Papst Franziskus und Patriarch Kyrill in Havanna

Drei Kommentare zum historischen Treffen und zur Erklärung

Das Treffen von Papst Franziskus mit dem Patriarchen Kyrill in Havanna vom 12. Februar 2016 ist zweifellos ein historisches Ereignis erster Güte, ebenso die gemeinsame Erklärung, die eine inhaltliche Grundlage ist für den gemeinsamen Weg, den die beiden Kirchenoberhäupter als Brüder in Havanna begonnen haben. Diese gemeinsame Erklärung ist ist am Schluss dieses Artikels aufgeschaltet – inhaltlich ist das Dokument so bedeutsam und spricht so viele aktuelle Themenbereiche, Fragen und Probleme aus christlicher Sicht an, dass dessen Lektüre sich aufdrängt.

Es ist kein Zufall, dass Papst Franziskus in seinen Worten nach der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung mit dem Patriarchen Kyrill zwei Geistlichen besonders dankte, die sich für das Zustandekommen des Treffens und zweifellos auch der gemeinsamen Erklärung besonders eingesetzt hatten: «Seiner Eminenz, dem Metropoliten Hilarión, und Seiner Eminenz Kardinal Koch mit ihren ganzen Teams, die dafür gearbeitet haben.»1

Mit Hilfe einer Schweizer Institution

kath.ch lieferte am Tag der historischen Begegnung mit der Meldung «Papsttreffen mit Kyrill: Schweizer Plattformen als Wegbereiter»2 auch die Auflösung des Rätsels, wo die beiden mit päpstlichen Dankesworten Beehrten ins Gespräch gekommen sind, nämlich im Rahmen von Veranstaltungen und Diskussionen, für welche das Institut für Ökumenische Studien (IOS) der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg i. Ü. verantwortlich zeichnete.

Das im Zusammenhang mit diesem Artikel abgedruckte Bild zeigt Kurt Kardinal Koch und den Metropoliten Hilarion, der Titularprofessor der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg ist, sinnigerweise in einem Vorlesungssaal der Universität der Schweizer Katholiken. Hilfreich war auch die Zusammenarbeit des Instituts für Ökumenische Studien mit dem Institut für orthodoxe Theologie in Chambésy. Damit wurde auch auf kirchlicher Ebene möglich, was zurzeit der Schweizer Bundesrat auf politischer Ebene vorwärtstreibt: die Schweiz als Gesprächsplattform und Brückenbauer ins Spiel zu bringen.

Im Folgenden werden drei Kommentare veröffentlicht, die das Treffen und die gemeinsame Erklärung aus römisch-katholischer und russisch-orthodoxer Sicht einordnen und deuten.3

Urban Fink-Wagner

 

In gemeinsamer Sorge um die Welt – Ermutigende Perspektiven aus der Begegnung zwischen Papst Franziskus und Patriarch Kyrill

Am 19. April 2005 hielt Metropolit Hilarion einen Gastvortrag an der Theologischen Fakultät in Freiburg i. Ü. Erstmals stellte er die Idee einer katholisch-orthodoxen «Allianz» zum gemeinsamen Zeugnis für christliche Werte in der heutigen Welt vor. Während er sprach, wurde über Handy die Wahl von Joseph Ratzinger als Papst Benedikt XVI. bekannt. Der Metropolit kommentierte diese Wahl sehr wohlwollend und sah in dem neuen Papst einen Verbündeten in seinem Anliegen.

Liest man die Gemeinsame Erklärung von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill vom 12. Februar 2016, so ist offenbar die Blickwendung von den trennenden theologischen Ausdrucksformen des kirchlichen Selbstverständnisses zur verbindenden Verantwortung für die Verkündigung des Evangeliums an die heutige Welt zum tragfähigen Konsens geworden. Im Zentrum der Erklärung steht die gemeinsame Sorge für die «menschliche Zivilisation» in einer Zeit «epochalen Wandels».

