Seelsorgeräte und Bischofssynode

Die Seelsorgeräte behandeln ein breites Spektrum von Themen: von der Flüchtlingshilfe über Palliative Care bis zu den Beziehungen zwischen Haupt- und Nebenamtlichen. Dies zeigte die 31. Interdiözesane Koordination der diözesanen und kantonalen Seelsorgeräte. Die IKO fand vom Freitag 6. bis zum Samstag 7. November 20015 im Zentrum Burgbühl, St. Antoni (FR), statt. Die 19 Delegierten befassten sich nach ihrem Informations- und Erfahrungsaustausch im Beisein von Bischof Jean-Marie Lovey mit der Bischofssynode und ihrem Thema «Ehe und Familie».

Die Zukunft der Kirche

Die Kirche in die Zukunft führen: Dies sei das zentrale Anliegen der Räte, betonte Eva Baumann-Neuhaus in ihrer Zusammenfassung der vorliegenden schriftlichen Ratsberichte. Die Kirche werde nicht von selbst zukunftsfähig, fügte die Sekretärin der IKO bei: «Es braucht konkrete Ideen, praktische Anstrengungen, Kreativität und den Mut, immer wieder Experimente zu wagen und Risiken einzugehen.» Vertraute Muster seien oft nicht mehr kompatibel mit den Erfahrungen der heutigen Menschen. Altes aufzugeben reiche meistens nicht. Es müsste mit Weisheit beurteilt werden, was zu verändern sei. Das Vertrackte: Es gilt immer wieder, neue Aufgaben zu bewältigen, obwohl die personellen und materiellen Ressourcen kleiner werden. So sei es ein zentrales Anliegen der Seelsorge-räte, Lösungen zu erarbeiten für ein kirchliches Leben mit weniger Mitteln. Die Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Nebenamtlichen sei dabei eine zentrale Frage mit den Aspekten, Rollen und Zuständigkeiten zu klären, Weiterbildung zu organisieren und neue Entscheidungswege zu finden. Die Räte würden sich nicht nur mit Strukturen befassen, sondern auch Möglichkeiten der Glaubensvertiefung anbieten, bemerkte Eva Baumann-Neuhaus. Sie nannte Wallfahrten, Begegnungstage und Foren.

Flüchtlinge und Sterbebegleitung

Unter dem Stichwort «Diakonie» sind in den Berichten der Räte einige Aktivitäten zugunsten von Flüchtlingen zu finden. «Es ist hier viel Hilfsbereitschaft vorhanden», meinte eine Delegierte und betonte, wir seien vom Asylchaos noch weit entfernt. Im Bericht des Zürcher Seelsorgerates ist die Bemerkung zu finden: «Die Stärke der Pfarreien ist sicher die nachhaltige und verlässliche Begleitung von Flüchtlingen vor Ort. Das ist ein wertvoller Beitrag zu ihrer Integration.» Die Vermittlung von Wohnungen und Sprachkurse seien konkrete Möglichkeiten. Palliative Care ist ein weiteres, sehr aktuelles Thema, das von mehreren Räten angegangen wird. Am weitesten ist der Seelsorgerat von Basel-Stadt. Sein Delegierter informierte über das Projekt mobile Kranken- und Palliativseelsorge «Zuhause umsorgt sterben dürfen». Ausgangspunkt ist die Feststellung von Experten, dass bald nicht mehr genügend Kliniken und Hospize für Sterbende zur Verfügung stehen. Der Rat möchte, dass im Bereich Palliative Care die Seelsorge an erster Stelle steht und nicht wie bis anhin die Medizin und die Pflege.

Image der Kirche

Nach dem Stichwort «Diakonie» folgte im Überblick über die Themenfelder der Räte jenes der «Kommunikation». Es gelte, zu den Leuten zu gehen, ihnen zuzuhören, ihnen das Evangelium mit Blick auf die Lebenswirklichkeiten zu verkünden, und das alles «auf Augenhöhe».

Der diözesane Seelsorgerat St. Gallen hat ein Pastoralforum durchgeführt zum Image der Kirche, zur Frage, was es braucht, um ein positives Bild von der Kirche zu vermitteln. Im schriftlichen Jahresbericht wird als Ergebnis der Tagung u.a. festgehalten:

  • Die Kapazität für Kommunikation ist überall in der Kirche zu klein.
  • Kommunikationsverantwortliche in den Seelsorgeeinheiten wären wichtig.
  • Social Media und digitale Welt werden vernachlässigt.
  • Auch die interne Kommunikation ist sehr wichtig.
  • Kampagnen wären für das Bistum hilfreich.

