Alois M. Haas / Thomas Binotto: Meister Eckhart. Der Gottsucher. Aus der Ewigkeit ins Jetzt. (Kreuz Verlag) Freiburg i. Br. 2013, 160 S.
Mystiker allgemein, und Meister Eckart (ca. 1260–1328) besonders, gelten als schwierig. Ein früherer Professor für Germanistik in Zürich, weltweit einer der besten Mystikkenner, und ein früherer Schüler von ihm, Journalist und Chefredaktor des «Forums» in Zürich, haben sich zusammengetan, um im Gespräch das Geheimnis um Meister Eckart aufzuhellen. Sie umkreisen behutsam dessen Denk- und Sprechweise und ermöglichen so dem geduldigen Leser einen schrittweisen Zugang zum Lese- und Lebemeister. Zwei Texte sind eingestreut, von denen v. a. die Predigt über Martha und Maria im Hause des Lazarus auffällig ist. Dort wird Maria von Jesus für ihre betrachtende Aufmerksamkeit ausdrücklich gelobt, während die aktive Martha eher getadelt erscheint. Eckart kehrt die Geschichte um: Jesus anerkennt, dass Martha in der Gotteserkenntnis schon viel weiter fortgeschritten ist und Aktion und Kontemplation schon verbinden kann, während Maria für ihre momentanen Bedürfnissse «den besten Teil gewählt hat», nämlich lernend langsam Fortschritte zu machen. Diese Predigt und ein dichterischer Text über das Senfkorn werden sprachlich gut übersetzt und kommentiert, sodass man bald einmal merkt: Das geht ja eigentlich auch mich an! Hier wird «aus der Ewigkeit ins Jetzt» hinein gesprochen, nicht abstrakt, sondern alltagstauglich, aktuell!
