Priester, Diakone und Laien in Seelsorgeteams (I)

Bedingungen einer fruchtbaren Zusammenarbeit

1. Dieser Beitrag erfordert einige Vorbemerkungen. Da ich Kirchenrechtler bin, werde ich zunächst auf die Bezeichnung der Handlungsträger eingehen, um die es geht: Streng genommen sagt die Rede von «Priestern», «Diakonen» und «Laien» nichts Genaues aus über ihre Einbindung in Seelsorgeteams. Dem Kirchenrechtler genügt es nicht, die Klerikalität der einen – Priester und Diakone – und die Laizität der anderen – der Laien – zu erwähnen, um zu wissen, wovon die Rede ist und welcher Art ihr Engagement in solchen Teams ist. Denn diese besonderen kanonischen Bedingungen sagen nichts aus über die jeweiligen Ämter und Dienste dieser Personen oder – in der Sprache des Kirchenrechts – über den Dienst (lat. munus) oder das Kirchenamt (lat. officium ecclesiasticum) der einen wie der anderen. Ich werde also jene Präzisierungen vornehmen müssen, die durch die begriffliche Strenge meiner Disziplin gefordert ist.

2. Eine zweite Präzisierung betrifft den Begriff Seelsorgeteam. Dieser Ausdruck bezeichnet je nach Land unterschiedliche Wirklichkeiten. Die Einrichtung von Seelsorgeteams in Pfarreien hat sich im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte in Westeuropa und in Québec verbreitet. Je nach Diözese sind die gebräuchlichen Bezeichnungen deutlich unterschiedlich: Seelsorgeteams (frz. «équipes pastorales»), Pfarr- oder Pastoralleitungsteam (frz. «équipes d’animation paroissiale ou pastorale»), beauftragte Seelsorgeteams (frz. «équipes pastorales mandatées») usw. Um meinen Worten Klarheit zu verleihen, verstehe ich hier unter Seelsorgeteam (frz. «équipe pastorale») eine Instanz pastoraler Leitung. Wir werden jedoch sehen, was man unter dem Begriff «Leitung» verstehen muss, wenn es um die Kirche geht, genauer gesagt um die Pfarrei als Institution.

3. Ausserdem haben diese Teams ein unterschiedliches institutionelles Wirkungsfeld, je nachdem, ob sie für eine oder mehrere Pfarreien eingesetzt worden sind, im Besonderen für umstrukturierte oder zusammengeschlossene Pfarreien, die verschiedentlich Pastoralraum (frz. «secteur pastoral »), Pfarrgemeinschaft (frz. «ensemble paroissial»), Seelsorgeeinheit (frz. «unité pastorale») genannt werden, oder sogar «neue Pfarrei» (frz. «nouvelle paroisse»), seitdem die betreffenden Pfarreien förmlich einen Fusionsprozesses durchlaufen haben. In meinem Beitrag werde ich allgemein von Seelsorgeteams (frz. «équipe pastorale») für mehrere Pfarreien sprechen, also von einer Wirklichkeit, die «mehr als einen Kirchturm» umfasst, präziser ausgedrückt von einer Seelsorgeeinheit oder einer «neuen Pfarrei». Ich lege auf diese Präzisierung Wert, weil ihr Bestehen je nachdem einhergeht mit dem Vorhandensein von Kontaktgruppen (frz. «équipe-relais»), lokalen Leitungsgruppen oder -teams, oder sogar Pastoralrat oder Pfarrgemeinderat usw.1

4. An diese dritte Bemerkung schliesst sich eine vierte an: Der Anstieg dieser Teams – sowohl ihrer Unterschiedlichkeit als auch ihrer Anzahl nach – fügt sich ein in den Kontext der Förderung der Teamarbeit im kirchlichen Leben, was der verbreiteten Art und Weise entspricht, im Wirtschafts-, Vereins- und Kulturbereich zu arbeiten, zu leiten und Unternehmen zu führen.2 Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde diese Tendenz durch die Würdigung der Laien im kirchlichen Leben verstärkt, unter anderem in Verbindung mit der Abnahme der Anzahl Priester.

5. Meine fünfte Bemerkung fällt in den Bereich der Organisationssoziologie. Die Erfahrung lehrt uns, dass die «Teamarbeit» sich nicht auf eine «Gruppenarbeit» reduzieren lässt, geschweige denn auf eine «Arbeitsteilung» (frz. «travail à plusieurs»). Es ist deshalb nötig, klar zu umreissen, wovon die Rede ist. Es fällt nicht immer leicht, dabei die Orientierung zu bewahren, denn bei gleicher Bezeichnung kann die Arbeit eine echte Teamarbeit, eine einfache Koordination von Aufgaben oder eine Zusammenführung individueller Anstrengungen sein – welch frommer Wunsch, wenn nicht sogar eine Illusion! Kein Seelsorgeteam gleicht dem anderen! Die Laien, die genau wie Pfarrer und andere Priester in Pfarreien vollzeitlich in die Sache der Kirche einbezogen sind, kommen nicht umhin, sich von denjenigen Laien zu unterscheiden, deren freiwilliges Engagement nur einige Stunden pro Woche beträgt. Um zu wissen, worüber man vor Ort spricht, muss auf jeden Fall auf die Zusammensetzung des Teams, den Grad der Einbindung seiner Mitglieder, die Zielsetzung seiner institutionellen Sendung, die Häufigkeit seiner Treffen usw. geachtet werden.

