Der Vollzug des neuen Lehrplans Volksschule St. Gallen im neuen Schuljahr 2017/18 fordert auch die Katechese im Bistum St. Gallen neu heraus. So geht es auch um die neue Aufteilung in Lernort Schule und Lernort Kirche.
Diese Aufteilung bietet die Chance, in der Katechese Neues und Innovatives auszuprobieren und mit Rücksicht auf Bewährtes und örtliche Traditionen umzusetzen: ein Balanceakt, der von den in der Katechese Tätigen Fingerspitzengefühl, Achtsamkeit, Respekt, Mut und Risikobereitschaft verlangt. Gelingt ein solcher Balanceakt, lässt sich eine Optimierung der gesamten Katechese und ihre Stärkung am Lernort Kirche erzielen.
Wie eine Optimierung und Stärkung der Katechese in Zukunft aussehen könnte, beschäftigt sich mein Einblick in die Arbeit als Pastoralassistentin im Ressort Katechese. Eine Variante zur Stärkung der Katechese am Lernort Kirche ist es, ausserschulische katechetische Angebote für Kinder und Familien zu schaffen, die der Vertiefung und Weiterführung der erlernten Kompetenzen aus dem Lernort Schule dienen. Dazu drei Beispiele:
Abendspaziergang zur Dorfkapelle
In der 1. Klasse erarbeiten die Beteiligten anhand des Themas «Erste religiöse Praxis: mit Gott reden»1 die Kompetenz «religiöse Praxis im lebensweltlichen Kontext beschreiben».2 Für das Wahlpflichtfach Ethik, Religionen und Gemeinschaft (ERG – Kirchen) und für den Religionsunterricht (RU) bietet der neue Lehrplan zu jeder Kompetenz konkrete Lebensweltbezüge, Inhalte und Handlungsvorschläge an.3 So könnte zum Thema «Erste religiöse Praxis: Mit Gott reden» ein Abendspaziergang zu einer Dorfkapelle oder einem Bildstöckli angeboten werden. Dabei würden die gelernten Gebete und Rituale miteinander in einer kleinen Feier gebetet und selbst erstellte Gebetsbücher gesegnet werden. Dies als freiwillige Ergänzung und Vertiefung zum Lernort Schule. Gestaltet als familienpastoraler Anlass und ausgerichtet für Kinder und ihre Eltern, Grosseltern, Paten und Geschwister.
Zu einer Kirchturm-Rallye einladen
In der 4. Klasse im RU eignen sich die Schülerinnen und Schüler anhand des Themas «Verschiedene christliche Kirchen und die Ökumene»4 folgende Kompetenz an: «Die Schülerinnen und Schüler können sich in der Vielfalt religiöser Traditionen und Weltanschauungen orientieren und verschiedenen Überzeugungen respektvoll begegnen.»5 Dazu könnte man zu einer Kirchturm-Rallye einladen und die gelernten Inhalte anwenden. Per Fahrrad, zu Fuss, per Bus oder Tram wird von Kirchturm zu Kirchturm gefahren, und dabei erhält man vor Ort wichtige Infos, die anschliessend für ein Quiz gebraucht werden. Auch dieses Angebot dient zur Vertiefung und Anwendung der erlernten Kompetenzen und ist als familienpastoraler Anlass für dieselbe Zielgruppe wie beim ersten Beispiel ausgerichtet.
Als Christinnen und Christen hoffen
In der 5. Klasse im RU eignen sich die Schülerinnen und Schüler anhand des Themas «Als Christen hoffen: Leben nach dem Tod»6 die folgende Kompetenz an: «Die Schülerinnen und Schüler können religiöse Spuren in Umgebung und Alltag erkennen und erschliessen.»7
Christliche Formen einer Abdankung, biblische Aussagen zu Tod und Auferstehung sowie die Klärung und Einordnung von Bildern wie Himmel und Paradies werden inhaltlich am Lernort Schule behandelt. Als Vertiefung und Weiterführung könnte zum Beispiel eine Begegnung mit dem Spitalseelsorger, der Spitalseelsorgerin und eine anschliessende Andacht in der Spitalkapelle für dieselbe Zielgruppe wie bei Beispiel eins und zwei organisiert werden.
Solche und viele weitere katechetische Angebote, die im Zusammenhang mit den Kompetenzen des Lehrplans stehen, könnten einen Beitrag zur Stärkung des Lernorts Kirche leisten. Meines Erachtens bedingt das aber, dass diese Angebote die Lebens- und Erfahrungswelt der Kinder miteinbeziehen (die Eltern, Erziehungsberechtigten, Geschwister, Paten, Grosseltern, Freunde der Kinder etc.). Deshalb erachte ich es als notwendig, dass solche katechetischen Angebote als freiwillige, (familien-) pastorale Angebote gestaltet und durchgeführt werden. Im besten Fall können die Kinder durch solche Angebote etwas von dem erfahren und mit ihren Bezugspersonen erleben und anwenden, was ihnen am Lernort Schule in den Fächern ERG – Kirchen und RU vermittelt wurde.