Trotz der Kritik an der in «Säkularismus» transformierten säkularen Welt trägt die Begegnung selbst Züge des Säkularen: Sie fand in einer Flughafen-Lounge statt, und eine Begegnung zwischen Staatschefs hätte keine wesentlich andere äussere Gestalt gehabt. Doch wurden hier nicht nur Höflichkeiten ausgetauscht, sondern es fand eine Begegnung unter «Brüdern» im Glauben statt, ja eine «Bischofskonferenz» von Hirten der Kirche Jesu Christi, die im Evangelium die Antwort für die brennenden Fragen der heutigen Welt sehen, gestützt auf die «gemeinsame geistliche Tradition». Ein starker Akzent des Textes liegt auf der Solidarität mit verfolgten Christen im Nahen Osten.

Dem Inhalt der Erklärung entsprechend hat das Geschehen in seiner Ermöglichung und seinen Perspektiven einen «de-zentrierten» Charakter: Es fand nicht auf dem «kanonischen Territorium» der orthodoxen Welt und auch nicht in dem durch die Reformation geprägten Europa statt. Nicht kirchenpolitische Planung, sondern die Kreuzung der Wege von zwei Pastoralreisen gab den Ausschlag: Papst Franziskus besucht Mexiko und wird hier als «unpolitischer Politiker» wahrgenommen (Radio Vatikan, 15. Februar 2016). Der kubanische Präsident  Raúl Castro hatte wiederholt eine Einladung an Patriarch Kyrill ausgesprochen, zu dessen Jurisdiktion 15 000 russische orthodoxe Gläubige auf Kuba gehören. Der sich anschliessende Besuch des Patriarchen in Paraguay und Brasilien gilt den Generationen, die aus Flüchtlingen der Revolution von 1917 hervorgingen. Die Orthodoxie ist längst kein Phänomen des geografischen Ostens mehr.

In gewisser Weise folgt die Havanna-Begegnung aus der auf Schweizer Boden in Chambésy getroffenen Entscheidung, in der Einberufung des Panorthodoxen Konzils der innerorthodoxen Einheit den Vorrang zu geben vor den weiterhin bestehenden Spannungen. Die Mitfreude des ökumenischen Patriarchen Bartholomäus am Treffen auf Kuba zeigt, dass die katholisch-orthodoxe Begegnung als Stärkung der dialogischen Präsenz der panorthodoxen Gemeinschaft wahrgenommen wird. Auch das rumänische Patriarchat, das gemeinsam mit Moskau etwa 90 Prozent der «griechischen» Orthodoxie und ihrer Lebenskraft umfasst, reagierte positiv und griff vor allem die Sorge um die christliche Familie in der Gemeinsamen Erklärung auf. Positive Stimmen sind auch in der russischen Öffentlichkeit zu hören, für die der Akzent auf gesellschaftlich relevanten Fragen die Glaubwürdigkeit der Kirche stärkt. Die Kritik beschränkt sich auf traditionell antiökumenische Kreise und kommt im Übrigen aus «katholischen» ukrainischen Kreisen, die ihre antiorthodoxe Abgrenzungspolitik durch Papst Franziskus in Frage gestellt sehen.

Die Atmosphäre der positiven Rezeption des Ereignisses bringt das Potenzial zur Fortsetzung des begonnenen Weges mit sich. Ausdrücklich wurden weitere Begegnungen dieser Art anvisiert. Die Übersetzungen während des ersten Treffens waren eher schwach und spiegeln den Nachholbedarf an Kenntnis der «Sprache» und Ausdrucksformen des jeweils anderen. Die Stilisierung eines 1000-jährigen Verlustes der Gemeinschaft sieht über zahlreiche Zeugnisse der Communio wie über die jüngsten Früchte der Anerkennung der orthodoxen Kirchen als Schwesterkirchen im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils hinweg. Und neben den Einsatz für verfolgte Christen könnte die Solidarität mit Muslimen treten, die Opfer westlicher Interessenpolitik werden.

Barbara Hallensleben, Freiburg i. Ü., römisch-katholisch

 

Kommentar zum Treffen von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill auf Kuba, 12. Februar 2016

Zweifellos wird die Begegnung der Oberhäupter der Römisch-katholischen Kirche und der Russischen Orthodoxen Kirche in die Geschichte eingehen – in die Geschichte der christlichen Kirche, in die Geschichte der Beziehungen zwischen Ost und West, und, so ist zu vermuten, in die politische Geschichte.

