Von unermesslicher Freude erfüllt

Angeregt durch den Blick auf die literarische Thematisierung der Frage nach dem ewigen Leben in der Ausgabe 6, verwies ein Leser auf Gedanken von Benedikt XVI. in seiner Enzyklika «Spe salvi».

«Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am grössten unter ihnen ist die Liebe» (1 Kor 13,13). Dieses «jetzt» scheint Benedikt XVI. in der Trilogie seiner Enzykliken betonen zu wollen: «Deus caritas est» (25.12.2005) und «Spe salvi» (30.11.2007), die ergänzt werden durch «Lumen fidei» (29.6.2013), noch von ihm selbst geschrieben, aber abgeschlossen durch Papst Franziskus. Wenn man in der Reihenfolge der Veröffentlichungen der Enzykliken eine Wertung durch Benedikt XVI. sehen will, so schliesst er sich mit der viel beachteten Enzyklika «Deus caritas est», ohne die auch Papst Franziskus‘ nachsynodales apostolisches Schreiben «Amoris Laetitia» nicht auskommt, dem Apostel Paulus an, der die Liebe an die erste Stelle setzte.

Worauf hoffen wir?

In «Spe salvi» (SS) bringt Benedikt XVI. schon im ersten Kapitel in der Überschrift Glaube und Hoffnung zusammen, indem er beide gleichsetzt: Glaube ist Hoffnung. Benedikt XVI. fragt uns heutige Gläubige sehr direkt: «Ist christlicher Glaube auch für uns heute Hoffnung, die unser Leben verwandelt und trägt? Ist er für uns performativ – eine Kunde, die das Leben selbst neu gestaltet, oder ist er nur noch Information, die wir inzwischen beiseitegelegt haben und die uns durch neuere Informationen überholt erscheint?» (SS 10) Doch was erhoffen wir? Wir hoffen auf das, was uns im Glauben versprochen wird, nämlich das ewige Leben (Joh 17,3), das wir immer beim Sprechen des Glaubensbekenntnisses bestätigen. Ewiges Leben – was ist das?

Wollen wir ewig leben?

Benedikt XVI. reflektiert in einem kaum rezipierten Frage- und Antwortspiel darüber sehr gründlich und auch nachvollziehbar (vgl. SS 10–12). «Wollen wir das eigentlich – ewig leben? Vielleicht wollen viele Menschen den Glauben heute einfach deshalb nicht, weil ihnen das ewige Leben nichts Erstrebenswertes zu sein scheint. Sie wollen gar nicht das ewige Leben, sondern dieses jetzige Leben, und der Glaube an das ewige Leben scheint dafür eher hinderlich zu sein. Ewig – endlos – weiterzuleben scheint eher Verdammnis als ein Geschenk zu sein. Gewiss, den Tod möchte man so weit hinausschieben wie nur irgend möglich. Aber immerfort und ohne Ende zu leben – das kann doch zuletzt nur langweilig und schliesslich unerträglich sein.» (SS 10)

Ein erfüllter Augenblick

Benedikt XVI. fragt weiter: «Was ist das eigentlich ,Leben? Und was bedeutet das eigentlich, Ewigkeit? Es gibt Augenblicke, in denen wir plötzlich spüren: Ja, das wäre es eigentlich – das wahre Leben – so müsste es sein. Daneben ist das, was wir alltäglich Leben nennen, gar nicht wirklich Leben.» (SS 11) Augustinus führt ihn auf die Spur der Nichtwissenheit: «Es gibt da, um es so auszudrücken, eine gewisse wissende Unwissenheit.» (SS 11) «Das Wort ‹ewiges Leben› versucht, diesem unbekannt Bekannten einen Namen zu geben. Es ist notwendigerweise ein irritierendes, ein ungenügendes Wort.» (SS 12)

So rät uns Benedikt XVI., sich aus der Zeitlichkeit herauszudenken, denn ewig meint nicht endlos, nicht eine unaufhörliche Folge von Tagen, Monaten, Jahren. Der «erfüllte Augenblick» bietet sich als Denkfigur an. Das sind die Augenblicke, in denen wir einfach Glück spüren. Ja, das wäre das wahre Leben, das ewige Leben, «von der Freude überwältigt werden ... In diese Richtung müssen wir denken, wenn wir verstehen wollen, worauf die christliche Hoffnung zielt.» (SS 12) Das ewige Leben − ein erfüllter Augenblick, hier und jetzt?!

Maximilian G. Kroiß, Urdorf