Religionspädagogik – Was macht man denn da?

Als ich mein Studium am RPI1 in Luzern begann und auf Freunde aus meinem näheren oder auch weiteren Umfeld traf, hiess es oft «Religionspädagogik, aha und was ist das genau? Was macht man denn da?»

Aufgefallen ist mir, dass meine Antwort je nach Fragesteller immer wieder anders ausfiel, und genau das trifft es ganz gut. Als Religionspädagoge habe ich ganz unterschiedliche Aufgaben. Ich bin nicht der Jugendarbeiter oder der Religionslehrer, was gerne damit assoziiert wird, sondern arbeite in verschiedenen pastoralen Aufgaben der Pfarrei mit. So darf ich auch in der Liturgie mitarbeiten oder habe die Möglichkeit, die Erwachsenenarbeit mitzugestalten. Auch die Sakramenten Katechese ist ein spannendes Arbeitsgebiet, in welchem ich mithelfen darf. Religionspädagogen findet man aber auch in leitenden Funktionen oder als Leiter von Fachstellen, je nach Bedarf der Gemeinden und Dekanate. Es ist also eine vielfältige und abwechslungsreiche Tätigkeit, die einem viele schöne Momente schenkt, aber auch einiges abverlangt.

Welche biblische Metapher leitet mich in meiner Tätigkeit?

Hier mag meine gewählte Bibelstelle etwas komisch anmuten, deshalb muss ich etwas ausholen. Während meines Studiums am RPI durfte ich mich in einem biblischen Seminar mit dem Kapitel 8 im Sprüchebuch beschäftigen. Diese Erfahrung hat mich in meinem Studium und auch bis heute geprägt. Die exegetische Auseinandersetzung mit einem biblischen Text war neu für mich und hat mich begeistert. Ein Vers aus dieser Arbeit hat es dann auch auf meinen Kugelschreiber geschafft, mit dem ich tagtäglich arbeite. «Ich spielte auf seinem Erdenrund und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein» (Spr 8,31)2. Hier spricht die personifizierte Weisheit, die spielend wie ein Kind bei der Schöpfung der Welt dabei ist und sich freut, bei den Menschen zu sein.

Ohne jetzt eine umfangreiche Exegese darzulegen oder allzu viel in diesen Text zu interpretieren, hat er für mich eine gewisse Lockerheit, etwas Spielerisches. Genau das, was ich auch bei den Kindern immer wieder bewundere. Die Weisheit ist uns von Anfang an gegeben, es ist uns überlassen, ob und wie wir sie einsetzen. Den Kindern und Jugendlichen wie auch den Erwachsenen zu helfen, diese Weisheit zu entdecken und sie in ihrer eigenen Entwicklung zu fördern und fordern, ist eine bereichernde Aufgabe, ja ein Ziel, dass mich in meiner Tätigkeit leitet.

Als Chancen sehe ich …

Ich sehe es als grosse Chance, Kinder, Jugendliche und Erwachsene in ihrer ganz persönlichen, religiösen Entwicklung zu fördern. Als Religionslehrer, habe ich die Chance, im Unterricht3 losgelöst vom staatlichen und wirtschaftlichen Leistungsdruck zu arbeiten. Das heisst aber nicht, dass dadurch die Qualität des Unterrichts vernachlässigt werden darf. Diese ist wichtig, um einen guten Religionsunterricht auch gegenüber Dritten zu rechtfertigen, und doch habe ich viel mehr Freiheiten als die Lehrpersonen der öffentlichen Schule. In der Jugend- und Erwachsenenarbeit sehe ich die Chance darin, mit den Menschen Gemeinschaft zu erleben, ihnen Möglichkeiten zu bieten, ihren Horizont zu erweitern und sie auf ihrem Glaubensweg zu begleiten.

Als Grenzen erlebe ich …

Grenzen erlebe ich von verschiedenen Seiten. Ich erlebe Grenzen dort, wo eine Theologie gepredigt wird, die nicht auf den Menschen als Individuum zugeht. Ich erlebe Grenzen dort, wo man innerkirchlich gegeneinander arbeitet und nicht miteinander. Ich erlebe aber auch Grenzen, wenn der Staat seine Aufgabe zur religiösen Bildung aller, besonders in traditionell katholischen Gebieten, nicht wahrnimmt. Ich erlebe aber auch Grenzen dort, wo Eltern nicht bereit sind, ihre Erfahrungen und Einstellungen gegenüber der Kirche zurückzustellen, um ihren Kindern eigene Erfahrungen zu ermöglichen. Das Wichtigste daran ist, diese Grenzen nicht als unüberwindbar zu betrachten und sich dafür zu engagieren, dass solche Grenzen schwächer werden und vielleicht auch ganz wegfallen.

Zum Glück bin ich der Ansicht, dass die Chancen deutlich überwiegen und auch die aufgezählten Grenzen überwindbar sind. Unterstützt wird dies natürlich auch durch ein Team, welches am gleichen Strang zieht. Ich habe das Glück, an einem Ort zu arbeiten, wo dies der Fall ist. Man ergänzt sich in seinen Erfahrungen, seinen Ausbildungen und in den eigenen Persönlichkeiten, die man ins Team einbringt. Denn wenn es etwas gibt, das man als Religionspädagoge/in nicht sein sollte, so ist das ein/e Einzelgänger/in.

So darf ich gespannt in die Zukunft blicken und dankbar dafür sein, dass ich von meinem Team, meiner Pfarrei, meinem Umfeld und von Gott in meiner Tätigkeit als Religionspädagoge unterstützt und gestärkt werde.

 

1 Religionspädagogisches Institut.

2 Das Bibelzitat stammt aus der Einheitsübersetzung.

3 In Altdorf, wo ich Religionsunterricht erteile, findet dieser an der öffentlichen Schule im Stundenplan statt.

Stefan Amberg

Stefan Amberg arbeitet als Religionspädagoge im Kanton Uri im Seelsorgeraum Altdorf und seinen Pfarreien St. Martin und Bruder Klaus.