Zahlreiche Kommentare zum Treffen und zur gemeinsam unterzeichneten Erklärung mit der Vielzahl der hier aufgenommenen Themen sind mühelos in den Massenmedien zu finden. Einige schreiben begeistert über das Treffen selbst, andere legen den Akzent auf die Ergebnisse, wieder andere achten auf die theologische Sprache des Schreibens oder auf die gesellschaftspolitischen Fragen, suchen nach Provokationen, suchen Spuren in der Vergangenheit oder stellen einfach die kurze Frage: «Wie geht es weiter?» Mehrheitlich wird ein wesentlicher Aspekt übersehen: die christliche Weltanschauung, oder, wenn man so will, der sittliche Imperativ in den Worten der beiden Kirchenoberhäupter.

Ohne weit in die Geschichte zurückzugehen, lässt sich in jüngster Zeit der erste Versuch zu einem derartigen Treffen auf das Jahr 1996 zurückführen. Damals wurden nach Angabe von Metropolit Hilarion Alfeyev, dem Leiter des Aussenamtes des Moskauer Patriarchats, Schritte zu einer Begegnung zwischen Papst Johannes Paul II. und Patriarch Alexij II. unternommen. Alle notwendigen Vorbereitungen, Datum und Ort inbegriffen, waren getroffen. Da man sich jedoch in der letzten Phase über wichtige Punkte des gemeinsamen Communiqués nicht einigen konnte, scheiterte das epochale Ereignis. In der Folgezeit wurden die Verhandlungen über ein mögliches Treffen teils wiederaufgenommen, teils als verfrüht bezeichnet.

Was hat sich in der Zwischenzeit verändert? Wirft man einen Blick auf die Gemeinsame Erklärung, wird sofort sichtbar, dass eine der grössten Herausforderungen der Gegenwart für die christlichen Kirchen heute die Situation im Nahen Osten darstellt. Dort erleiden Christen faktisch eine Vernichtungskampagne, und der Terror hat Millionen von Menschen gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Frage des Säkularismus in der heutigen Gesellschaft, insofern religiöse Beweggründe in der Öffentlichkeit ihre Daseinsberechtigung verlieren. Angeschnitten werden auch Fragen wie die Sorge um die Familie und die christlichen Werte, die in vielen westlichen Ländern zum dringlichen Problem für Menschen werden, die ihr Leben nach dem Evangelium gestalten wollen. Auch Fragen wie die Würde des menschlichen Lebens, die Erziehung der Jugend, soziale Ungleichheit und geopolitische Herausforderungen sind Gegenstand der pastoralen Besorgnis der beiden Hierarchen.

Viele dieser zahllosen Probleme bestanden bereits Ende des 20. Jahrhunderts. Natürlich ist das heutige Ausmass der Herausforderungen für Christen in der ganzen Welt unvergleichlich höher als vor zwei Jahrzehnten. Bereits damals hat die Kirche von dramatischen Folgen gesprochen, die eintreten könnten und die heute, wie wir sehen, in verschiedenen Teilen der Welt eingetreten sind. Wo also liegt die Einzigartigkeit der Begegnung auf Kuba?

Das wichtigste Zeichen der brüderlichen Umarmung der zwei Hierarchen ist das Vorbild der persönlichen Demut und der geistlichen und sittlichen Anteilnahme am Schicksal nicht allein der Christen, sondern der ganzen Menschheit. Ja, zwischen Rom und Moskau bleiben Divergenzen in der Theologie und in der Entscheidung einiger zwischenkirchlicher Fragen sowie im Umgang mit geopolitischen Fragen. Es gibt jedoch etwas, was für Politiker und Geschäftsleute, Militär, Diplomaten und Massenme-dien, für Glaubende und Nichtglaubende, für alle Menschen vorbildlich ist: der Umgang mit den Fragen, die letztlich über die Zukunft der ganzen Welt entscheiden werden.

