«Wer Formation sagt, sagt Transformation»

Im Centre Catholique Romand de Formations en Eglise (CCRFE) in Freiburg werden alle zukünftigen kirchlichen Mitarbeitenden (mit)ausgebildet. Eine Möglichkeit, gemeinsam zu lernen und sich auszutauschen.

Dr. habil. Philippe Hugo (Jg. 1970) ist Direktor des CCRFE und Ständiger Diakon der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg. (Bild: zvg)

 

SKZ: Wie ist das CCRFE entstanden?
Philippe Hugo: Das 2014 gegründete CCRFE ist das Ergebnis des Zusammenschlusses mehrerer Ausbildungseinrichtungen in der Westschweiz zu einem einzigen Zentrum, dessen Aufgabe die Erst- und Weiterbildung aller kirchlichen Dienste ist. Mit anderen Worten: Wir bilden alle «Profis» im pastoralen Bereich aus. Mit der Gründung des Zentrums wollte man in zweifacher Hinsicht Grenzen überwinden. Zunächst zwischen der Ausbildung der künftigen Priester und derjenigen der Laien, dann zwischen der beruflichen Grund- und Weiterbildung. Tatsächlich bringen unsere Angebote die unterschiedlichen Zielgruppen zusammen; sie arbeiten, reflektieren und gestalten gemeinsam. Ziel ist es, den Zusammenhalt und die Gemeinschaft in den Seelsorgeteams in der Vielfalt der Ämter zu stärken.

Welche Studiengänge bietet das CCRFE an?
Wir haben vier Tätigkeitsbereiche: 1. Der Studiengang für Pastoralanimatorinnen und -animatoren («animatrice pastorale; animateur pastoral») ist eine dreijährige Berufsausbildung, die aus Lehrveranstaltungen (zwei Tage pro Woche) und praktischer Ausbildung in der Pfarrei besteht. 2. Kurse für zukünftige Priester und Laientheologinnen und -theologen, welche die universitäre theologische Ausbildung ergänzen: ein Jahr der Unterscheidung (Propädeutikum) vor dem Eintritt ins Priesterseminar, ein Pastoraljahr am Ende des akademischen Studiums und eine ergänzende Ausbildung während des Studiums. 3. Die Ausbildung zum Ständigen Diakon. 4. Alle Weiterbildungsangebote für Priester, Diakone und Seelsorgende in der Westschweiz.

Das CCRFE ist zuständig für die «die menschliche, spirituelle, intellektuelle und pastorale Ausbildung». Wie geschieht diese?
Die vier Dimensionen sind für jede kirchliche Ausbildung erforderlich. Das bedeutet, dass die Ausbildung immer ganzheitlich ist, sie betrifft alle Dimensionen der Person. Natürlich ist die theologische, pastorale und praktische (berufliche) Ausbildung zentral und hat Priorität. Aber diese Dimensionen müssen sich in einer spirituellen und menschlichen, ich würde sogar sagen humanisierenden Verwurzelung zusammenfügen. Wir legen daher viel Aufmerksamkeit auf den Beitrag der Humanwissenschaften sowie auf das geistliche Leben (gemeinsames Gebet und Liturgie, geistliche Begleitung usw.). Wer Ausbildung («formation») sagt, sagt Transformation, die den ganzen Menschen einbezieht. Das persönliche menschliche Gleichgewicht ist in der Tat grundlegend, um einen Dienst in der Kirche ausüben zu können.

Es wird grossen Wert auf Bibelkenntnisse gelegt.
Natürlich steht die Bibel im Mittelpunkt unserer Ausbildung, wie sie es auch bei allen Aktivitäten der Kirche sein sollte. Wir arbeiten hart daran, eine sehr gute biblische Kultur und Vertrautheit mit allen Teilen der Bibel zu gewährleisten. Aber das Ziel ist, zu verstehen, dass Gott durch die Bibel ein Wort zu uns heute spricht und dass dieses Wort die Fähigkeit hat, sein Leben mitzuteilen. Die biblische Ausbildung zielt darauf ab, dass Seelsorgende allen Menschen eine lebendige Begegnung mit Christus ermöglichen können, der selbst das an die Menschen gerichtete Wort Gottes ist.

Für die Ständigen Diakone erfolgt die Ausbildung am CCRFE und nicht an der Universität. Warum?
Die französischsprachige Schweiz – genauer gesagt die Diözesen Lausanne, Genf und Freiburg sowie Sitten – hat sich für die gleiche Option entschieden wie die Mehrheit der französischsprachigen Diözesen. Der Ständige Diakon arbeitet nicht in erster Linie in den pastoralen Strukturen der Kirche, den Pfarreien oder Seelsorgeeinheiten. Er ist an die Peripherie gesandt (wie Papst Franziskus gerne sagt), in sein gewohntes Arbeits- und Lebensumfeld, um den Menschen zu dienen, besonders den Schwächsten und Ärmsten. Daraus folgt, dass seine Ausbildung nicht akademischer Natur sein muss, sondern praktisch und an seine Mission angepasst. Nichtsdestotrotz versuchen wir, den Kandidaten eine gute theologische Ausbildung zu geben, da sie berufen sind, zu predigen und Sakramente zu spenden. Die Ausbildung dauert sechs Jahre, mit etwa 15 Tagen pro Jahr: ein Jahr der Unterscheidung, drei Jahre Ausbildung vor der Weihe und zwei Jahre danach, um den Beginn des Dienstes zu begleiten. Aber eine Entwicklung hin zu einer anspruchsvolleren und strukturierteren Ausbildung scheint mir notwendig zu sein, und wir arbeiten daran. Es gibt auch Diakone, die eine regelmässige seelsorgerische Aufgabe übernehmen. Diese müssen dann eine ergänzende Ausbildung absolvieren oder Theologen sein. Ich selbst bin das Beispiel eines Theologen, der ein Ständiger Diakon ist, aber ich stelle eine Ausnahme dar.