6. Ich beabsichtige also in einem ersten Schritt zu untersuchen, auf welche Weise «Priester, Diakone und Laien» üblicherweise in ein Seelsorgeteam eingebunden sind. Ich beschränke mich dabei im Wesentlichen auf ihren jeweiligen Status. In einem zweiten Schritt komme ich auf die Bedingungen einer fruchtbaren Zusammenarbeit innerhalb des Seelsorgeteams zu sprechen. Nicht alles wird gesagt werden können. Mein Beitrag wird zwangsläufig von meinem kirchenrechtlichen Zugang zu diesen Wirklichkeiten gefärbt sein, aber er wird nicht versäumen, andere Beiträge zu integrieren, die vielmehr der Praktischen Theologie zugehören.

1. Der Pfarrer und die anderen Mitglieder eines pastoralen Leitungsteams

7. Bevor wir auf den kanonischen Status der Mitglieder eines Seelsorgeteams zu sprechen kommen, wollen wir einige Hauptelemente der Theologie der Kirche und ihrer Dienstämter (frz. «ministères») in Erinnerung rufen. Jean Rigal pflegt mit trinitarischer Perspektive zu sagen: «Alle (sind) gleich im Volk, das durch den Vater zusammengerufen ist, alle (sind) unterschiedlich am einzigen Leib Christi, alle (sind) beseelt und geeint durch die Gaben des Heiligen Geistes.»3 Die Kirche ist von Grund auf eine Gemeinschaft, jedoch eine organische, vielfältige und plurale Gemeinschaft! Durch ihre Teilhabe am göttlichen Leben kraft der Taufe und entsprechend der Vielfalt der Geistesgaben werden die Christen «mitverantwortlich» für das kirchliche Leben und die missionarische Sendung gemäss des Evangeliums. 4 Die «Mitverantwortung aller» legitimiert die kirchliche Synodalität, die eine Eigenschaft der sich beratenden Kirche mit Blick auf die Verwirklichung der gemeinsamen Aufgabe ist, der Verkündigung des Evangeliums am jeweiligen Ort .5

1.1. Die ordinierten Dienste im symbolischen Verhältnis ecclesia – ministerium

8. Innerhalb des kirchlichen Leibes Christi, der durch den Heiligen Geist auferbaut wird, übernehmen einige unter den Gläubigen («Inter christifideles », vgl. c. 207 § 1) unter Leitung eines einzigen, der Christus, das Haupt seines Leibes, darstellt, eine besondere Funktion im Dienst an allen.6 Dies ist die symbolische Dimension des kirchlichen Amtes (frz. «ministère ecclésial»): Diese Beziehung zwischen «einem [Hirten]/einigen [anderen Diensten]» und «allen [anderen Gläubigen]» lässt die Gemeinschaft «zusammenhalten» (griech. symballein).

9. Der Hirte und die anderen Dienste bezeichnen und verwirklichen, dass es die Kirche Gottes nur durch Christus und im Heiligen Geist gibt, von dem die Heilsgnade, das Bundesangebot, kommt. Keine Kirche ohne Gnade. Die anderen Gläubigen bezeichnen und setzen um, dass es die Kirche Gottes nicht ohne freie Zustimmung zum Glauben, die Feier des Heiles und den Dienst unserer zur Vollendung berufenen Menschheit gibt. Keine Kirche ohne Glaube. In dieser Hinsicht stellen sich die Ämter dar wie Dienste der Kirche; und die Kirche ist dazu berufen, diese Dienste zu leben, dienstbar zu sein und diese Dienste auszuüben.7 Sie «ordnen die Kirche auf ihre Sendung hin».8

10. Wie der Bischof sind die Priester kraft ihrer Weihe zur kirchlichen und eucharistischen Leitung jener Gemeinschaften bevollmächtigt, die ihnen anvertraut sind. Die Weihe ist in der Tat eine Befähigung zum Ausführen einer Sendung, eines Amtes; sie verleiht daher die unabdingbare Gnade, um diese auszuführen. Wie für die Bischöfe betrifft die genannte Befähigung das Leitungsamt der Kirche und den Vorsitz der Eucharistie. Sie garantieren als solche die Apostolizität des Glaubens der Kirche in den Gemeinschaften, die ihnen anvertraut sind, und mit anderen kirchlichen Gemeinschaften.9

11. So müssen die Priester durch ihren Dienst – aufgrund der Weihegnade – wie die Bischöfe in Anbetracht der Einheit von Weihe und Sendung die einzige und alleinige priesterliche Mittlerschaft Christi, dem Haupt des kirchlichen Leibes, der durch den Heiligen Geist auferbaut ist, bezeichnen und verwirklichen. Wie der Bischof üben sie ein priesterliches Leitungsamt in der Kirche und bei der Eucharistie aus, in letzterem Fall in persona Christi Capitis (vgl. c. 1009 § 3).10 Wie er stellen sie sakramental Christus dar, den guten Hirten schlechthin, der seine Kirche zum Reich Gottes führt, damit es als Gesamt ein priesterliches, prophetisches und königliches Volk wird. Sie haben ein apostolisches Amt, und zwar weil sie eingesetzt sind, um Garanten der Apostolizität des Glaubens in der Zwischenzeit der zweimaligen Ankunft Christi zu sein, wie es Yves Congar ausgedrückt hat.11

