Moscheebauten: Chancen zur Begegnung

Ausschnitt aus der Mihrab der Mezquita-Catedral de Córdoba (Spanien). Foto: Stephan Leimgruber

Moscheen geben zu reden. Was Moscheen eigentlich sind, welche Merkmale und Chancen sie aufweisen und wie sie sich von Kirchen unterscheiden, erläutert dieser Beitrag.

Moscheen sind, wie Kirchen und Kapellen, Zeugen des Glaubens aus Stein. Minarette, Moscheen und Waschanlagen machen die islamische Religion sichtbar. Auf der architektonischen Ebene sind sie künstlerischer Ausdruck des Glaubens. Von der Etymologie her sind es «Orte der Niederwerfung»; im Grunde sind es Stätten des islamischen Ritualgebetes und des Gottesdienstes mit Predigt an Freitagen.

Die «Urmoschee» geht auf den Propheten Muhammad (570–632) in Medina zurück. Hier bildete sich die erste islamische Gemeinde. Bekannt sind die Blaue Moschee in Istanbul mit sechs machtvollen Minaretten, in der bereits zwei Päpste (Benedikt XV. / Johannes Paul II.) beteten, aber auch die Mesquita in Cordoba (Spanien), in der eine Kathedrale eingebaut wurde.

Merkmale einer Moschee – Differenzen zu Kirchen

Wichtigstes Merkmal einer Moschee ist die Gebetsnische (mihrāb), welche die Gebetsrichtung (Mekka) anzeigt. Der Imam stellt sich vor ihr zum Gebet auf. Ganz in der Nähe ist oft ein aufgeschlagener Koran auf einem kunstvollen Ständer, dem christlichen Ambo vergleichbar. Im Unterschied zu katholischen Kirchen gibt es in Moscheen keine Bilder, keine Kreuze und keine Heiligenstatuen, sondern kalligrafische Schriftzüge mit Versen aus Suren. Die schmuckvollen Kalligrafien sind mit Bibelworten in reformierten Kirchen vergleichbar. Gott ist in beiden Sakralräumen im Wort gegenwärtig. Unabdingbar gehört zu jeder Moschee ein Ort mit fliessendem Wasser, wo sich Muslime waschen und reinigen

gehört ein Minarett zu einer Moschee, von dem der Muezzin fünfmal am Tag zum Gebet einlädt. Dieses Minarett ist dem Glockenturm in Kirchen ähnlich. Seit der Abstimmung zur Minarett-Initiative im Jahre 2009 dürfen in der Schweiz keine neuen Minarette gebaut werden, wodurch die Religionsfreiheit für Musliminnen und Muslime in der Schweiz eingeschränkt ist.

Neue Moscheen im deutschen Sprachraum

Ein lesenswerter Sammelband1 über Moscheen zeigt Konflikte auf, die Neubauten in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgeworfen haben. In Deutschland gibt es mittlerweile ca. 120 repräsentative Moscheen und etwa 2000 «Hinterhofmoscheen» beziehungsweise umgenutzte Lagerhallen. In dem Masse, wie Muslime seit 1965 als Arbeitskräfte gerufen wurden und sich in der dritten und vierten Generation hier niedergelassen haben, bauen ihre Vereine auch Moscheen zum Gebet. Muslime und Musliminnen beten gerne. Die Konflikte mit der jeweiligen Wohnbevölkerung betreffen Grösse der Moschee und Höhe der Minarette. Diese sollten Grösse von Kirchen und Höhe von Glockentürmen nicht übertreffen. Zur Debatte stehen auch «Moscheedörfer» mit umfassenden Infrastrukturen mit Restaurants, Koranschulen, Sozialberatungsstellen, Kindergärten; weil oft die Gefahr besteht, dass sich eine Parallelgesellschaft entwickelt und eine mögliche Integration behindert wird. Am 3. Oktober sind in Deutschland die Moscheen offen, und es kommt zu manchen Dialogen zwischen islamischer Gemeinde und der benachbarten Gesellschaft. Auch die Finanzierung von Moscheen aus arabischen Ländern gibt zu reden, weil damit unerwünschte Einflussmöglichkeiten eröffnet werden.

Österreich, zu Beginn des 20. Jahrhunderts offen für Fremde und mit einem fortschrittlichen Religionsgesetz (1912) ausgestattet, muss zu Beginn des 21. Jahrhunderts zahlreiche islamophobe Tendenzen bändigen. Die Moschee gilt als Symbol islamischer Bedrohung und des europäischen Herrschaftsverlustes, sodass einige Muslime von sich aus auf den Bau eines Minaretts verzichtet haben. Muslime werden mit Terroristen in eine Ecke gestellt. Gewaltvorkommnisse sind keine Seltenheit. Gegenwärtig soll es in Österreich 205 Moscheen geben und wohl auch weit über 1000 «Hinterhofmoscheen». Die Zahl der Kirchen ist indessen viel höher.

In der Schweiz mit 450 000 Musliminnen und Muslimen dürfte es insgesamt 250 islamische Moscheen und Gebetsräume geben, aber nur vier sind repräsentative Moscheen mit Minaretten: in Zürich (1963) die Moschee der Ahmadiyya-Richtung; in Genf eine Moschee (1978) als Gebetsraum für muslimische Delegierte internationaler Organisationen, gesponsert von Saudi-Arabien; in Winterthur (2004) eine Moschee mit Minarett des Islamisch-Albanischen Vereins Winterthur und eine vierte türkische Moschee in Wangen bei Olten. Während bis heute die Schwarzenbach-Initiative der 1970er-Jahre nachwirkt, ist aus menschlicher und christlicher Sicht ein klares JA für den Moscheebau abzugeben. Muslime dürfen Orte des Gebets haben, was uns Christen im Gegenzug auffordert, Kirchen in islamisch geprägten Ländern für Gottesdienste einzufordern. Als Grundhaltung fordert das Zweite Vatikanische Konzil den Muslimen gegenüber eine Haltung der Hochachtung und des Respekts. Dann können auch Moscheen Chance der Begegnung eröffnen. Misstrauen und Gefahr werden minimiert. Moscheen sind wie Kirchen heilige Orte, in die man flüchten kann. Wie es Kirchenasyl als freien Schutzort gibt, darf man in einer Moschee niemanden festnehmen. Gleichwohl sollten Terroristen Abstand nehmen von diesen heiligen Orten.

 

1 Reinhard Bernhardt / Ernst Fürlinger (Hg.): Öffentliches Ärgernis? Moscheebaukonflikte in Deutschland, Österreich und der Schweiz, (Beiträge zu einer Theologie der Religionen, Band 12) Zürich 2015. Vgl. Sabine Kraft: Islamische Sakralarchitektur in Deutschland, Münster 2002.

Stephan Leimgruber

Stephan Leimgruber

Dr. Stephan Leimgruber ist seit Februar 2014 Spiritual am Seminar St. Beat in Luzern und zuständig für die Theologinnen und Theologen in der Berufseinführung. Bis zu seiner Tätigkeit in Luzern war er Professor für Religionspädagogik an der Theologischen Fakultät in München.