In den Jahresberichten der Räte fällt auf, dass es überall schwierig ist, Abgänge durch neue Mitglieder zu ersetzen. In letzter Zeit kam es mehrmals vor, dass Räte ihre Arbeit nicht zuletzt wegen Nachwuchsmangels sistierten.

Synode: Universalität der Kirche

Der Walliser Bischof Jean-Marie Lovey, welcher die Schweizer Bischöfe an der Familiensynode in Rom vertreten hatte, erzählte im thematischen Teil der IKO von seinen Erfahrungen. Er zeigte sich beeindruckt von der Universalität, der bunten Vielfalt in der einen katholischen Kirche. Wichtig im Ablauf der Synode seien die 13 Halbtage in den Sprachgruppen («circuli minores») gewesen. Jeder Teilnehmer habe hier seine eigene Familiengeschichte eingebracht. So sei ein afrikanischer Bischof in einer heidnischen Familie aufgewachsen und habe als Priester seine Eltern getauft … Lovey rühmte die offene Gesprächsatmosphäre und die effizienten Infrastrukturen. Alle Vorschläge der Gruppen seien an jedem Abend schriftlich vorgelegen. Auf die Frage, welche Rolle die anwesenden Ehepaare gespielt haben, sagte der Bischof: «Sie konnten Vorschläge vorbringen. Diese mussten jedoch von einem Bischof übernommen werden. In unserer Gruppe war dies jedes Mal der Fall.»

Familienpastoral als Priorität

Die Theologie muss offen sein für die konkreten, höchst unterschiedlichen Realitäten. Dieser Grundsatz sei im Schlussdokument zu finden; ebenso die Betonung der Barmherzigkeit. Ebenso sei unterstrichen worden, dass die Treue der Partner wichtiger sei als juristische Aspekte. Die Familien – gleich, in welcher Situation sie sich befinden – müssten von der Seelsorge stärker begleitet werden. Dieses Postulat stand dann in St. Antoni auch in den Gruppengesprächen im Vordergrund: «Die Familienpastoral muss in der Seelsorge Priorität erhalten.» Auch die Ehevorbereitung müsse wieder ernster genommen werden: «Es reicht nicht, dass die Brautpaare mit dem Pfarrer eine Flasche Wein trinken!» Die Delegierten sprachen sich wie der Papst und die Synode für mehr Barmherzigkeit in der Kirche aus. Allerdings gab es dazu auch Vorbehalte: «Wenn ich mich zu jemandem barmherzig verhalte, zeige ich ihm, dass ich ihn als Sünder betrachte …» Es überrascht nicht, dass in den Gruppen auch über die Position der Bischofssynode zum Kommunionempfang geschiedener Wiederverheirateter gesprochen wurde. Es habe Fortschritte gegeben, wenn auch nicht im gewünschten Ausmass. Doch: «An der Synode 72 waren wir diesbezüglich schon weiter – vor 40 Jahren», meinte ein ehemaliger Teilnehmer. Bischof Markus Büchel, der als Student und Protokollführer an der Synode 72 teilgenommen hatte, teilte diese Ansicht.

Wie weiter?

Die Bischöfe sollten nicht warten, bis der Papst das nachsynodale Schreiben veröffentlicht. Sie müssen schon vorher die Basis über die Bischofssynode orientieren; vor allem auch die vielen Tausend, die an den vorbereitenden Umfragen und Diskussionen teilgenommen haben. Dies war ein oft geäusserter Wunsch der Gruppen. Ein weiteres Postulat: Die Bischofskonferenz soll in der Frage der Zulassung zur Kommunion ein «Grundlevel für die Seelsorger» festlegen, damit es nicht den Einzelnen überlassen wird, ob sie sich ans Kirchenrecht halten oder die Barmherzigkeit zur Leitlinie machen. Im Verlaufe der 31. IKO wurde Markus Büchel als neuer Präsident der Pastoralkommission der SBK begrüsst. Sein Vorgänger Pierre Farine, Genf, erhielt als Abschiedsgeschenk sechs Flaschen Wein – eine aus jeder Diözese. 

Walter Ludin

Walter Ludin

Br. Walter Ludin ist Kapuziner und schreibt als Journalist BR für verschiedene Medien. Er lebt im Kloster Wesemlin in Luzern.