12. Die Diakone sind kraft ihrer Weihe gesandt, um der Versammlung der Kirche in ihrem dynamischen Werden zu dienen. Die Diakonenweihe ist eine Bevollmächtigung zum Dienen. Wie den anderen ordinierten Diensten – Bischöfen und Priestern – ist den Diakonen in ihrem ganzen Sein und für ihr ganzes Leben dieser Dienst anvertraut. An ihrem ganz eigenen Platz garantieren sie die Apostolizität des gelebten Glaubens im Auftrag oder der kirchlichen Aufgabe, die ihnen der Diözesanbischof in der ordentlichen Pastoral oder auf den Vorposten der Mission, je nach Erfordernissen auf diesem Gebiet, anvertraut. Durch ihr Diakonenamt stellen die Diakone sakramental die Diakonie Christi dar, zu der die gesamte Kirche aufgerufen ist. Sie leiten die Getauften an, ein dienendes Volk zu werden, und sie geben dieser Welt die Freude am Dienen zurück.

13. Der Diakonat ist um das Hirtenamt herum angeordnet, indem es in dessen Dienst steht wie auch im Dienst der Gemeinschaften, die dazu aufgerufen sind, in die Diakonie Christi einzutreten und sich dem Handeln seines Geistes zu öffnen. Die christliche Gestalt des Dieners passt sich an jene des Hirten an und trägt auf diese Art und Weise dazu bei, in der Einheit des ordinierten Amtes die untrennbare Identität Christi als Hirte und Diener zum Ausdruck zu bringen.

1.2. In der Taufe gründende Mitverantwortung aller und Zusammenarbeit der Dienste einiger

14. Bis hierher bin ich mit diesen wenigen Grundbegriffen im allgemeinen Bereich der Ämtertheologie geblieben. Wie steht es um die «Laien»? Wir sprechen dabei nicht von allen (anderen) Laien, nämlich von jenen Getauften, die es der Kirche erlauben, vor Ort Gestalt anzunehmen, und die bei der Verkündigung des Evangeliums mitwirken, die an der Feier der Liturgie und der Sakramente teilnehmen und im Dienst an der Menschheit und der Vollendung der Geschichte zur Heiligung der Welt beitragen.

15. Unter den gläubigen Laien fühlen sich einige – nicht alle – berufen, einen Dienst auszuüben oder ein Amt zu bekleiden. Ich möchte von diesen «wenigen» Laien sprechen, die sich von allen anderen Gläubigen wegen ihres Engagements in einem Seelsorgeteam abheben. Mit den Worten von Bernard Sesboüé: «Das Weiheamt füllt nicht das ganze kirchliche Dienstamt aus».12

16. Theologisch gesprochen sind die Laien kraft ihrer Taufe und entsprechend ihren jeweiligen Charismen im Stande, von der Kirche berufen zu werden – was auch immer die Modalitäten dieses Rufs und der Unterscheidungen sind, die er voraussetzt –, Dienste oder zur Auferbauung der Kirche unverzichtbare Ämter zu übernehmen und so bei ihrer Sendung vor Ort beizutragen. Sie haben «enger» Anteil am Hirtenauftrag (vgl. AA 24 f.). 16bis. Man muss theologisch den Beitrag eines «Seelsorgeteams» wohl überlegt abwägen. Die christologische Dimension des Vorsteheramtes des Pfarrers wird dadurch ergänzt und um die pneumatologische Dimension der Ausübung seines Amtes aufgewertet. Diese pneumatologische Dimension besteht in der Anerkennung und der Förderung der Charismen der Gläubigen, die in diesem Fall dazu berufen sind, die Gemeinde zu leiten (vgl. LG 12b; AA 3d; c. 275 § 2). Mehr noch, von nun an übt der Pfarrer gemeinsam mit den Mitarbeitern die Unterscheidung der Geister vor Ort. Ich zitiere erneut Jean Rigal, der eine beeindruckende Formulierung gefunden hat, um die Bedeutung eines pastoralen Leitungsteams hervorzuheben. Ich erweitere jedoch seinen im Wesentlichen christologischen Zugang mit einer ebenfalls pneumatologischen Betrachtung des Amtes. Er schreibt: «Das ordinierte Amt besagt, dass alles von Christus her kommt.» Der ordinierte Amtsträger bezeichnet in der Tat, dass die Kirche sich von Gott her empfängt, durch Christus und im Heiligen Geist. Und unser Mitbruder fügt hinzu: «Dass niemand allein Christus darstellt, erinnert uns an die Notwendigkeit der pastoralen Zusammenarbeit »; den zweiten Teil der Formulierung ergänze ich folgendermassen: «Niemand besitzt den Heiligen Geist, noch all seine Gaben».13

17. Dank dieser theologischen Präzisierungen können wir nun in kirchenrechtlichen Termini den Platz – den Status – der einen wie der anderen im pfarreilichen Bereich benennen und verorten. Die Kleriker, die kraft der Ordination dazu befähigt sind, ein Amt auszuüben, erhalten jene Dienste (lat. munus, Pl. munera) oder Kirchenämter (lat. officium, im Plural officia, vgl. c. 145), die unverzichtbar oder doch zumindest dienlich sind für die Seelsorge (lat. cura animarum oder cura pastoralis) der (neuen) Pfarrei (oder Seelsorgeeinheit), der sie zugeordnet sind. Genau wie Klerikern wird den anderen Gläubigen ein Dienst anvertraut, sogar ein Amt zur Erfüllung der Sendung der Kirche (c. 228, vgl. c. 145), im Besonderen innerhalb von Seelsorgeteams und im Dienst in der Pfarrei. Welches sind also diese Dienste und Ämter von Klerikern und Laien in Seelsorgeteams?

