Pro multis oder etwa nur für einen?

Einen Anruf der Schweizer Bischofskonferenz nimmt Peter Spichtig vom Liturgischen Institut zum Anlass, das Augenmerk von liturgisch Tätigen auf die Bezeichnung und Verwendung von Hostien zu richten.

Priesterhostien? Laienhostien? Oder doch der eine Leib Christi? (Bild: piqsels.com)

 

Wieder einmal war in verschiedenen Medien der Aufruf der Schweizer Bischöfe vom 13. Dezember 2019 zu lesen, doch bei den einheimischen Kloster-Hostienbäckereien einzukaufen. Dieses Anliegen sei an dieser Stelle ausdrücklich und herzlich unterstrichen.

Anlass zu diesem Zwischenruf sind einzig die vermeintlich harmlosen «klassischen» Formulierungen, mit welchen die Hostienarten beschrieben werden. Dabei ziele ich notabene keineswegs auf die herstellenden Klöster ab! Sie kolportieren bloss diese schiefe Terminologie, die endlich wieder einmal entlarvt gehört.

Der eine Leib Christi

In Zeiten wachsenden Bewusstseins dafür, dass Sprache Wirklichkeit schafft (Wittgenstein u. a.), drängt es mich also, in aller Deutlichkeit den Unsinn zu benennen, der sich hier sprachlich ausdrückt, und der – schlimmer noch, da Zeichen mehr sagen als 1000 Worte – leider auch im rituellen Vollzug in der Eucharistiefeier allenthalben seinen ärgerlichen Niederschlag findet.

Was, bitte sehr, soll eine «Priesterhostie» sein? Und in was für einem theologisch begründbaren Gegensatz dazu könnte es denn so etwas wie «Laienhostien» geben? Die «Konzelebrationshostie» schliesslich bringt das Ziborium vollends zum Überlaufen.

Nahm denn unser Herr Jesus einst nicht das Brot, sagte Dank, brach es, reichte es seinen Jüngern und sprach «Nehmet und esset alle davon, das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird»? Im Vorgang des Brotbrechens sah die junge Kirche das Wesen der Sendung Christi symbolisiert. Er stiftet Gemeinschaft, die sich im Teilen des einen Brotes ausdrückt. Christus selbst ist dieses Brot, an dem wir Anteil erhalten. Das Brot ist der Leib Christi, an dem wir partizipieren, oder anders gesagt: kommunizieren. Die versammelte Gemeinde feiert, was sie im Mahl des geteilten Brotes zu werden aufgetragen ist: Leib Christi.

Blick ins Missale riskieren

Freilich wurde dieser Ritus im Verlaufe der Jahrhunderte verdunkelt, sodass der Priester schliesslich nur noch allein kommunizierte, die Laien allenfalls vorher oder nachher – aus dem Ziborium. Aber seit nunmehr immerhin 50 Jahren («Missale Romanum», editio typica 1970) wäre die rituelle Gestalt wiederhergestellt, und die entsprechende Anweisung steht denn auch klar und deutlich vorne in jedem Messbuch weltweit:
«Die Aussagekraft des Zeichens verlangt, dass man die Materie der Eucharistie tatsächlich als Speise erkennt. Daher soll das eucharistische Brot […] so beschaffen sein, dass der Priester bei einer Gemeindemesse das Brot wirklich in mehrere Teile brechen kann, die er wenigstens einigen Gläubigen reicht. Die kleinen Hostien sind jedoch keineswegs ausgeschlossen, falls die Zahl der Kommunizierenden oder andere seelsorgliche Überlegungen sie erforderlich machen. Das Brotbrechen, das in apostolischer Zeit der Eucharistiefeier ihren Namen gab, bringt die Einheit aller in dem einen Brot wirksam und deutlich zum Ausdruck. Ebenso ist es ein Zeichen brüderlicher Liebe, da dieses eine Brot unter Brüdern geteilt wird.» (AEM 283, Hervorh. d. Verf.)

Man überlege dagegen mal in aller Ruhe, was es zum Ausdruck bringt, wenn der Priester am Altar eine Hostie zwar bricht, deren Teile dann aber vor aller Augen ineinanderschiebt und alleine verzehrt.

Passen Sie deshalb Ihre Bestellungen bei der Klosterbäckerei an! Für jede Gemeindemesse – und das werden ja wohl die allermeisten sein – braucht es immer wenigstens eine sehr grosse Hostie.

Peter Spichtig


Peter Spichtig OP

Peter Spichtig OP (Jg. 1968) stammt aus Sachseln OW. Er studierte in Freiburg i. Ü. und Berkeley (USA). Nach einigen Jahren in der Pfarreiseelsorge arbeitet er seit 2004 beim Liturgischen Institut der deutschsprachigen Schweiz.