Aus Berufung: Religionspädagoge

Religionspädagogen leben und arbeiten «dazwischen». Im Brückenbauen liegt der Reiz ihres Berufs – und das Potenzial für die Kirche.

Studierende am Religionspädagogischen Institut Luzern (RPI). (Bild: Eugen Trost)

 

Religionspädagogen arbeiten in allen Diözesen und fast allen Kantonen der deutschsprachigen Schweiz. Sie sind in drei klassischen Feldern im Einsatz: im konfessionellen Religionsunterricht, in der Katechese und in der verbandlichen sowie offenen kirchlichen Jugendarbeit. In der Regel übernehmen sie im Bereich Religionspädagogik Verantwortung durch Leitung und Konzeption: sowohl in der einzelnen Pfarrei als auch in grösseren Pastoralräumen. Als Mitarbeitende im Dienst der Diözese sind sie Mitglieder im Seelsorgeteam und im Dekanat.

Charisma mit vielen Facetten

In allen zuvor genannten Tätigkeitsfeldern sind auch andere kirchliche Mitarbeitende im Dienst: Katecheten, Jugendarbeiter sowie Theologen. Dazu kommen Ehrenamtliche oder andere Berufsgruppen wie beispielsweise Sozialarbeiter, die ebenfalls mitwirken und Verantwortung übernehmen. Lässt sich ein erkennbarer Unterschied zwischen Religionspädagogen und dieser Vielzahl an anderen Engagierten ausmachen? Anders gefragt: Haben Religionspädagogen ein eigenes Charisma? Religionspädagogen zeichnet aus, dass sie in all ihren Tätigkeiten Brücken bauen.

Im konfessionellen Religionsunterricht an den Schulen gestalten sie Lernräume, in denen Kinder und Jugendliche sich ein nachhaltiges Grundwissen über ihre Religion aneignen, ihre christliche Identität reflektieren, in ihrer religiösen Ausdrucksfähigkeit gefördert und darin bestärkt werden, christliche Werte zu vertreten. Religionspädagogen stehen dabei an der Schule im Spannungsfeld zwischen Staat und Kirche. Ihr Religionsunterricht, ihre schulpastoralen Angebote und ihre Zusammenarbeit mit den anderen Lehrpersonen fördern das wechselseitige Verständnis hin zu einer Kirche, die wesentlicher Bestandteil der Gesellschaft ist.

In der Katechese begleiten sie Menschen allen Alters auf ihrem Glaubens- und Lebensweg, fördern deren religiöses Wachsen und bieten ihnen im Glauben und in der Gemeinschaft eine Heimat an. Dazu gilt es, die Brücke zwischen vielfältigen Lebenssituationen und Theologie zu schlagen, insbesondere in der Sakramentenkatechese, wo volkskirchliche Traditionen auf individualisierte Glaubens- und Lebenswege treffen. Nur wenn es gelingt, beide Bereiche miteinander in Beziehung zu setzen, wird für Menschen erfahrbar, welche Antworten der Glaube auf Sehnsüchte, Anliegen und Fragen hat.

In der verbandlichen und kirchlichen Jugend- arbeit muss der ständige Balanceakt zwischen Verantwortung haben und Verantwortung übertragen gemeistert werden. Jugendliche gilt es in ihrer Entwicklung zu fördern. Sie zu animieren, Verantwortung zu übernehmen und dadurch im Selbstvertrauen und in ihrer Selbstwirksamkeitsüberzeugung zu wachsen.

Brücken bauen

Dieser Wunsch zum Verbinden verschiedener Bereiche ist bei Studierenden am Religionspädagogischen Institut Luzern (RPI) deutlich wahrzunehmen. Hier trifft man Menschen, die «Hunger» auf ein solides theologisches Studium haben, in die Tiefe gehen möchten, sich nicht mit einfachen Antworten zufriedengeben. Menschen, denen aber die Theorie nicht genug ist, weil sie dabei immer auch das konkrete Leben im Hier und Heute vor Augen haben wollen und sich fragen, wie pädagogisch verantwortbar Theorie und Praxis miteinander vernetzt werden können. Auf dieses Spannungsfeld ist der Studiengang Religionspädagogik ausgerichtet. Das hybride Modell aus Studium und Berufsausbildung ermöglicht es den Studierenden, sich kontinuierlich im Brückenbauen zu üben und ihr Handeln entsprechend zu reflektieren.