1.3. Das Pfarramt

18. Allen voran gibt es den Dienst des Pfarrers. Genau gesagt handelt es sich um ein Amt, d. h. ein Kirchenamt im Sinne von Kanon 145, das voraussetzt, dass dieser Dienst auf Dauer eingerichtet wurde. 14 Dauerhaftigkeit bedeutet, dass das Amt durch das Recht (oder die zuständige Autorität) begründet (oder eingerichtet) worden ist. In diesem Fall geht die Dauerhaftigkeit des Amtes de iure implizit mit der Errichtung der Pfarrei einher; es gibt in der Tat keine Pfarrei ohne das Amt des Pfarrers (vgl. cc. 515 § 1 und 519). Diese kirchenrechtliche «Wahrheit» übersetzt die theologische Wahrheit ins Recht, wonach keine kirchliche Gemeinschaft ohne Hirte sein kann. Ich verweise hier auf die inhärente symbolische Verbindung zwischen ecclesia und ministerium.

19. Aber Dauerhaftigkeit bedeutet auch, dass das Amt eine Gesamtheit an Pflichten und Rechten wie auch Vollmachten, Befugnissen und anderen rechtlich bestimmten Zuständigkeiten umfasst, im vorliegenden Fall bestimmt durch den Kodex des Kanonischen Rechts (vgl. cc. 519 f.). Der Begriff der Dauerhaftigkeit ist hier gleichbedeutend mit der Objektivität der Rechte und Amtspflichten (vgl. c. 145). Ausser der Dauerhaftigkeit ist es im Prinzip die bischöfliche Ernennung, die das Amt im Vergleich zu einem einfachen Dienst kennzeichnet: Der Pfarrer wird nämlich vom Diözesanbischof ernannt (vgl. c. 157).

20. Ich dehne die Erläuterungen über das Pfarramt nicht über Gebühr aus. Es ist durch das Recht geregelt, und zwar durch den Kodex und gegebenenfalls durch das Partikularrecht der Diözeseoder der Kirchenprovinz, die für die Pfarrei zuständig ist, welcher der Priester als «Pfarrer» zugeordnet ist. Halten wir fest, dass die Ernennung für ein Amt kraft dessen Dauerhaftigkeit deckungsgleich ist mit der Zuweisung eines «Postens».

21. Ich halte vor allem fest, dass der Pfarrer der «eigentliche Hirte» der (neuen) Pfarrei (oder Seelsorgeeinheit) ist (vgl. c. 519). Dieser typisch kirchenrechtliche Ausdruck bedeutet, dass er laut Kirchenrecht genau wie der Diözesanbischof rechtsgültige Autonomie in der Wahrnehmung des pastoralen Auftrags geniesst. Er hat seinerseits Anteil an den Aufgaben und der Fürsorge des Diözesanbischofs (LG 28b ; SC 42b), in diesem Fall, indem er sich in den Dienst einer Pfarrei (oder Seelsorgeeinheit) stellt, die er unter Aufsicht des Diözesanbischofs und, durch diesen, in Gemeinschaft mit der Diözese und der gesamten Kirche leitet (vgl. cc. 515 § 1 und 519). Das Recht lehrt uns, dass er die umfassende Seelsorge für die Pfarrei innehat, plena cura animarum (cc. 519 et 521 § 1, vgl. c. 150). In dieser Eigenschaft trägt er die Verantwortung für die (neue) Pfarrei (oder Seelsorgeeinheit). Gegenüber dem Diözesanbischof ist er rechenschaftspflichtig.

22. Der Pfarrer ist für das Ganze verantwortlich (aber nicht für alles): Er macht nicht alles, aber er wacht darüber, dass alles getan wird.15 Er leitet jedoch nicht allein und erst recht nicht losgelöst. Hier treten dann schliesslich die anderen Kleriker und Laien im Seelsorgeteam in den Blick.16 Kanon 519 sieht nämlich in fine vor, dass «auch andere Priester oder Diakone mitwirken sowie Laien nach Massgabe des Rechts mithelfen».

