Präses bei Jungwacht Blauring

Grafik (Bild: zvg)

Klärung von Rolle, Aufgaben und Kompetenzen

An die Rolle von Präsides im Kinder- und Jugendverband Jungwacht Blauring werden unterschiedliche Anforderungen gestellt. Präsides sind mit divergierenden, oft genug sich widersprechenden Erwartungen konfrontiert. Wie die Präsesrolle heute fruchtbar gelebt werden kann, soll in diesem Artikel aufgezeigt werden. Bei einer kurzen Umfrage unter den Teilnehmenden der letzten Präsidestagung1 wurde danach gefragt, was sich für sie in der Zusammenarbeit mit der Pfarreileitung und den Kirchenbehörden bewährt hat und wo Schwierigkeiten auftauchen. So scheint es eine stattliche Zahl von Pfarreien zu geben, in denen diese Zusammenarbeit sehr gut funktioniert und die Präsides auf Unterstützung und Wertschätzung für ihre Arbeit zählen dürfen.

Als Schwierigkeiten benennen viele Präsides allerdings, dass sie sich in ihrer Arbeit oft auf einer Gratwanderung befinden zwischen Ansprüchen und Erwartungen von Schar, Pfarreileitung, Kirchenbehörde, Eltern und anderen Anspruchsgruppen. Dazu kommt, dass die Zusammenarbeit zwischen Scharen von Jungwacht Blauring und der Pfarrei nicht immer so reibungslos funktioniert, wie sich das viele wünschen. Es besteht somit auf verschiedenen Ebenen Klärungsbedarf. Solche Rückmeldungen erreichen die Bundesebene nicht nur von den Präsides selber, sondern auch von engagierten Leiterinnen und Leitern in Ausbildungskursen oder über die Kantonsleitungen. Konflikte entstehen dabei oftmals nicht aufgrund böser Absichten, sondern auch deshalb, weil die Beteiligten einen unterschiedlichen Informationsstand haben und von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen. Jungwacht Blauring Schweiz hat deshalb die wichtigsten Eckdaten zum Präsesamt in einem Merkblatt zusammengefasst.2 Mit diesem sollen die wichtigsten Beteiligten – Pfarreileitungen, Kirchenbehörden, Präsides, Scharleitungen, Kantonsleitungen, Kursverantwortliche, J+S-Coaches – auf den selben Informationsstand gebracht werden. Die wichtigsten Aussagen daraus sollen hier erläutert werden.

Die Aufgaben der Präsides

Ein zentraler Punkt ist die Frage, wie die Aufgabe der Präsides konkret aussieht und wie diese wahrgenommen werden soll. Heute kristallisieren sich drei Hauptaufgaben von Präsides heraus, die im folgenden näher beschrieben werden: Spirituelle Animation, Begleitung und Beratung sowie Vernetzung und Lobbyarbeit.

Spirituelle Animation

Eine Kernaufgabe von Präsides ist es, die Auseinandersetzung mit Themen rund um Glauben und Kirche anzuregen. Sie gestalten spirituelle Elemente und unterstützen die Leiterinnen und Leiter darin, selber spirituelle Momente zu gestalten. Was hier so einfach formuliert ist, stellt sich im Präsesalltag allerdings oft als grosse Herausforderung dar. Wie kann es heute gelingen, Glauben und Kirche zum Thema zu machen? Mit welchen Formen ist es möglich, dass Jugendliche sich auf das spirituelle Geschehen überhaupt einlassen? Wie sollen Präsides damit umgehen, wenn sie auf unverhohlenen Widerstand gegen alles «Kirchliche» stossen?

Als Grundhaltung in diesen Fragen hat sich ein mystagogischer Zugang bewährt.3 Wenn es darum geht, einen spirituellen Moment, eine Feier, einen Gottesdienst oder einen stillen Moment zu gestalten, ist ein Vorgehen nach dem Vierschritt Sehen – Urteilen – Handeln – Feiern4 hilfreich. Ausgangspunkt ist dabei das Leben der Kinder und Jugendlichen und ein konkreter Anlass aus dem Schar- oder Lageralltag. Damit das Feiern authentisch wird, ist der Einbezug von Kindern und/oder Jugendlichen bereits bei der Vorbereitung sinnvoll. Als praktische Arbeitshilfen hat Jungwacht Blauring Schweiz, zum Teil auch gemeinsam mit dem Verband Katholischer Pfadi (VKP), diverse Hilfsmittel zur spirituellen Animation herausgegeben.5

Spiritualität, wie sie in Jungwacht Blauring gelebt wird, drückt sich auch in den fünf Grundsätzen «zusammen sein», «mitbestimmen», «Glauben leben», «kreativ sein» und «Natur erleben» aus. Diese sind im Leitbild von Jungwacht Blauring verankert. Wo die Grundsätze gelebt werden, wird auch christliches Leben konkret verwirklicht. Eine Präses sagt das so: «Das Leben der Grundsätze ist schon das Leben christlicher Werte, ist schon aktives Mitgestalten von Kirche.»