Die Ausbildung «animatrice pastorale/animateur pastoral» (Pastoralanimatorin/-animator) kennen wir in der Deutschschweiz nicht.
Diese von der Bischofskonferenz anerkannte Ausbildung ist in der Tat eine Besonderheit der französischsprachigen Schweiz. Diese Form des Dienstes entstand in den 1980er-Jahren, als die Katechetinnen und Katecheten begannen, andere Aufgaben in der Pfarrei zu übernehmen. Die Ortskirche beschloss deshalb, sie für diese Aufgaben besser auszubilden, und 1987 wurde ein Studiengang für Pastoralanimatorinnen und -animatoren gegründet. Diese Ausbildung hat sich bis zu einem gewissen Grad weiterentwickelt und hat heute den Stand einer höheren Berufsausbildung (ähnlich einer zivilen «Höheren Fachschule»). Die Ausbildung der Pastoralanimatorinnen und -animatoren ist konsequent auf die Praxis und die Pfarreianimation ausgerichtet. Sie ist nicht universitär, auch wenn sie eine echte theologische Grundlage hat, in die sie auch Disziplinen aus den Sozialwissenschaften einbezieht. Die Pastoralanimatorinnen und -animatoren übernehmen keine Leitungsfunktionen (Pfarrei oder Dienst), wie es Theologinnen oder Theologen tun können. Aber in der Pfarrei können sie z. B. Katecheseteams leiten oder für die Jugendpastoral verantwortlich sein. Viele bieten auch seelsorgerische Dienste in Schulen, Gefängnissen, Krankenhäusern oder in Alters- und Pflegeheimen an. Die Pastoralanimatorinnen und -animatoren sind immer Teil des pastoralen Teams, zum Beispiel in Pfarreien. Alle unsere Seelsorgeteams sind daher multidisziplinär; sie setzen sich aus der Vielfalt von Priestern, Theologinnen und Theologen, Pastoralanimatorinnen und -animatoren und manchmal auch Diakonen zusammen.

Wenn Sie die theologischen Ausbildungen in der West- und Deutschschweiz vergleichen: Wo liegen Stärken und wo Schwächen?
Ich denke, die universitäre Ausbildung ist durchaus vergleichbar. Der Hauptunterschied, auch in der theologischen Ausbildung, scheint mir in der kirchlichen Kultur zu liegen. In der französischsprachigen Schweiz sind wir vielleicht aufmerksamer gegenüber der spirituellen und geistigen Dimension der Theologie. Ein Verantwortlicher aus der Deutschschweiz machte mich darauf aufmerksam, dass sich bei unseren nationalen Treffen der Ausbildungsverantwortlichen die Deutschschweizer auf den «Lehrplan 21» beziehen, während wir Französischsprachigen uns auf das apostolische Schreiben «Evangelii gaudium» von Papst Franziskus stützen. Eine humorvolle Karikatur, aber sie sagt etwas Wahres aus. In der Deutschschweiz wird man sich vermutlich mehr auf die berufliche Dimension konzentrieren und in der Westschweiz mehr auf die kirchliche und spirituelle (oder theologische) Dimension. Aber das sind nur Nuancen der gleichen Realität. Das 2019 von den Bischöfen der französischsprachigen Schweiz verabschiedete «Concept global de la formation» (Globales Ausbildungskonzept) stellt beispielsweise die Figur des «missionarischen Jüngers» in den Mittelpunkt. Mit diesem Ausdruck bezieht sich Papst Franziskus auf alle Getauften, die ihren Teil der Verantwortung an der Sendung der Kirche übernehmen sollen. Unserer Meinung nach sind alle Seelsorgenden, ob Priester, Diakon oder Laie, zuallererst missionarische Jünger, die im Dienst der Mission aller stehen. Es ist die ganze Kirche, alle Getauften, die gemeinsam das Evangelium jenen Menschen verkünden müssen, die auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sind.

Interview: Rosmarie Schärer

 

Das «Centre Catholique Romand de Formations en Eglise» hat die Aufgabe, «die menschliche, geistliche, intellektuelle und pastorale Ausbildung der Kandidaten für das Priestertum, den Diakonat und den Dienst der Laienpastoral sowie die ständige Weiterbildung der Priester, Diakone und Laienpastoralmitarbeiter zu planen, zu koordinieren und durchzuführen». www.ccrfe.ch

 

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