Vom Bildstock zum Wallfahrtsort

In der Nähe von Benken SG in der schönen Linthebene liegt im Wald verborgen der Wallfahrtsort Maria Bildstein. Dieses Jahr kann er ein grosses Jubiläum feiern.

Bildstock auf dem Areal von Maria Bildstein in Benken SG. (Bild: Freilichtspiele Maria Bildstein)

 

Als Johann Heinrich Jud, seines Zeichens Meisterknecht des Damenstiftes Schänis, 1519 eine Statue der Gottesmutter Maria auf dem Oberen Buchberg aufstellte, liess er sich bestimmt nicht träumen, dass daraus ein Wallfahrtsort werden würde, der auch noch 500 Jahre später viele Pilger anzieht. Die Äbtissin des Damenstifts liess für die Statue einen Bildstock errichten, auf den der Name «Maria Bildstein» zurückzuführen ist.1

Den Bildersturm der Reformation, der 1529 über das Gasterland hinwegfegte, überstand die Statue der Muttergottes unbeschadet. Am 11. Oktober 1531 siegten die katholischen Orte und das Gasterland kehrte zum katholischen Glauben zurück. Vermutlich entwickelte sich aus diesem Neuerstarken des katholischen Glaubens die Wallfahrt nach Maria Bildstein.

Maria hilft

Die Statue der Muttergottes war inzwischen durch die Umwelteinflüsse stark verwittert. Eine fromme Jungfrau schenkte dem Wallfahrtsort eine Statuette des leidenden Heilands an der Geisselsäule, die nun die Muttergottesstatue ersetzte. Der Schreinermeister Franz Schnider aus Benken baute um 1830 eine einfache Kapelle um den Bildstock, deren Wände sich bald mit Votivtafeln füllten.

Kaplan Alois Widmer, der von 1842 bis 1862 in Benken wirkte, machte aus dem einfachen Wallfahrtsort durch den Bau einer «richtigen» Kapelle mit Altar eine eigentliche Wallfahrtsstätte. Während seines Theologiestudiums in Sitten und Freiburg i. Ue. hatten ihn Bekehrungen aufgrund der Marienerscheinung von 1830 in Paris tief beeindruckt.2 Der Pfarrer der dortigen Pfarrei «Notre Dame des Victoires» setzte sich sehr für die Verbreitung der «Wundertätigen Medaille» ein. So weihte Kaplan Widmer die neu gebaute Kapelle «Unserer Lieben Frau vom Siege». Am 12. September 1848 weihte Johannes Petrus Mirer, der erste Bischof des 1847 neu gegründeten Bistums St. Gallen, die Kapelle ein und bestimmte, dass jeweils am 8. September das Kapell- und Wallfahrtsfest begangen werden sollte.

Pater Lorenz Hecht aus Einsiedeln erreichte, dass die Kapelle der Kirche «Notre Dame des Victoires» in Paris angeschlossen wurde und dadurch Anteil an allen Ablässen und Privilegien dieser Kirche erhielt. Kaplan Widmer konnte dank grosszügiger Spenden das Land um die Kapelle sowie Wald kaufen. Er verliess Maria Bildstein 1862 und war in verschiedenen Pfarreien als Pfarrer tätig, vergass aber «sein» Maria Bildstein nie. Kurz vor seiner geplanten Rückkehr im Jahr 1878 starb er überraschend.

Langjährige Freunde von Kaplan Widmer schlossen sich zu einem Konsortium zusammen und übernahmen die Besitztümer, inklusive des im Bau befindlichen Pfarrhauses. Bischof Karl Greith erklärte die Kapelle «Unsere Liebe Frau vom Siege» als «exempt», das heisst als unabhängig von der Pfarrei Benken. Das Bistum übernahm in der Folge die Anstellung eines Wallfahrtspriesters.

Kreuzwegstationen und Grotten

Das Konsortium beschloss den Bau einer grösseren Kapelle, die 1882 eingeweiht wurde. In diesem Jahr trat der Wallfahrtspriester Johann Anton Hafner seine Stelle an. Er liess auf eigene Kosten mehrere Grotten auf dem Gelände anlegen und auf den verschiedenen Wegen von den umliegenden Pfarreien her Kreuzwegstationen aufstellen. Er beauftragte italienische Arbeiter mit dem Anlegen von drei Grotten: der Lourdes-Grotte, der Ölberg-Grotte und der Bethlehems-Grotte. In Letzterer wurde in den ersten Jahren an Weihnachten die Mitternachtsmesse gefeiert.

1966 wurde die heute noch bestehende Wallfahrtskirche eingeweiht. Die Statuette «Christus an der Geisselsäule» befindet sich im Seitenschiff, die ursprüngliche Statue der Gottesmutter erhielt einen Platz in der Krypta. Heute besuchen rund 25'000 Menschen jährlich den Wallfahrtsort, um hier die Muttergottes um Hilfe zu bitten oder um Kraft zu schöpfen.

Rosmarie Schärer

 

1 Als Quelle diente das Buch «Maria Bildstein. Der Wallfahrtsort des Linthgebietes im Wandel der Zeit», Benken 1979.

2 Im Jahr 1830 hatte die Ordensfrau Catherine Labouré (*1806, †1876) Marienerscheinungen. Maria gab ihr den Auftrag, Medaillen von der Erscheinung prägen zu lassen. Diese sind heute als «Wundertätige Medaille» oder auch als «Wunderbare Medaille» bekannt.

500 Jahre Maria Bildstein
Anlässlich des Festgottesdienstes vom 8. September wird die Skulptur «Madonna mit Kind» von Marlies Pekarek eingeweiht. Informationen zum Jubiläum unter www.mariabildstein.ch

Zudem wird das Freilichtspiel «500 Jahre Maria Bildstein» aufgeführt. Informationen dazu unter www.mariabildstein2019.ch und in der nächsten Ausgabe der SKZ.