Beraten und begleiten

Präsides unterstützen und bestärken die Scharleitung und das Leitungsteam. Damit ist schon einmalgesagt, dass Präsides nicht eine Hauptverantwortung tragen und auch nicht als Über-Scharleitung wirken sollen. Präsides sind der Scharleitung und dem Leitungsteam zur Seite gestellt als Unterstützung. Sie können so viel leichter einen unabhängigen Blick auf das Schargeschehen werfen und entsprechende Feedbacks einbringen.

Dahinter steckt aber auch eine pädagogische Absicht, nämlich diejenige, dass die Leitenden selber lernen sollen, Verantwortung zu tragen und zu zuverlässigen Leitungspersonen heranzuwachsen. Die Selbstverantwortung der Leitenden soll gestärkt werden. Das schliesst natürlich nicht aus, dass Präsides beispielsweise im Lager oder an einem Scharanlass einzelne Programmblöcke anleiten.

Vernetzung und Lobbyarbeit

Präsides sind wichtige Brückenbauer, zunächst zwischen der Schar und der Pfarrei und der Kirchenbehörde (Kirchenpflege, Kirchgemeinderat usw.). Ebenso hat es sich als sehr hilfreich erwiesen, wenn Präsides, eventuell auch zusammen mit der Scharleitung, ein- bis zweimal jährlich mit der Kirchenbehörde in Kontakt treten, um ihre Arbeit vorzustellen, aber auch um gegenseitige Erwartungen und allfällige Schwierigkeiten direkt ansprechen zu können.

Innerhalb des Verbandes ist der Kontakt zu den Kantonspräsides (resp. wo vorhanden Regionalpräsides) wichtig. Auch Kontakte zum J+S-Coach und zur Scharbetreuung der Kantonsleitung können hilfreich sein. Nach aussen nehmen viele Präsides die Vernetzung mit anderen Trägern der Kinder- und Jugendarbeit vor Ort, mit der politischen Gemeinde und weiteren Institutionen wahr. Daraus ergibt sich oft eine fruchtbare Zusammenarbeit in gemeinsamen Projekten oder bei der Interessenvertretung auf politischer Ebene.

Präses-Wahl

Damit Präsides ihre Brückenfunktion ausüben können, müssen sie von allen Beteiligten anerkannt sein. Immer wieder kommt es vor, dass Kirchgemeinden eine Person als Präses anstellen, ohne zuvor mit der Jubla-Schar gesprochen und Erwartungen und Anforderungen geklärt zu haben. Was viele nicht wissen: Jungwacht Blauring ist ein Verein nach Obligationenrecht.

Das Recht der Scharen, ihren respektive ihre Präses zu wählen, ist in den Statuten verankert. Hilfreich und der Zusammenarbeit dienlich ist es, wenn bereits vor der Präses-Anstellung eine Vertretung der Schar ins Bewerbungsverfahren einbezogen wird. Präsides werden jeweils für zwei Jahre gewählt, eine Wiederwahl ist möglich. Es empfiehlt sich deshalb auch, regelmässig die konkreten Aufgaben und die Zusammenarbeit in einem Gespräch zwischen Scharleitung, Präses und Pfarreileitung zu evaluieren und gegebenenfalls neu festzulegen. Gegenseitige Erwartungen auf den Tisch zu bringen und diese so verhandelbar zu machen, schafft Vertrauen und Transparenz.

Unterschiedliche Ausbildungen – Qualifizierung durch Kurse

Für die genannten Aufgaben sollen Präsides die nötigen Kompetenzen mitbringen oder sich erwerben. Jungwacht Blauring Schweiz bietet deshalb jährlich einen Präsideskurs an, der sich vor allem an Neupräsides richtet und primär Grundwissen zum Verband und Hilfestellungen zur Rollengestaltung vermittelt. Weiter findet jährlich eine Präsidestagung zu einem aktuellen Thema mit Bezug zur Präsesarbeit statt. In verschiedenen Kantonen organisieren die Kantonspräsides zudem Austausch- und Impulsveranstaltungen für die Präsides ihrer Kantone.