1.4. Der Status der anderen Kleriker, Priester und Diakone

23. Was die Kleriker betrifft, denke ich vor allem an Priester, die geeignet sind, einer Pfarrei (oder Seelsorgeeinheit) als Vikar zugeordnet zu werden. Es handelt sich um «Pfarrvikare» (vgl. c. 545 § 1). Der Kodex erinnert daran, dass sie in ihrer Aufgabe als Mitarbeiter des Pfarrers an dessen Sorge mit gleichem Bestreben und gleichem Eifer teilhaben (ebd., lat. communi [cum parocho] consilio et studio). Die frühere Lehre des Kodex diskutierte darüber, um herauszufinden, ob es sich in ihrem Fall um ein Amt handele, weil eine Pfarrei an sich nicht notwendigerweise eine oder mehrere Vikarstellen umfasst. Meinerseits halte ich daran fest, dass es sich wohl um ein Amt handelt, selbst wenn dieser Dienst aus dem «klugen Ermessen» des Diözesanbischofs aufgetragen wurde.17 In Anbetracht der Funktion als Beigeordneter des Pfarrers versteht es sich meiner Meinung nach von selbst, dass der Vikar rechtmässiges Mitglied des Seelsorgeteams ist. Das ist bei anderen Priestern wie «Subsidiaren» oder «Kooperatoren», die in beschränkterer Weise punktuelle Dienste in den (neuen) Pfarreien (oder Seelsorgeeinheiten) übernehmen, nicht notwendigerweise der Fall.

24. Wie steht es um die Diakone? Ein Diakon muss nicht zwangsläufig, weil er seinen Wohnort in der Pfarrei hat oder dort ein Dienstamt im Bereich seiner diakonalen Vollzüge – der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebestätigkeit (vgl. LG 29a) – ausübt, schon als Mitglied des Seelsorgeteams angesehen werden. Er wird nur dessen Mitglied sein, wenn Dienst oder Amt, die ihm vom Bischof verliehen wurden, nicht nur eine pfarreiliche Arbeit umschliessen, sondern die Teilnahme an der Ausübung der Seelsorge der (neuen) Pfarrei (oder Seelsorgeeinheit) beinhaltet. Die Mitgliedschaft in einem Seelsorgeteam erfordert ausserdem Eigenschaften, die nicht alle Diakone notwendigerweise haben, die jedoch wiederum von den Laienmitgliedern dieser Teams gefordert werden.

1.5. Die Laienmitglieder des Seelsorgeteams

25. Die Laienmitglieder der Seelsorgeteams haben Anteil an der cura animarum durch die Zusammenarbeit der Dienste einiger.18 Der Kodex anerkennt die Stellung der Laien im Dienst der Gemeinden (vgl. c. 275 § 2), insbesondere hinsichtlich der Zusammenarbeit der Dienste einiger,19 unter anderem bei der Führung der Pfarrei durch ihre Teilhabe an der pastoralen Leitung. Der Pfarrer schliesst sich in diesem Fall mit den gläubigen Laien zusammen, welche die zur Führung der Pfarrei erforderlichen Eigenschaften haben. Jetzt sind wir zum Kern des Themas vorgestossen: die erforderliche Eignung (vgl. c. 149 § 1 und c. 228 § 1). Wohlverstanden: Nicht die Zugehörigkeit zum Stand der Laien – nicht einmal die Zugehörigkeit zum Stand des Klerus – als solche macht aus einem Getauften einen Amtsträger (frz. «ministre») der Kirche, einen Dienstinhaber (lat. munus), den Inhaber eines Kirchenamtes (lat. officium). Dazu braucht es erst noch die erforderlichen Eigenschaften. Theologisch gesprochen würde man sagen, dass es noch der notwendigen Charismen bedarf.

26. In der Rechtssprache heisst es, dass man geeignet sein muss. Der Begriff der Eignung bezieht sich auf den betreffenden Dienst. Es ist folglich wichtig, sich von der Eignung des Betroffenen mit Blick auf die zu erledigende Sachaufgabe zu vergewissern (c. 149 § 1), und dies nicht nur im Allgemeinen, in abstracto, sondern es ist in diesem Fall angemessen, dies in concreto entsprechend der Gesamtumstände zu tun, welche die Amtsausübung bestimmen. Es mag beispielsweise jemanden geben, der die menschlichen und geistlichen Eigenschaften besitzt, die erforderlich sind, um in Solidarität mit den Ärmsten und in deren Unterstützung tätig zu sein, aber wird er gleichermassen ins Seelsorgeteam passen? Oder esmag jemanden geben, der sehr kompetent ist und eine Fülle an guten Eigenschaften mitbringt, der aber wegen eines bedauerlichen Vorurteils ihm gegenüber, das stark in der Gemeinschaft verwurzelt ist, als Mitglied im Seelsorgeteam nicht genehm ist.

27. Über die erforderliche Eignung hinaus müssen die gläubigen Laien wie die anderen Mitglieder, Priester oder Diakone, darum gebeten worden sein, diesen Dienst zu verrichten. Anders ausgedrückt, müssen sie zu diesem Zweck berufen worden sein. Durch wen? Im Grunde genommen durch den Diözesanbischof. Da es in der Tat darum geht, eng bei der pastoralen Leitung einer (neuen) Pfarrei (oder Seelsorgeeinheit) mitzuwirken, bin ich der Auffassung, dass diese Aufgabe nicht nur auf einer bischöflichen Ernennung beruht (vgl. c. 157), sondern dass sie gut und gerne in einem Kirchenamt besteht, genauer officium genannt (vgl. c. 145).20 In der Realität bestimmter Diözesen ist jedoch festzustellen, dass die Bestellung von Mitgliedern des Seelsorgeteams in den Bereich des betreffenden Pfarrers fällt: Es würde sich in diesem Fall um einen einfachen Dienst handeln (lat. munus). Meinerseits halte ich mich an eine Sichtweise des Seelsorgeteams, die einige als maximalistisch bezeichnen werden. Ich vertrete die Meinung, dass es auf dieser Ebene kirchlichen Engagements und pastoraler Verantwortung dem Diözesanbischof obliegt, die Mitglieder der Seelsorgeteams zu ernennen.

