Religion, Rechtsstaat, Gesellschaft

Religion, Liberalität und Rechtsstaat. Ein offenes Spannungsverhältnis. Herausgegeben von Gerhard Schwarz, Adrian Holderegger u. a. (Verlag Neue Zürcher Zeitung) Zürich 2015, 241 S.

Der Status der Konfessionen und Religionen wandelt sich aufgrund der zunehmenden Pluralisierung unserer Gesellschaft. Im ersten Abschnitt ("Säkularisierung und ihre Ambivalenz") folgert Charles Taylor: "Eine Ordnung, die sich in der heutigen Demokratie aus gutem Grund als säkularistische bezeichnet, darf sich nicht primär als Bollwerk gegen die Religion verstehen, sondern als wohlmeinender Versuch (…), ihre institutionellen Arrangements so zu gestalten, dass sie zwischen den verschiedenen Weltanschauungen ein Höchstmass an Freiheit und Gleichheit garantieren, statt geheiligten Traditionen treu zu bleiben" (S. 43). Adrian Holderegger weist im zweiten Teil "Religion in der Öffentlichkeit" darauf hin, dass die Konzepte Religion und Säkularisierung etwas Verschiedenes bezeichnen. Säkularliberale Bürgerschaften haben die Folgelasten exzessiver Säkularisierung abzuarbeiten, während Religionen sich als diskurs-, toleranz- und pluralitätsfähig zu erweisen haben. Marianne Heimbach-Steins beurteilt die Religionsfreiheit als Kriterium für eine gerechte Religionspolitik. Der dritte Teil ("Religion in der liberalen Gesellschaft") liefert wichtige Informationen zur Situation in Europa und zum Islam. Im Teil V ("Religion und Rechtsstaat") zeichnet Marco Jorio den Schweizer Weg vom Staatskirchentum zur Partnerschaft Kirche–Staat nach. Ernst-Wolfgang Böckenförde erachtet die Reinigung des Glaubens durch die Vernunft als segensreich für die Religion, während Pahud de Mortanges aktuelle Entwicklungen bei der staatlichen Anerkennung von weiteren Religionsgemeinschaften aufzeigt.

Urban Fink-Wagner

Urban Fink-Wagner

Der Historiker und promovierte Theologe Urban Fink-Wagner, 2004 bis 2016 Redaktionsleiter der SKZ, ist Geschäftsführer der Inländischen Mission.