Ergänzend dazu engagiert sich Jungwacht Blauring im Bildungsgang «kirchliche Jugendarbeit nach ForModula».6 Präsides können dort in einzelnen Modulen gezielt Kompetenzen für ihre Tätigkeit erwerben, so etwa in den Modulen «Spirituelle Prozesse gestalten», «Beratung und Begleitung», «Berufsfeldgestaltung», «Persönlichkeitsbildung» und «Umgang mit Konflikten».

Viele weiterführende Unterlagen sind unter www.jubla.ch verfügbar.7 Als erste Ansprechpersonen für Fragen rund um das Präsesamt stehen die Kantonspräsides gerne zur Verfügung.


«lautsprechohr» – Jahresthema 2014 von Jungwacht Blauring

«Mitbestimmen» ist einer der fünf Grundsätze von Jungwacht Blauring und hat in der Kultur des Verbandes einen hohen Stellenwert. Das diesjährige Jahresthema «lautsprechohr» stellt diesen Grundsatz ins Zentrum. Ziel davon ist, die Mitbestimmung auf allen Ebenen des Verbandes mit seinen über 28 000 Mitgliedern zu fördern, aber auch als aktive Kinder- und Jugendorganisation in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen zu werden. Konkrete Projekte dazu sind unter anderem: Ein Lautsprechohr- Bastelbogen, eine Publikation mit vielen praktischen Ideen und Anleitungen, ein App für das Smartphone, ein Jubla-Radio (zu hören unter http://www.jubla.ch/aktivitaeten/jahresthema/aktuelles_jahresthema/jubla_radio/ ), eine Jubla-Jobbörse, ein nationaler Jubla-Tag und eine Umfrage-Website, auf der die Mitglieder ihre Meinung einbringen können.

Weitere Informationen dazu unter http://www.jubla.ch/aktivitaeten/jahresthema/aktuelles_jahresthema/

 

 1 Diese fand am 24./25. Januar 2014 in Luzern statt zum Thema «lautsprechohr. Als Präses die Mitbestimmung fördern». 22 Präsides nahmen teil.

2 Merkblatt «Aufgaben und Funktionen von Präsides», download unter http://www.jubla.ch/uploads/media/Merkblatt_Aufgaben_Praesides_01.pdf bzw. unter http://www.kath.ch/skz/upload/20140408145117.pdf, aktuelle SKZ-Ausgabe.

3 Vgl. unterwegs. Grundlagen für Präsides. Luzern 2010, S. 79– 80, zum mystagogischen Ansatz und einer Weiterentwicklung siehe auch: Priska Filliger Koller (Hrsg.): geistvoll. Werkbuch Spiritualität in der kirchlichen Jugendarbeit. St.Gallen 2012.

4 Das Vorgehen «Sehen – Urteilen – Handeln» wurde vom belgischen Arbeiterpriester Joseph Cardijn entwickelt und fand Eingang in die katholische Soziallehre. Jungwacht Blauring hat das Vorgehen um den Schritt «Feiern» erweitert. Weitere Hintergründe dazu finden sich in: unterwegs. Grundlagen für Präsides. Luzern 2010, 68 f.

5 Beispiele: grundsätzlich. Werkheft zur Gestaltung von Gottesdiensten und spirituellen Impulsen. Luzern 2008; Tischservice. Tischrituale für Kinder und Jugendliche, Luzern 2008; Guten Morgen … Gute Nacht …, Morgen- und Abendrituale im Lager. Luzern 2012; bald … Advents- und Weihnachtsfeiern im Wald. Luzern 2012 u. a. m

6 Siehe http://www.fachausweis-jugendarbeit.ch/

7 Direkter Link: http://www.jubla.ch/publikationen_hilfsmittel/schub_online/praeses/

Urs Bisang-Grubenmann (Bilder: jubla.ch)

Urs Bisang-Grubenmann

Urs Bisang-Grubenmann ist Theologe und seit August 2013 Bundespräses von Jungwacht Blauring Schweiz. Zuvor hat er während 19 Jahren als Jugendseelsorger in einer Pfarrei und auf Dekanatsebene gearbeitet, unter anderem auch mit Präses-Aufgaben.