28. Kirchenrechtlich gesprochen wird die Zuweisung dieser Funktion als Mitglied eines Seelsorgeteams durch einen Verwaltungsakt vollzogen (c. 35) – ein Dekret für Einzelfälle (c. 48) –, ausgehend von der dafür zuständigen kirchlichen Autorität, in diesem Fall dem Diözesanbischof (c. 157), der für diese Aufgabe Verantwortung trägt (vgl. c. 145). Es wird grundsätzlich in einem Diözesanstatut für Seelsorgeteams beschrieben. Mit anderen Worten: Es ist im Partikularrecht vorgesehen; dieses präzisiert unter anderem die institutionelle Sendung dieser Teams, ihre Zusammensetzung, die Zulassungsbedingungen zu diesem Amt, die erforderlichen Eigenschaften, die Ernennung ihrer Mitglieder, die Bedingungen der Ausübung und die Amtsniederlegung. Wir befinden uns hier im legislativen Bereich eines Partikularechts, das der Ernennung auf eine Stelle vorausgeht.

29. Doch sehr oft – und dies ist besonders in vielen französischen Diözesen der Fall – gibt es keine vorausgehende Partikulargesetzgebung: Die Ernennung von Mitgliedern in diesem Amt geschieht auf rein administrativer Ebene. In diesem Fall ist es das Dekret, das zugleich dieses Amt begründet und es zuteilt, wie es Kanon 145 § 2 in Betracht zieht. In Frankreich geht es neben der Ernennung als Verwaltungsakt um ein Beauftragungsschreiben, eine kirchliche Beauftragung (frz. «lettre de mission»); dies bezeichnet man in anderen Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden als missio canonica, die konkret für den/die Betreffende/n, der/ die zu diesem Amt ernannt ist, die Bedingungen der Amtsausübung präzisiert. Wie wir später sehen werden, ist das Beauftragungsschreiben ein wesentlicher Faktor nicht nur der Legitimierung, sondern auch der fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Pfarrer und den anderen Mitgliedern des Seelsorgeteams.

30. Um es zusammenzufassen: Die Mitglieder – Kleriker oder Laien – eines Seelsorgeteams sind Inhaber eines Kirchenamtes (eines Amtes, lat. officium, im Sinne von c. 145) oder eines kirchlichen Dienstes (lat. munus).21 Zu diesem Zweck mussten sie gegenüber der zuständigen Autorität ihre Eignung nachweisen, und sie wurden zu dieser Aufgabe gemäss den Gepflogenheiten und dem Partikularrecht der Diözese berufen. Grundsätzlich geschieht dies durch den Diözesanbischof – was darauf rückschliessen lässt, dass es sich sehr oft um ein Amt handelt – oder anderenfalls durch den betreffenden Pfarrer. Kurzum gilt für die Kleriker wie für die Laien, dass man sich nicht selbst zum Amtsträger (frz. «ministre») der Kirche macht; man wird von ihr zum Amtsträger gemacht und in ihren Dienst bestellt. Man dient ihr; man bedient sich aber nicht selbst. Es gibt keine Selbstausrufung zum Dienst in der Kirche. Ich persönlich bin sehr aufmerksam, was die Unterscheidung innerhalb des Seelsorgeteams zwischen Pfarrer und anderen Teammitgliedern betrifft, allein schon wegen der Vielfalt der kirchenrechtlichen Bedingungen die einen wie die anderen betreffend, und wegen der jeweiligen Kompetenzbereiche.

Übersetzung Thomas Fries. Der Autor hielt das hier abgedruckte Referat am 6. März 2013 an der 6. CIFTTagung an der Universität Freiburg i. Ü.


Christentum – gerade jetzt!

Klaus Koziol: Gerade jetzt! Nie war das Christentum wichtiger als heute. (Patmos Verlag) Ostfildern 2013, 96 S.

Der Autor schreibt gegen den auch in der Kirche vorhandenen Zeitgeist, der das Christentum als bedeutungs- und kraftlos einschätzt. Er ist überzeugt, dass die moderne Gesellschaft, die sich selbst überholt, auf das Christentum angewiesen ist, da damit eine Wertegrundlage garantiert ist, die den Menschen Mut und Sicherheit gibt. Er ermutigt uns zu einem «anderen», positiven Blick auf Kirche und Welt, zu positivem Geniessen und zu Gelassenheit. (ufw)