Papst Franziskus und Patriarch Kyrill haben den Mut gehabt, aufeinander zuzugehen, den Stolz abzulegen, momentanen Nutzen zu vergessen. So wurden sie wirkliche Leitfiguren ihrer Kirchen, christliche Hirten, die ohne Angst vor der Verurteilung von verschiedenen Seiten für die Sache Gottes eintreten. Beide haben versucht, nicht nur Berührungspunkte zu finden, sondern einen Teil der eigenen Seele für den anderen zu geben, wie Paulus schreibt: «Allen bin ich alles geworden, um zumindest einige zu retten» (1 Kor 9,22).

Bishop John Roshchin, New York, Moskauer Patriarchat

 

Brüder – nicht Gegner. Zur Begegnung von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill

Das Treffen der «zwei Päpste». Auch wenn mit dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. diese Realität ihren ersten Sitz im Leben innerhalb der katholischen Kirchengemeinschaft hat, nahm die Aussage am Freitag, dem 12. Februar 2016, eine weitere Bedeutung an. Jede der 14 zurzeit sich gegenseitig anerkennenden orthodoxen Kirchen der Welt wird nach dem kollegialen Prinzip regiert, doch das Leben jeder dieser Kirchen ist auf die Person und das Wirken des entsprechenden Oberhauptes zentriert. So lässt sich rein phänomenologisch die Amtszeit eines Patriarchen mit dem Pontifikat eines Papstes völlig legitim vergleichen. Das Pontifikat des Patriarchen Kyrill hat die Zahl der Bischöfe der Russischen Orthodoxen Kirche fast verdreifacht, die Beteiligung der Kirche in sozialpolitischen Fragen und … die Offenheit gegenüber der katholischen Kirche legitimiert. In diesem Zusammenhang ist das Treffen der «zwei Päpste» zu verstehen. Die Tatsache, dass das Patriarchat von Moskau nach statistischen Angaben mehr als hundert Millionen Gläubige zählt, macht die Bedeutung der Begegnung in Kuba noch deutlicher.

Terra continens. Um das wahre Ausmass dieses Ereignisses zu verstehen, muss man zumindest in den Vorstellungen nach Russland gehen können. Ein Land, das sich als Kontinent (lat. «terra continens» – «zusammenhängendes Land») wahrnimmt und das sich selbst oft in der Abgrenzung von anderen, im kirchlichen Sinne auch «von der Katholischen Kirche», zu verstehen sucht. Daher die Titel der Nachrichten, die im russischen Kontext dem Treffen der «beiden Päpste» vorausgegangen sind: «Patriarch von Moskau trifft Papst von Rom» (nicht umgekehrt, als ob Moskau älter und bedeutsamer wäre), «Treffen des Millenniums» (als ob die Russische Orthodoxe Kirche in ihrer heutigen Gestalt vor einem Jahrtausend bereits existiert hätte), «die zwei Kirchen gehen auf einander zu» und «die Oberhäupter der Russischen Orthodoxen und der Römisch-Katholischen Kirche treffen sich» (als ob Patriarch Kyrill Chef der Weltorthodoxie wäre). All das zeigt deutlich, wie gross die Erwartungen auf russischer Seite waren und wie, vielleicht überbetont, die Russische Orthodoxie im Namen der ganzen Kirche des Ostens zu sprechen vermag.

Tradurre – tradire? In zahlreichen Kommentaren, die in verschiedenen Massenmedien bereits zu finden sind, wird unseres Erachtens ein kleines, aber wichtiges Detail übersehen. Natürlich ist ein solches Treffen vor allem als eine Geste wahrzunehmen. Bei Gesten ist bekanntlich das Gesagte weniger bedeutend als das Gezeigte. Doch beim Treffen der zwei Leitfiguren der Christenheit ist auch die Sprache ein wichtiges Kommunikationsmittel. Ohne auf die persönliche Qualifikation der Dolmetscher beim Treffen anzugehen, muss man wohl sagen, dass die Qualität der spanisch-russischen Übersetzung auf beiden Seiten eigentlich unter dem Niveau dieses grossen Treffens lag … Das betrifft nicht nur die Präzision der theologischen Terminologie, sondern auch die Exaktheit der Grussworte und anderer Ausdrücke beim Gespräch, das man im Fernsehen mitverfolgen konnte.

