Mehr Transparenz bei kirchlichen / religiösen Stiftungen

Die Motion von NR Doris Fiala (FDP) hat zum Ziel, die staatliche Beaufsichtigung der kirchlichen Stiftungen einzuführen. Die Motionärin erläutert und begründet für die SKZ die Relevanz dieses Vorhabens. Zu diesem Thema vergleiche auch SKZ 183 (2015) 552 f., 594, 646 f. und SKZ 184 (2016) 425 u. 637 f.

Nach ein paar medialen Irrungen und Wirrungen zwischen Generalvikar Grichting und mir ist die gut überlegte Motion ohne Gegenstimme im Nationalrat, wie vom Bundesrat empfohlen, überwiesen worden. Der Ständerat wird nun beraten und man darf gespannt sein. Eine konkretere Formulierung des Stiftungszwecks und mehr Transparenz haben offensichtlich auch das Interesse meiner Nationalratskollegen und -kolleginnen geweckt und überzeugt.

Inzwischen ist im Europarat gleichzeitig eine Motion akzeptiert worden für eine umfassende Berichterstattung, die mehr Licht in die Finanzierung des Islam, der Moscheen und Imame bringen soll, innerhalb der 47 Länder des Europarats. In der letzten Session wurde ich in Paris von der Kommission «Political Affairs Committee» einstimmig zur Berichterstatterin gewählt. Ich kämpfe daher nicht nur in der Schweiz für mehr Transparenz, sondern auch auf internationaler Ebene im Europarat. Zur Erinnerung, worum es bei der Motion im Nationalrat ging, seien diese Ausführungen nochmals festgehalten.

Die kirchlichen Stiftungen wurden Anfang 20. Jahrhunderts von der Bundesversammlung wegen fehlender öffentlicher Relevanz von der Beaufsichtigung durch die staatliche Aufsichtsbehörde und der Eintragung ins Handelsregister ausgenommen.1 Zwischenzeitlich sind die kirchlichen Stiftungen mit Bundesgesetz vom 12. Dezember 2014 zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d’action financière, in Kraft seit 1. Januar 2016, zum Zwecke der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zur Handelsregistereintragung verpflichtet worden.2 Die kirchlichen Stiftungen sind im Hinblick auf die Bestrebungen, Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen, öffentlich relevant geworden.

Selbständige Beaufsichtigung

Das Recht, kirchliche Stiftungen selbständig zu beaufsichtigen, steht aufgrund von Art. 15 in Verbindung mit Art. 8 der Bundesverfassung jeder Religionsgemeinschaft offen, insbesondere auch muslimischen. Vorausgesetzt wird einzig, dass aus dem Stiftungszweck die organische Anbindung der Stiftung an die Religionsgemeinschaft hervorgeht, die Stiftung dem religionsgemeinschaftlichen Organismus eingegliedert ist3 und die Religionsgemeinschaft die Aufgaben der staatlichen Aufsicht wahrzunehmen vermag.4 Die muslimischen Religionsgemeinschaften können mittels dieser Rechtsform auch Moscheen finanzieren. Insofern handelt es sich bei der Begrifflichkeit «kirchliche Stiftungen» um eine nicht aktualisierte und irreführende Bezeichnung: Insbesondere muslimische Religionsgemeinschaften, um die es bei dieser Initiative vornehmlich geht, werden begrifflich nicht eingeschlossen. Richtigerweise müsste man von «religionsgemeinschaftlichen/religiösen Stiftungen» sprechen.

Welche und wie viele Religionsgemeinschaften dieses Recht auf kirchliche (richtiger: religionsgemeinschaftliche/religiöse) Stiftungen – unter anderem ohne dessen Abklärung seitens staatlicher Behörden und Gerichte – in Anspruch nehmen, ist unbekannt. Aufgrund der bisherigen Gesetzeslage ist es dem Staat nicht möglich, sich darüber Kenntnis zu verschaffen. Dies ist im Blick auf die unbekannte Finanzierung der Moscheen in der Schweiz, die unklare Rolle der türkischen Organisation «Diyanet» hierzulande und die erforderliche wirksame Bekämpfung der Radikalisierung von Muslimen und Musliminnen mehr als problematisch. Die seit 1. Januar 2016 geltende Verpflichtung zur Eintragung ins Handelsregister vermag nicht zu gewährleisten, dass tatsächlich sämtliche kirchlichen Stiftungen eingetragen werden. Die vorliegende parlamentarische Initiative bezweckt daher die Einführung der staatlichen Beaufsichtigung der kirchlichen Stiftungen. Die religionsgemeinschaftliche Beaufsichtigung soll parallel dazu weiterhin ausgeübt werden können. Der Staat ist aufgrund von Art. 15 in Verbindung mit Art. 8 der Bundesverfassung dazu verpflichtet, die Religionsgemeinschaften gleich zu behandeln.

Umdenken angezeigt

Obwohl die kirchlichen Stiftungen entsprechend dem privatrechtlichen Konzept der Einheitsstiftung bei nicht vorhandenen Sonderregelungen gleich wie nichtkirchliche Stiftungen dem Bundesrecht des Zivilgesetzbuches, des Obligationenrechts, des Fusionsgesetzes etc. unterstellt sind, wird dieser Unterstellung in der Praxis oft nicht nachgelebt. Dies wird mit der irrigen Meinung begründet, für die Regelung des Rechts der kirchlichen Stiftungen seien infolge von Art. 72 Abs. 1–2 der Bundesverfassung bei nicht ausdrücklich auf die kirchlichen Stiftungen bezogener Normierung die Kantone und, wo diese nicht legiferierten, die Religionsgemeinschaften selbst zuständig. Es handelt sich hierbei um einen Rechtsirrtum mit entsprechenden Folgen in der Rechtspraxis. Es muss gewährleistet werden, dass das staatliche Stiftungsrecht von den Religionsgemeinschaften in der Praxis beachtet wird.

Im Zeichen eines neuen Zeitalters und eines damit einhergehenden neuen Zeitgeistes bzw. neuer internationaler Gefahren und Risiken – auch für die Schweiz – insbesondere in Form von Geldwäscherei und internationalem Verbrechen/Terrorismus, ist ein Umdenken angezeigt. Bislang operierten die kirchlichen Stiftungen – gemeint sind religiöse Stiftungen aller Art – unkontrolliert weit unter dem Radar jeglicher Transparenz. Der Vorbehalt des öffentlichen Rechts ist aufgrund von Art. 72 Abs. 1–2 der Bundesverfassung beizubehalten.

 

 

1 vgl. StenBull BVers 15 (1905) SR 927, 929 f. und 1238 ff.; StenBull BVers 17 (1907) NR 239 und 242 f.

2 AS 2015 1389; BBl 2014 605.

3 vgl. VEB 30 (1961) Nr. 48, S. 81 f.; 26 (1956) Nr. 41, S. 126

4 vgl. VEB 9 (1935) Nr. 54 E. 1, S. 67; 22 (1952) Nr. 29 E. 2 f., S. 68 ff.; 25 (1955) Nr. 48, S. 106 f.

Doris Fiala | © Doris Fiala

Doris Fiala

Doris Fiala ist Nationalrätin der FDP – Die Liberalen und Inhaberin von relations & more, Agentur für Öffentlichkeitsarbeit in Zürich. www.fiala.ch