Dem Ritual trauen

Die Vorbereitung auf Sakramente macht einen grossen Teil der katechetischen Arbeit einer Pfarrei aus. Ziel dieser Katechese ist es, Kinder, Jugendliche und Erwachsene so zum Sakrament hinzuführen, dass es mit persönlicher Zustimmung und «geistlichem Gewinn» gefeiert werden kann. Nicola Ottiger plädiert dafür, die Sakramentenkatechese vom Vollzug her zu denken.

Sakramente sind ein besonderer Ausdruck der Beziehung von Gott und Mensch. Diese Beziehung ist nicht vom Sakrament abhängig. Gott ist nicht an diese Form der Heilsmitteilung gebunden, oder um es mit Blick auf den biblischen Befund zu sagen: «Es widerspräche dem Neuen Testament, wollte man die Gegenwart des göttlichen Geistes im Herzen des Menschen vom Vollzug eines Sakraments abhängig machen.»1

Das aber, was im eigenen Leben an Geist, an Gottesnähe erfahren wird, findet einen besonderen, zeichenhaft-wirksamen Ausdruck im sakramentalen Geschehen. Wer das Sakrament feiert, bejaht und aktualisiert das göttliche Beziehungsangebot. Wie sich die sakramentale Gnade im Leben der Einzelnen dann auch zeigen und auswirken mag, theologisch gesprochen, wie der objektive Glaube der Kirche subjektiv angeeignet wird: Das Sakrament muss eine existenzielle Relevanz für das eigene Leben haben. Fehlt, mit anderen Worten, eine Glaubenszustimmung gänzlich und grundsätzlich (abgesehen natürlich von besonderen Fällen wie beispielsweise bei Täuflingen, bei denen Eltern und Paten den Glauben stellvertretend bekennen), macht sein Empfang keinen Sinn.

Das Sakrament als Ritual

Ritualtheoretisch wie theologisch gesehen ist das Sakrament, wie jede liturgische Feier, ein Ritual.2 Als solches unterliegt es entsprechenden Gesetzmässigkeiten. Eine aktive Beteiligung beispielsweise hängt davon ab, ob die Teilnehmenden die Bedeutung des Rituals verstehen und daran teilnehmen wollen. Zu einem Ritual gehört weiter, dass es vorgegeben ist. Im Falle des Sakraments gibt die Kirche dieses vor, in der glaubenden Überzeugung, dass Gott selbst in ihm handelt. Das Ritual gibt dem Heilshandeln Gottes in sinnenfälliger Weise Gestalt und ermöglicht eine persönliche Aneignung durch die Mitfeiernden, sinnlich und leiblich vermittelt.

Das Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils war es, Liturgie so zu gestalten, dass die Texte und Riten für «das Heilige, dem sie als Zeichen dienen» möglichst leicht erfasst werden, damit eine volle und tätige Teilnahme möglich wird (SC 21). Auch die sakramentalen Zeichen sollen leicht verstanden werden können, damit eine Hingabe möglich ist, die das christliche Leben nähren kann (vgl. SC 59).

Für die Mitfeiernden, seien sie nun kirchennah oder kirchenfern, hängt die Glaubwürdigkeit des Geschehens davon ab, ob es als sinnvoll oder aber als leer, trivial oder gar magisch verstanden wird. Sie hängt auch davon ab, ob die kirchlichen Verantwortlichen ihre Rituale selbst ernstnehmen und ob sie sie so gestalten, dass Partizipation möglich wird. Damit sind an die sakramentale Feier einige Anforderungen gestellt. Grundsätzlich aber stossen Rituale heute auf grosse Resonanz. Diese Chance gilt es zu nutzen.

Was befähigt zum rituellen Vollzug?

Sakramente sind «liturgische Symbolhandlungen als Vermittlung der Gegenwart Gottes»3. Ein Sakrament mit persönlichem, geistlichem Gewinn mitfeiern zu können, setzt voraus, dass man es versteht. Deshalb sind Katechese und Liturgie im Bereich des Sakramentalen eng miteinander verschränkt. Wird Sakramentenkatechese vom Vollzug her gedacht, treten die Zeichenhandlungen und Symbole ins Zentrum der katechetischen Arbeit. Katechese hat Symbolarbeit im eigentlichen Sinn zu leisten. Von daher lässt sich ein Verständnis für das Ritual bzw. die Feier ermöglichen und die Christusbeziehung stärken. Das bedeutet nicht unbedingt «mehr» Liturgie in der Vorbereitung – wenngleich liturgische Formen selbstverständlich dazugehören. Es bedeutet auch nicht, dass diakonische oder andere Elemente keine Berechtigung hätten. Aber ein entsprechender Fokus wirkt in theologischer, pastoralliturgischer und pädagogischer Hinsicht vielversprechend.

Beispiel Firmung

Was bei der Erstkommunion noch naheliegend erscheint, ist bei der Firmung nicht unbedingt der Fall. Firmkonzepte sind vielfältig, aber nicht selten macht es den Anschein, dass der Gottesdienst eher als «Anhang» zum Firmkurs verstanden wird. In den letzten Einheiten des Firmweges werden noch Beiträge der Firmlinge besprochen, Fürbitten und musikalische Beiträge vorbereitet. Dass die Firmandinnen und Firmanden sich oft nicht als Subjekte der Feier verstehen und mit den rituellen Vollzügen wenig anfangen können, liegt nicht einfach am «veralteten» Ritual der Kirche. Eine bewusste Hinführung sowie Gestaltung der Firmfeier machen ein Mitfeiern möglich.

In einem späteren Beitrag wird das Anliegen dieses Artikels am Beispiel der Firmung ausführlicher dargestellt werden.4

 

1 Herbert Vorgrimler: Sakramententheologie, Düsseldorf 31992, 144.

2 Vgl. Andreas Odenthal: Liturgie als Ritual. Theologische und psychoanalytische Überlegungen zu einer praktischen-theologischen Theorie des Gottesdienstes als Symbolgeschehen (Praktische Theologie heute 60), Stuttgart 2002.

3 Vgl. Vorgrimler aaO. 86.

4 Vgl. SKZ Nr. 52, November 2017.

Nicola Ottiger

Interviewpartnerin: Nicola Ottiger

Dr. Nicola Ottiger ist Dozentin für Dogmatik, Liturgiewissenschaft und Fundamentaltheologie am Religionspädagogischen Institut RPI der Theologischen Fakultät der Universität Luzern.