1 Ich behandle hier nicht eigens das Vorkommen von Teams, die zur Ortsgemeinde gehören und die auf Französisch häufig «équipes-relais» genannt werden. Im deutschsprachigen Teil der Diözese Lüttich wird dieser Ausdruck mit «Kontaktgruppe» übersetzt; aber es gibt auch weitere, sehr unterschiedliche Bezeichnungen je nach französischsprachiger Diözese, wie «relais paroissiaux», «répondants locaux», «relais de communauté locale» usw., die man auf folgende Weise ins Deutsche übertragen könnte: «lokale Gruppen», «Bezugsgruppen» oder auch «Bezugspersonen». Ihnen ist gemein, dass sie die Nähe der Pfarrei zu den Menschen vor Ort gewährleisten. Diese Bezugspersonen und -gruppen verkörpern die Sorge der Pfarrgemeinde, in ihrer eigenen Umgebung präsent zu sein. Ihre Aufgabe kann sich von Fall zu Fall unterscheiden. Im Mindesten besteht sie darin, als pfarreiliche Aussenstelle zu dienen, um die Information und die Nachfrage nach Diensten mit der Sorge zu verbinden, die Pfarrgemeinde in ihrer menschlichen Umgebung sichtbar zu machen wie auch ihre Fürsorge mit Blick auf die Menschen, ungeachtet dessen, wer sie anspricht. In gewissen Fällen besteht die erwähnte Aufgabe darin, in den lokalen Gemeinschaften der umstrukturierten Pfarrei die Hauptanliegen der Mission, der pastoralen Ziele der P farrei oder die Grundlinien der Evangelisierung voranzubringen. Die lokale Gruppe (frz. «relais paroissial ») wacht zum Beispiel über die Gewähreistung des gemeinsamen Gebetes vor Ort, die Glaubenserweckung und Glaubenserziehung, die Finanzverwaltung und die Anbindung an den Pfarrer und das Seelsorgeteam. Diese Bezugspersonen und -gruppen sind deswegen meist Freiwillige, um nicht alle Aspekte der pastoralen Arbeit in den Händen der festen Mitarbeiter oder des bezahlten Personals zu konzentrieren.

2 Vgl. A. Borras: «Les équipes pastorales de paroisse. Le défi du travail en équipe et l’enjeu d’une nouvelle gouvernance», in: Transversalités 101 (2007), 187–212.

3 J. Rigal: L’Église en chantier. Paris 1994, 213.

4 Vgl. A. Borras: La coresponsabilité: enjeux théologiques et institutionnels, in O. Bobineau / J. Guyon: La coresponsabilité dans l’Église, utopie ou réalisme? Paris 2010, 69– 89.

5 Wenn die in der Taufe gründende Mitverantwortung eine Qualität der Getauften als Individuen bezeichnet, bezeichnet der Begriff der Synodalität einen Zug der Kirche als Gemeinschaft. Die Synodalität ist selbst eine Grundqualität der kirchlichen Gemeinschaft, deren Ausdruck sie ist; sie umfasst die Mitwirkung aller Gläubigen, einschliesslich der Hirten.

6 Zu diesem dialektischen Verhältnis zwischen «allen» bzw. «einigen», bezogen auf «einen Einzigen» (der sich durch den Vorsteherdienst auszeichnet) lassen sich neutestamentliche Hinweise ausmachen, die interpretiert werden bei: H. Legrand: Le rôle des communautés locales dans l’appel, l’envoi, la réception et le soutien des laïcs recevant une charge ecclésiale, in: La Maison de Dieu n° 215 / 1998, 13–22. 7 Y. Congar: Mon cheminement dans la théologie des ministères, in: Ministères et communion ecclésiale. Paris 1971, 19.

8 Ich zitiere gern folgende Formulierung von Mgr Joseph Doré und Prof. M. Vidal: «Damit die Kirche lebt und ihre Mission am Dienst des Evangeliums in dieser Welt erfüllt, ist es nötig, dass in ihr einige es übernehmen, zu dienen, um sie auf ihre Sendung hinzuordnen – anders gesagt: einige übernehmen in ihr Ämter» ( J. Doré / M . Vidal: Introduction générale. De nouvelles manières de faire vivre l’Église, in: J. D oré / M . Vidal [dir.]: Des Ministres pour l’Église. Paris 2001, 14).

9 Die Ordinierten «stellen» die Apostolizität der Kirche nicht «her». Sie «bürgen» für sie. Sie sind deren «Bürgen » (auf Latein die sponsores) in synchroner Weise gemeinsam mit den anderen kirchlichen Gemeinschaften und in diachroner Weise gemeinsam mit den Ursprüngen und zugleich in eschatologischer Perspektive, um zu gewährleisten, dass die Kirche weiterhin an der Treue zum Evangelium, das sie von den Aposteln erhalten hat, festhält, es lebt und es bezeugt.

10 Von nun an beinhaltet der Kanon 1009 einen § 3 , der lautet: «Die die Bischofsweihe oder die Priesterweihe empfangen haben, erhalten die Sendung und die Vollmacht, in der Person Christi, des Hauptes, zu handeln; die Diakone hingegen die Kraft, dem Volk Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebe zu dienen» ( Vgl. Benedikt XVI.: Litterae apostolicae motu proprio datae Omnium in mentem. Quaedam in Codice Iuris Canonici immutantur, 26. Oktober 2009, in: AA S 102 [2010], 8 –10).

11 Die Apostolizität ist daher sowohl Bezugnahme zu den apostolischen Ursprünge des Glaubens und des Amtes als auch Treue zum Geist Christi in Erwartung der eschatologischen Verwirklichung. Vgl. Y. Congar: L’Église. Une sainte, catholique et apostolique. Paris 1970, 187.