Damit bringen sie ausgezeichnete Voraussetzungen für eine sich verändernde Pastoral mit. Im Rahmen von grösser werdenden Seelsorgeräumen finden sich zunehmend Pfarreien mit ganz unterschiedlichen Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen, die behutsam, aber überzeugend auf den Weg zu einem gemeinsamen Konzept, das auf die spezifischen Anforderungen vor Ort abgestimmt ist, geführt werden müssen. Und gerade in diesem Prozess das Spannungsfeld der unterschiedlichen Gruppen von Menschen und ihrer gewachsenen Traditionen nicht nur auszuhalten, sondern die Chance der Vielfalt herauszuarbeiten, eröffnet auch künftig gelingende Weggemeinschaft. Der 2017 veröffentlichte Lehrplan für den konfessionellen Religionsunterricht und die Katechese in der Deutschschweiz (LeRUKa) wird derzeit in den Kantonen eingeführt und bildet den zeitgemässen und visionären Rahmen einer enger mit den verschiedenen Pastoralbereichen vernetzten Religionspädagogik. Religionspädagogen haben das Potenzial, den Lehrplan in seinen Möglichkeiten auszuschöpfen und Pfarreien bei der Entwicklung einer zukunftsfähigen Religionspädagogik zu begleiten.

Ein Beruf zum Wachsen

Teil dieser Entwicklung ist es auch, dass Pfarreien nicht nur auf der Suche nach Mitarbeitenden sind, die ihren Beruf professionell ausüben, sondern vermehrt engagierte Christen aus ihrer Pfarrei ermuntern möchten, sich als Religionspädagoge ausbilden zu lassen. Einerseits um diesen Menschen Lernräume des theologischen Wachstums zu eröffnen, andererseits um ihnen das Rüstzeug zur Verfügung zu stellen, dass ihnen hilft, wachsende Verantwortung in der Pfarrei zu tragen. Dem wird am RPI Rechnung getragen, indem es in den Diözesen Chur und St. Gallen neu möglich ist, als «Pfarreistudent» den Studiengang Religionspädagogik zu absolvieren – motiviert und unterstützt durch die Heimatpfarrei.

Dass der Bereich der Religionspädagogik zum Wachsen einlädt, wird auch dadurch ersichtlich, dass einerseits jedes Jahr Katecheten mit Fachausweis ForModula ein Anschlussstudium am RPI beginnen. Sie wollen das spannungsvolle «Dazwischen» vertiefen und Theorie und Praxis weiter vernetzen. Die bereits geleistete Lernzeit wird ihnen dabei zu zwei Dritteln angerechnet. Andererseits bietet das RPI Theologen durch CAS-Studiengänge die Möglichkeit, ihre religionspädagogischen Fähigkeiten weiter auszubauen. Neben den Bereichen konfessioneller Religionsunterricht und Katechese künftig auch im Bereich kirchliche Jugendarbeit.

Das Studium der Religionspädagogik ist zudem anschlussfähig und bietet denen, die möchten, weitere Optionen zur Weiterentwicklung, zum Wachsen. Das Anschlussstudium «Master in Religionslehre» ermöglicht, den bekenntnisunabhängigen Religionsunterricht an Mittelschulen zu erteilen. Der «Master in Theologie» oder die bischöflichen Sonderprogramme führen zu einer Tätigkeit als Seelsorger im kirchlichen Dienst.

Ein Beruf zum Ernten

Spricht man mit Menschen, die als Religionspädagogen arbeiten, ist eine grosse Zufriedenheit festzustellen. Das liegt in erster Linie nicht an der ausgezeichneten Arbeitsmarktsituation und der soliden Entlöhnung. In kaum einem anderen Beruf ist ein solches Mass an Vielfalt, Gestaltungsspielraum, Eigenverantwortung und sinnstiftendem Arbeiten möglich. Wer die Spannung des «Dazwischen» aushält, wem es gelingt, Brücken zwischen den verschiedenen Welten zu bauen, darf miterleben, wie sich Menschen unterschiedlichen Alters auf ihrem Lebens- und Glaubensweg entfalten, Verantwortung übernehmen und gemeinsam Kirche leben. Diese Berufsperspektive ist zugleich eine verheissungsvolle Perspektive für die Kirche.

David Wakefield

 

Anm. d. Red.: Der vom Autor eingereichte Artikel enthielt sowohl die weibliche als auch die männliche Geschlechtsbezeichnung. Einerseits aus Überzeugung, andererseits weil Frauen die Mehrheit in diesem Beruf stellen. Die Richtlinien der SKZ erlauben jedoch nur die männliche Variante, welche die weibliche beinhaltet.

Informationsanlässe
zum Studium der Religionspädagogik am Religionspädagogischen Institut der Universität Luzern finden jeweils am dritten Samstag im März und November statt. Mehr Informationen auf www.unilu.ch/rpi


David Wakefield

David Wakefield (Jg. 1982) ist Studienleiter am RPI der Universität Luzern und leitet das Fachzentrum Katechese der Deutschschweiz. Bis Ende 2019 war er Mitglied der Redaktionskommission der SKZ.