von gestern und heute) unterstützt uns in dieser Mission. Besonders auch das Ritual der christlichen Initiation von Erwachsenen2, eines der Früchte des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die pastoralen Hinweise dieses Rituals erhellen die biblischen, theologischen, liturgischen und ekklesiologischen Herausforderungen des Katechumenats. Es schlägt mögliche Massnahmen vor und namentlich Liturgien, welche Struktur und Begleitung der Kandidaten unterstützen auf ihrem Weg der Konversion und der Vertiefung des Glaubens.

Wenn der Weg eines Erwachsenen zum Empfang der Initiationssakramente anspruchsvoll ist, ist er es auch für diejenigen, die ihn begleiten. Und wenn wir uns gelegentlich hilflos fühlen, vergessen wir nicht, dass wir auf die Erfahrungen unserer Kolleginnen und Kollegen auf lokaler, regionaler, gar europäischer Ebene3 zählen können. Und vor allem: Erinnern wir uns daran, dass der Geist am Werk ist!

 

Übersetzung: Stephan Schmid-Keiser

1 1 Co 12,12.

2 Die Feier der Eingliederung Erwachsener in die Kirche, Liturgisches Institut, Zürich, April 2001.

3 http://www.katechese.at/eurocat od. www.oipc.fr

Katia Cazzaro Thiévent

Katia Cazzaro Thiévent
wirkt als Pastoralagentin für
das Erwachsenenkatechumenat
des Kantons Waadt,
ist Mitglied der diözesanen
Kommission Katechese und
Katechumenat und tätig als
Eurocat-Delegierte für die
Romandie