Profil der Seminaristen des Bistums Basel

Kandidaten für den priesterlichen Dienst im Bistum Basel. Stephan Leimgruber reflektiert mit Blick auf die Berufungspastoral ihr stark verändertes Profil.1

Am auffälligsten ist, dass analog zum Heiratsalter das Durchschnittsalter der Kandidaten zum priesterlichen Dienst um gute zehn Jahre höher ist als vor fünfzig Jahren. Es liegt etwa bei 35 Jahren. Einige haben zuerst einen anderen Beruf gelernt und bringen interessante Berufserfahrungen mit, zwei haben bereits promoviert und verfügen nun über erhöhte wissenschaftliche Kompetenz. Einer steht kurz vor der Promotion in Theologie. Ein höheres Weihealter geht einher mit breiterer Lebenserfahrung, die hilfreich ist für den anspruchsvollen Beruf. Mehrere Seminaristen weisen Migrationshintergrund auf, sind zweisprachig aufgewachsen und bringen internationale und interkulturelle Lernerfahrungen mit.

Expressionistisch gefärbte Biografie

Auch in Bezug auf die Biografien bilden sich nicht mehr geradlinige Lebensläufe ab. Einige haben Umwege, gar Irrwege beschritten, die letztlich zu Lernwegen wurden. Gott schreibt auf krummen Wegen gerade. Einer hat bei den Schwestern der hl. Mutter Teresa in Kalkutta ein Praktikum absolviert, und einer ist von der reformierten Schwesterkirche zur katholischen Kirche konvertiert, beides gute Voraussetzungen für den Beruf. Heutige Priesterkandidaten stammen aus traditionsverwurzelten Milieus, nicht aus hedonistischen oder experimentellen Milieus wie Jugendliche, die an der Streetparade teilnehmen. Die meisten sind aus der bürgerlichen Unter- und Mittelschicht, haben Geschwister und sind teilweise religiös sozialisiert. Ihre Eltern (nicht alle) zeigten ihnen religiöse Praxis, während ihre Geschwister nur noch teilweise religiös praktizieren. Ein regelmässiges Gebetsleben wird erst im Priesterseminar erworben. Die Assimilation des theologischen Denkens des Zweiten Vatikanischen Konzils ist für das Gros eine Selbstverständlichkeit.

Wie heute Berufungen wachsen

Manche erzählen von eindrucksvollen Erlebnissen in der kirchlichen Jugendarbeit. Die Begegnung mit der Brüdergemeinschaft in Taizé sei eine Sternstunde gewesen, die zur Klärung ihrer Berufung beigetragen hat, oder die Mitorganisation des Weltjugendtages in der Schweiz oder das Ranfttreffen von Jungwacht und Blauring im Advent. An die Stelle der früheren zahlreichen Vikare sind Katecheten und Laientheologen getreten, die im Lager besinnliche Impulse geben, den Sonntagsgottesdienst mitgestalten und Leitbilder für kirchliche Berufe sind. Am Wochenende des St.-Ursen-Tages 2016 trafen sich die Seminaristen des Bistums Basel in Solothurn im Kloster St. Josef, wo jetzt die Scalabrini- Missionarinnen wohnen. Ziel war das gegenseitige Kennenlernen. Spiritual Dr. Hans Schaller hielt den Hauptvortrag anhand der biblischen Perikope des Gangs Petri über das Wasser. Wie die Jünger damals «Gegenwind» hatten, pfeift auch heute der Kirche gelegentlich rauer Wind ins Gesicht. Bischof Felix Gmür ermutigte die Kandidaten zur Vernetzung in Zellen und betonte, dass künftige Priester belastbar sein müssen und einen gesunden Glauben haben sollten. Berufung hat mit Rufen, Hören und Lernen in einer radikal pluralen und von Migration bestimmten Zeit zu tun. Neu war die Tatsache, dass jetzt nach Jahren des Unterbruchs vier Seminaristen für den «Jura pastoral» studieren, drei sind in Freiburg i. Br., sieben in Pfarreien (zwei in der Berufseinführung, einer im Vorjahr, zwei Laientheologen, einer am RPI und einer promoviert) und je einer in Rom, Fribourg und London.

Fazit

Offenbar ist die Talsohle (der Collaps lt. «NZZ am Sonntag») überschritten. Das grösste Bistum der Schweiz hat durchaus profilierten Nachwuchs. Der Priesterberuf ist kein Auslaufmodell! Einberechnen darf man derzeit 21 Damen und Herren in der Berufseinführung, die sich auf den kirchlichen Dienst vor Ort vorbereiten: erfreulich viele am Religionspädagogischen Institut und etwa acht Laientheologen, die auf dem Weg zum Ständigen Diakonat sind. In der «Studienbegleitung» sind an Dienstagabenden gut zwanzig künftige Seelsorgerinnen und Seelsorger anzutreffen. Darunter Leute, die das «Fernstudium» ganz oder teilweise besuchen. Die gesamte Berufungspastoral soll vom Gebet aller Glaubenden begleitet sein.

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Für das Bistum Basel studieren im jetzigen Studienjahr 2016/17 insgesamt 97 Studentinnen und Studenten Theologie und Religionspädagogik, das sind 17 mehr als im vergangenen Studienjahr 2015/16. Das sind drei angehende Religionspädagogen mehr, dazu acht im Präsenzstudium und sechs in der Berufseinführung.

 

1 Der Beitrag ist eine Fortsetzung des Beitrags «Wie kann man kirchliche Berufe wecken?» in SKZ 2016, 33–34, und eine Vertiefung des Werbeprojektes «Chance Kirchenberufe».

Stephan Leimgruber

Stephan Leimgruber

Dr. Stephan Leimgruber ist seit Februar 2014 Spiritual am Seminar St. Beat in Luzern und zuständig für die Theologinnen und Theologen in der Berufseinführung. Bis zu seiner Tätigkeit in Luzern war er Professor für Religionspädagogik an der Theologischen Fakultät in München.