Ökologie in der Theologie

Ökologie spielt in Theologie und Praxis der christlichen Kirchen eine randständige Rolle. Dennoch gibt es sie, die ökologisch Engagierten in Kirche und Theologie wie im Verein oeku.

Wirft man den Blick auf ökotheologische Ansätze und kirchliche Initiativen zur Nachhaltigkeit, so stellt man fest, dass es besonders Frauen sind, die sich hier einsetzen. Diesem Phänomen gingen wir beim Religionsforum von oeku aus zwei Perspektiven nach: aus einer theoretisch-systematischen mit Blick auf Konzepte von «Frau» und «Natur» und aus einer lebensweltlich-beobachtenden bezogen auf das konkrete Engagement von Orden besonders in der Schweiz.

Verknüpfung «Natur» und «Frau»

Frauen, die sich mit Ökologie beschäftigen, beziehen oft kritisch Position gegenüber dem Christentum, da dieses sowohl die Diskriminierung von Frauen als auch die Ausbeutung der Natur mittrage oder sogar begründe. Dahinter steht die Analyse, dass in der «westlichen» Tradition generell eine problematische Verknüpfung von «Frau» und «Natur» stattfindet. Zum einen auf einer sozioökonomischen Ebene: Frauen werden aufgrund der Fähigkeit, Kinder zu gebären und ihrer traditionellen Aufgabe, die Familie zu ernähren, einer Art «natürlicher» Sphäre zugeordnet, die einer von (bestimmten) Männern beherrschten kulturellen Sphäre untergeordnet wird. Zum anderen zeigt sich eine ideologisch-kulturelle Ebene, deren hierarchische Dualismen Zu- und Unterordnungen begründen. Gegenübergestellt werden Natur-Kultur, Frau-Mann, aber auch Körper-Geist, Emotionen-Vernunft.1 Die Verknüpfung dieser Begriffe führt zu einer gegenseitigen Bestärkung der Diskriminierung von Frauen und der Abwertung der Natur. Darauf zielt die Kritik des Ökofeminismus.

Im Christentum wurde die problematische Verknüpfung von «Frau» und «Natur» oftmals gestützt. So wird Natur als Chaos beschrieben, das in Opposition zum Göttlichen (Über-Natürlichen) steht und der Korrektur und Erlösung bedarf. Ähnlich betrachtete man die Frau häufig als diejenige, die nicht nur Sünde und Verführung, sondern ebenso wie die Natur das Chaos in die Welt bringt. Ausgehend davon schien es aus christlicher Perspektive gerechtfertigt und notwendig, Frauen ebenso wie die Natur der Herrschaft von Männern unterzuordnen.

Ökofeministische Theologie

Angesichts solcher Lehren wenden sich einige Ökofeministinnen ganz vom Christentum ab und alternativen, neo-paganen Traditionen zu wie z. B. die US-amerikanische Autorin und Umweltaktivistin Starhawk. Viele andere aber wollen eine ökofeministische Theologie entwerfen.

Diese Theologie ist überkonfessionell und überregional. Wenngleich besonders in Nordamerika anzutreffen wie Rosemary Radford Ruether, Elizabeth Johnson und Catherine Keller, findet man sie weltweit. Für Europa kann man Dorothee Sölle (Deutschland) und Mary Grey (Grossbritannien) nennen, für Lateinamerika Ivone Gebara (Brasilien) und für Afrika Teresia Hinga (Kenya). Die die Ansätze variieren in vielen Aspekten, teilen aber Grundanliegen: Frauen und Ökologie sollen stärker in der Theologie berücksichtigt werden – nicht nur als zusätzliche Themen. Vielmehr müsse theologisches Denken in Struktur und Begriffen verändert werden.2 Ökofeministische Theologinnen hinterfragen die dominierende andro- und anthropozentrische, den Mann bzw. den Menschen ins Zentrum stellende Weltsicht sowie das theistische Konzept von Gott. Sie machen eine biozentrische, das Leben ins Zentrum stellende, panentheistische Weltsicht stark. Gott wird als Matrix lebensspendender Energie verstanden und der Mensch als ein – durch seinen Körper – in die Natur eingebundenes Wesen statt als ihr Unterwerfer.3 Damit verknüpft ist die Forderung nach einer Hermeneutik des Verdachts im Umgang mit der Bibel.4 Nicht zuletzt ist es ökofeministischen Theologinnen wichtig, eine andere, die Erde und den Körper wertschätzende Spiritualität zu entwickeln.

Beispiel der «Grünen Schwestern»

Anschaulich werden die Forderungen am Leben und Wirken der «Grünen Schwestern» («green sisters» oder «sisters of earth»).5 Diese Ordensschwestern betreiben ökologische Landwirtschaft und bauen ihre Häuser zu nachhaltigen Gebäuden um, halten Vorträge und informieren über soziale Netzwerke,6 entwickeln eine «grüne» Spiritualität, die die Erde ins Zentrum stellt und den Körper stärker einbezieht. Viele der Schwestern vertreten dabei ein panentheistisches und biozentrisches Weltbild. Viele ihrer Praktiken entprechen ökofeministischen Forderungen und wollen traditionelle Dualismen wie Geist/Körper überwinden. So betonen sie die Bedeutung biologischer Lebensmittel nicht nur für die Erde, sondern auch für den eigenen Körper und geben dem Körper in der Spiritualität mehr Gewicht. Das heisst keineswegs, dass sich die «Grünen Schwestern» selbst alle als (Öko-)Feministinnen betrachten. Viele lehnen eine solche Bezeichnung ab. Die Beispiele zeigen, dass Parallelen zum Ökofeminismus bestehen und das Frausein doch eine Rolle spielt.

 

1 Die Unterscheidung dieser zwei Ebenen übernehme ich von Rosemary Radford Ruether (2005): Integrating Ecofeminism, Globalization, and World Religions, Lanham [MD] u. a., 91.

2 Vgl. Eaton, Heather (2005): Introducing Ecofeminist Theologies, London / New York, 88f.

3 Laut Eaton bedeutet das Konzept des Panentheismus, «that the Divine is understood to be within and around us, (pan-theism) and also beyond (pan-en-theism).» (Eaton, 89).

4 Diese Idee geht wesentlich zurück auf die Theologin Elisabeth Schüssler Fiorenza.

5 Vgl. neben einigen Zeitungsartikeln v. a. McFarland Taylor, Sarah (2007): Green Sisters. A Spiritual Ecology, Cambridge [Mass] u. a.

6 Verweisen kann man hierzu etwa auf die Facebook-Seite der Sisters of Earth.

Cornelia Mügge | © Uni Fribourg

Cornelia Mügge

Dr. des. Cornelia Mügge ist Assistentin am Lehrstuhl für Allgemeine Moraltheologie und Ethik der Universität Freiburg i. Ü., Schweiz.