Papst Franziskus über die Evangelisierung und den «sensus fidei»

Über die Evangelisierung

«Im Hören auf den Geist, der uns hilft, gemeinschaftlich die Zeichen der Zeit zu erkennen, wurde vom 7. bis zum 28. Oktober 2012 die XIII. Ordentliche Vollversammlung der Bischofssynode unter dem Thema Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens abgehalten. Dort wurde daran erinnert, dass die neue Evangelisierung alle aufruft und dass sie sich grundsätzlich in drei Bereichen abspielt.

An erster Stelle erwähnen wir den Bereich der gewöhnlichen Seelsorge, ‹die mehr vom Feuer des Heiligen Geistes belebt sein muss, um die Herzen der Gläubigen zu entzünden, die sich regelmässig in der Gemeinde zusammenfinden und sich am Tag des Herrn versammeln, um sich vom Wort Gottes und vom Brot ewigen Lebens zu ernähren›. In diesen Bereich sind ebenso die Gläubigen einzubeziehen, die einen festen und ehrlichen katholischen Glauben bewahren und ihn auf verschiedene Weise zum Ausdruck bringen, auch wenn sie nicht häufig am Gottesdienst teilnehmen. Diese Seelsorge ist auf das Wachstum der Gläubigen ausgerichtet, damit sie immer besser und mit ihrem ganzen Leben auf die Liebe Gottes antworten.

An zweiter Stelle erwähnen wir den Bereich der ‹Getauften, die jedoch in ihrer Lebensweise den Ansprüchen der Taufe nicht gerecht werden›, keine innere Zugehörigkeit zur Kirche haben und nicht mehr die Tröstung des Glaubens erfahren. Als stets aufmerksame Mutter setzt sich die Kirche dafür ein, dass sie eine Umkehr erleben, die ihnen die Freude am Glauben und den Wunsch, sich mit dem Evangelium zu beschäftigen, zurückgibt.

Schliesslich unterstreichen wir, dass die Evangelisierung wesentlich verbunden ist mit der Verkündigung des Evangeliums an diejenigen, die Jesus Christus nicht kennen oder ihn immer abgelehnt haben. Viele von ihnen suchen Gott insgeheim, bewegt von der Sehnsucht nach seinem Angesicht, auch in Ländern alter christlicher Tradition. Alle haben das Recht, das Evangelium zu empfangen. Die Christen haben die Pflicht, es ausnahmslos allen zu verkünden, nicht wie jemand, der eine neue Verpflichtung auferlegt, sondern wie jemand, der eine Freude teilt, einen schönen Horizont aufzeigt, ein erstrebenswertes Festmahl anbietet. Die Kirche wächst nicht durch Prosyletismus, sondern ‹durch Anziehung›» (Evangelii gaudium, Nr. 14).

Über den «sensus fidei»

«In allen Getauften, vom ersten bis zum letzten, wirkt die heiligende Kraft des Geistes, die zur Evangelisierung drängt. Das Volk Gottes ist heilig in Entsprechung zu dieser Salbung, die es ‹in credendo› unfehlbar macht. Das bedeutet, dass es, wenn es glaubt, sich nicht irrt, auch wenn es keine Worte findet, um seinen Glauben auszudrücken. Der Geist leitet es in der Wahrheit und führt es zum Heil. Als Teil seines Geheimnisses in der Liebe zur Menschheit begabt Gott die Gesamtheit der Gläubigen mit einem Instinkt des Glaubens – dem sensus fidei –, der ihnen hilft, das zu unterscheiden, was wirklich von Gott kommt. Die Gegenwart des Geistes gewährt den Christen eine gewisse Wesensgleichheit mit den göttlichen Wirklichkeiten und eine Weisheit, die ihnen erlaubt, diese intuitiv zu erfassen, obwohl sie nicht über die geeigneten Mittel verfügen, sie genau auszudrücken» (Evangelii gaudium, Nr. 119).