Conspiratio multorum. Von dieser kritischen Bemerkung lässt sich der Übergang zurück zur positiven Einschätzung schnell finden. Während bislang die Einstellung der Massenmedien und des breiten Publikums in der orthodoxen Kirche und der zivilen Gesellschaft Russlands eher eine distanzierte war, hat sich die Stimmung nach der Ankündigung des Treffens zwischen Papst und Patriarch rasch geändert. Von den Abgeordneten des Russischen Parlaments bis zu den konservativsten Vertretern der russischen Orthodoxie – alle haben über die Katholische Kirche insgesamt positiv und respektvoll gesprochen und die Begegnung in hoffnungsvoller Perspektive gewürdigt. Auch wenn manche Kommentatoren in Russland diese unerwartete Wandlung auf politischem Hintergrund zu deuten suchten, ist hier in einer christlichen Perspektive das Wehen des Geistes zu spüren.

Souverän handeln. Ein bedeutsamer Zug des Treffens sowie des gemeinsam unterschriebenen Dokumentes ist die Fähigkeit beider Gesprächspartner, Eigeninteressen zurückzustellen und mutig gegen die momentane Konjunktur in den eigenen Kirchen vorzugehen. So hat Patriarch Kyrill darauf verzichtet, die formell notwendige Genehmigung seines Episkopats während des Bischofskonzils Anfang Februar zu erbitten, und er hat den Mut gehabt, die Stimmen extrem konservativer Kreise im Moskauer Patriarchat – die ein solches Treffen schroff abgelehnt hätten und mit scharfer Kritik darauf reagieren – scheinbar nicht zu hören. Franziskus hatte seinerseits den Mut, die ukrainische Frage im gemeinsamen Schreiben so unparteiisch aufzugreifen, dass die ukrainische griechisch-katholische Kirche in Person ihres Erzbischofs offiziell ihr Ressentiment nach dem Treffen äusserte und der selbstproklamierte Patriarch von Kiew, dessen Kirche im gemeinsamen Schreiben als nicht anerkannt vorkommt und zur Versöhnung mit der kanonischen Ukrainischen Kirche des Mos- kauer Patriarchats aufgerufen wird, das von Franziskus und Kyrill gemeinsam unterschriebene Dokument mit dem Münchner Abkommen vom 1938 verglich.

Brüder – nicht Gegner. Diese Worte des gemeinsamen Schreibens von Franziskus und Kyrill können als Motto über dem ganzen Treffen stehen. Es ist ein Motto, das sein volles Gewicht auch nach der Begegnung in Kuba behalten wird. Jahrhunderte des konkurrenzhaften Verhältnisses der beiden Traditionen machen nun Platz für ein anderes Daseinsmodell der Katholischen und Orthodoxen Kirche im Bezug zueinander, ein Modell, in dem die beiden Traditionen sich nicht nur «Schwesterkirchen» nennen, sondern auch die Oberhäupter der Kirchen von Rom und Moskau sich als Bischöfe der Kirche Christi und Brüder in Christus wahrnehmen und es auch sind.

Diakon Augustin Sokolovski, Moskauer Patriarchat

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1 Diese Worte sind im Communiqué im Nachgang zur gemeinsamen Erklärung abgedruckt. Die entsprechende Medienmitteilung des Vatikans ist in deutscher Sprache aufgeschaltet auf: www.kirchenzeitung.ch, SKZ-Ausgabe Nr. 9/2016.

2 www.kath.ch/newsd/papsttreffen-mit-kyrill-schweizer-implikationen-und-gelingenswuensche/ Vgl. dazu auch den Bericht «Historisches Treffen: ‹Wir sind Brüder›», in: kath.ch 7 Tage, in: SKZ 184 (2016), Nr. 7–8; S. 81 f.

3 Das Treffen und die gemeinsame Erklärung von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill hat auch Auswirkungen auf die Beziehungen zu anderen orthodoxen und mit der römisch-katholischen Kirche unierten Kirchen. Vgl. dazu: Andriy Mykhaleyko: Nur ein Spielball der Ökumene? Die ukrainische Frage inmitten der sich verändernden Beziehungen zwischen Vatikan, Konstantinopel und Moskau, in: Die Tagespost, 20. Februar 2016, 14.