12 B. Sesboüé: N’ayez pas peur! Regards sur l’Église et les ministères aujourd’hui. Paris 1996, 124.

13 Vgl. Rigal, L’Église en chantier (wie Anm. 3), 248.

14 R. Torfs: Auctoritas, potestas, iurisdictio, facultas, officium, munus: une analyse de concepts, in: Concilium 217 (1988), 81–93; P. Valdrini: Charges et offices confiés aux laïcs. Le point de vue juridique, in: L’Année canonique 35 (1992), 91–100, wie auch sein Artikel: À p ropos des ministères en droit canonique. L’office ecclésiastique, in: Prêtres diocésains n°1280 / 1990, 77– 87; B. Basdevant-Gaudemet: Office ecclésiastique. Points de repères pour une histoire d’un concept, in: L’Année canonique 39 (1997), 7–20; E. M. Morein: Officium ecclesiasticum et universitas personarum. Bestimmung des Rechtsinstituts Amt. Münster 2006; Ph. Toxé: L’office ecclésiastique dans l’organisation de l’Église, in: L’Année canonique 49 (2007), 55– 82.

15 Ebenso wie der Bischof übt der Pfarrer eine episkopé aus, ein Wächteramt, damit die Gemeinschaft zu dem wird, was sie sein soll: der (kirchliche) Leib Christi an diesem Ort. Wenn die cura animarum einen Beitrag dazu leistet, dass die Gesamtheit der P farrgemeinde wird, was sie sein soll, erfordert sie die Vielfalt der Ämter in der Pfarrei über das Leitungsamt hinaus, denn derjenige, der leitet, macht nicht alles.

16 Einige sprechen von «kollegialer» Leitung. Ich persönlich ziehe es vor, von geteiltem leadership zu sprechen. Es ist angemessen, das Adjektiv «kollegial» zu vermeiden, welches kirchenrechtlich einen sehr präzisen technischen Sinn hat: Die Mitglieder eines Kollegiums bestimmen dessen Handeln, «indem sie nach Massgabe des Rechtes und der Statuten bei der Entscheidungsfällung zusammenwirken, sei es gleichberechtigt oder nicht» (c. 115 § 2). Die Pfarrei stellt keine kollegiale Wirklichkeit dar: In ihr werden die Entscheidungen nicht gemässdes übereinstimmenden Willens der P farreimitglieder getroffen. Traditionellerweise ist die kollegiale Leitung niemals das Prinzip der (katholischen) Pfarreileitung gewesen. Darum ziehe ich es vor, von geteilter Leitung zu sprechen. Im angelsächsischen Raum spricht man von collaborative ministry; ich verweise zum Beispiel auf das Dokument der Bischofskonferenz von England und Wales: The Sign we give. Report from the Working Party on Collaborative Ministry. London 1995.

17 Vgl. A. Borras: Les communautés paroissiales. Droit canonique et perspectives pastorales. Paris 1996, 213–219.

18 Ich stelle nicht den Beitrag aller Pfarreimitglieder, die in der Vielfalt ihrer Berufungen, Charismen und Funktionen die Kirche aufbauen und das Evangelium vor Ort verkünden, in Frage. Denn in der Tat liegt es an den Pfarreimitgliedern, die Kirche vor Ort zum Vorschein zu bringen. Die P farrei ist dort, wo die P farreimitglieder sind, einschliesslich des Pfarrers und der anderen Amtsträger. Hier bewegen wir uns auf der Ebene der in der Taufe begründeten Mitverantwortung aller.

19 Mehrere Kanones, die die Pfarreien betreffen (cc. 515– 552), beinhalten Anspielungen auf den Beitrag der Gläubigen an der Seelsorge und ihre Mitarbeit an einem Amt, sei es, dass es sich um ein eigentliches Kirchenamt handelt (ein off icium im Sinne des c. 145) oder ganz einfach um einen Dienst (lat. munus), der durch die zuständige Autorität jenen Personen anvertraut ist, die über die erforderlichen Eigenschaften verfügen («Eignungen», vgl. c. 149 § 1). Man denke besonders an jene Aufgaben, die von cc. 528 et 529, 536 und 537 in Erwägung gezogen werden, sowie an die Verfügungen in c. 776 betreffs der Katechese oder an jene in c. 910 § 2 f ür die Austeilung der heiligen Kommunion (vgl. c. 230 § 3).

20 Vgl. u. a. P. Valdrini: Charges et offices confiés aux laïcs. Le point de vue juridique, in: L’Année canonique 35 (1992), 91–100; A. Borras: Les ministères de laïcs dans la mission de l’Église, in: Esprit & V ie hors-série n°2, November 2010, 37–53, und: Du droit canonique à l ’articulation des ministères. Quelle place pour les laïcs?, in: Ebd., 69– 83.

21 Die Frage stellt sich, ob die Mitglieder der Seelsorgeteams ein Kirchenamt (lat. off icium) oder einen «einfachen» Dienst ausüben (lat. munus): Diese Frage ist von enormer Bedeutung in Bezug auf den rechtlichen Schutz ihrer Ämter (frz. «ministères»), der Sicherung ihrer Rechte, der kirchlichen Anerkennung usw. Daher ist es von Wichtigkeit, in jeder Diözese, in der diese Teams eine Rolle spielen, der Frage sorgfältig nachzugehen.

Alphonse Borras

Alphonse Borras

Dr. iur. can. Alphonse Borras ist Generalvikar der Diözese Lüttich und Professor für Kirchenrecht an der « Université de Louvain-la-Neuve» sowie Lehrbeauftragter am «Institut Catholique» in Paris