Generationen verbindend

Schuhe

Ein jüdisches Sprichwort besagt: «Die Jugend ernährt sich von Träumen, das Alter von Erinnerung.» Zwei Perspektiven auch zur religiösen Gestaltung der Gegenwart. Generationenverbindende Katechese schafft Begegnungsräume für Jung und Alt, die zum Dialog und zur gegenseitigen Wertschätzung anregen.

Zur christlichen Gemeinschaft zählen Menschen aller Altersgruppen. Die pastorale Realität vieler Schweizer Pfarreien zeigt ein anderes Bild. In liturgischen Feiern, kirchlichen Gremien, Diakoniegruppen und bei gemeinschaftlichen Anlässen dominiert die Haarfarbe grau. Katechetische Angebote hingegen richten sich meist ausschliesslich an Kinder und Jugendliche. Ist Katechese tatsächlich der theologische Grundlagenkurs für eine möglicherweise in späteren Lebensphasen gemeinschaftlich gelebte Religiosität?

Katechese für alle Lebensalter

Christentum ruft zur Nachfolge auf. Es will gelebt und gestaltet werden durch Menschen jeden Alters. Keiner zu klein, ein Christ zu sein! Aufgabe der Katechese ist es, Christinnen und Christen bei ihrer religiösen Lebensgestaltung zu unterstützen. Dazu bietet sie Räume und Zeiten an, in denen das eigene Christsein im Spiegel der Tradition und der kirchlichen Gemeinschaft überdacht, vertieft, versöhnt und allenfalls neu entworfen werden kann. Ein so verstandener katechetischer Auftrag endet nicht mit der Firmung, sondern begleitet Menschen auf allen Etappen ihres Lebensweges bei der Bewältigung eigener Herausforderungen durch das Leben.

Zum Gelingen familiärer Beziehungen beitragen

Eine der grössten Herausforderungen ist das Familienleben. Keinen anderen Lebensbereich verbinden Menschen in der Schweiz so sehr mit Glück. Eine lebenssensible Katechese kann nicht umhin, Menschen bei der Gestaltung ihrer familiären Beziehungen zu unterstützen, indem sie den religiösen Austausch zwischen den Generationen anstösst, für die unterschiedlichen Bedürfnisse sensibilisiert und immer wieder zur Versöhnung anregt.1 Familienkatechese versteht Familien als weites Netzwerk, in dem Menschen verschiedener Generationen miteinander sorgend verbunden sind. Insbesondere Angebote für Grosseltern und Enkelkinder, aber auch Taufpatinnen und Taufpaten mit deren Patenkindern bereichern eine zuweilen auf Eltern fixierte Pastoral.

Gemeinschaft stiften

Die christliche Gemeinschaft versteht sich seit jeher als eine Familie jenseits biologischer Verwandtschaft. Brüder und Schwestern in Christus zu sein, verlangt Menschen viel ab, besonders wenn sie aus unterschiedlichen Generationen stammen. Gemeindekatechetische Angebote für unterschiedliche Altersgruppen bieten Gelegenheit, sich Fremden zu nähern und sie zu Vertrauten zu machen. Ziel solcher Katechese ist es, Beziehungen herzustellen. Über den gegenseitigen Austausch und gemeinsame Erlebnisse legen sie das Fundament für ein solidarisches Miteinander in Vielfalt. In Generationenbegegnungen erfahren ältere Menschen Wertschätzung und erleben die Relevanz des eigenen Glaubenszeugnisses, junge Menschen erhalten Impulse, sich mit eigenen Lebenszielen und Werten auseinanderzusetzen und sich der eigenen Endlichkeit bewusst zu werden. Das gemeinsam geteilte und verantwortete Jetzt erhält für Junge eine Geschichte, für Alte eine Zukunft.

Achtsamkeit in der Gestaltung

Angebote im Miteinander verschiedener Generationen gelingen leicht, wenn zwei Dinge bei der Planung beachtet werden: 1. Alle Lernenden sind kompetente Subjekte der eigenen Religiosität. Sie sind gleichermassen Lernende und Lehrende. Alle haben Erfahrungen und Einsichten gemacht, an denen andere teilhaben können. Anpassung und Veränderung werden allen zugemutet. 2. Damit Begegnung gelingt, benötigen altersdurchmischte Angebote Freiräume und genügend Zeit. Nicht effiziente Inhaltsvermittlung steht im Zentrum, sondern vertrauensvolles Wachsen und eigenständiges Erkunden. Erlebnisorientierte und projektbezogene Ansätze eigenen sich dafür am besten: Generationenpilgern, altersdurchmischte Chöre oder Walderlebnistage für Alt und Jung sind gut erprobte Angebote.

Wagen und erleben

Was generationenverbindende Katechese bewirkt, lässt sich besser erfahren als beschreiben. Ausprobieren ist die Devise. Perfektion steht nicht im Vordergrund, sondern der Mut, auf die Gemeinschaft zu vertrauen und in herausfordernden Situationen zusammenzuwachsen.

 

1 Für mehr Informationen und Praxisbeispiele vgl. Fachstelle für Religionspädagogik Zürich (Hg.): Intergenerationelle Familienkatechese. Im Miteinander voneinander übereinander lernen, Zürich 2016.

Melanie Wakefield

Melanie Wakefield ist Projektleiterin Lehrplaneinführung und Intergenerationelle Katechese an der Fachstelle für Religionspädagogik der Katholischen Kirche im Kanton Zürich.