«Klosteranlagen sind höchst raumrelevant»

Wie wird ein Kloster genutzt? Welche Funktion nimmt es im Raum ein? Die Raumplanerin Susanna Etter beschäftigt sich mit solchen Fragen und sieht dringenden Handlungsbedarf bei der Entwicklung der Klosterlandschaft Schweiz.

Susanna Etter studierte an der ETH Zürich Umweltnaturwissenschaften und absolvierte einen Nachdiplomstudiengang in Raumplanung. Sie arbeitet als Raumplanerin beim Kanton Zug und ist im Vorstand des Vereins Kloster-Leben. (Bild: zvg)

 

SKZ: Frau Etter, Sie haben im Rahmen eines Nachdiplomstudienganges eine Masterarbeit zu «Klosterlandschaft Innerschweiz» geschrieben. Was waren Ihre wichtigsten Erkenntnisse?
Susanna Etter: Ich war fasziniert von dem, was alles zu einem Kloster gehört. Wie viele Disziplinen von Religion und Theologie über Landwirtschaft, Gartenbau, Bildung, Kunsthandwerk bis hin zu Seelsorge sich in einem Kloster bündeln. Da die Klöster so viele Disziplinen an einem Ort vereinen, ist ihre zukünftige Entwicklung eine komplexe, anspruchsvolle und zeitaufwändige Aufgabe. Bis anhin waren die Klöster raumplanerisch auf der Landkarte weisse Flecken. Meine Beschäftigung mit den Klöstern der Innerschweiz zeigte mir, dass die Klosteranlagen höchst raumrelevant sind und es deshalb im Blick auf ihre Entwicklung auch eine Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand braucht. Die wichtigste Erkenntnis war, dass im Blick auf die Entwicklung der Klosterlandschaft Innerschweiz ein dringender Handlungsbedarf besteht. Und hier ist zuerst eine Bewusstseinsbildung und damit eine Würdigung dieser besonderen Landschaft notwendig. Gleichzeitig braucht es auch dringend handfeste Nutzungskonzepte für die Klosteranlagen oder einzelne Teile davon.

Sie sprachen vorhin davon, dass Klöster raumrelevant sind. Wie blicken Sie als Raumplanerin auf die Klöster?
Raumplanung ist sehr vielseitig. Dabei müssen die verschiedenen raumwirksamen Tätigkeiten aufeinander abgestimmt und koordiniert werden. Für Raumplanerinnen und Raumplaner stehen die Bedürfnisse der Gesellschaft, der Natur und der Wirtschaft im Zentrum. Als Raumplanerin interessiert mich u. a. die Nutzung eines Klosters und dessen Funktion im Raum. Im Vergleich dazu liegt beim Denkmalschutz der Fokus auf dem Gebäude selbst. Mir geht es um den Inhalt. Was passiert im Gebäude? Was findet statt? Was lebt da? Und welche Wirkung hat dies auf die Umgebung, auf die Gesellschaft? Gibt es für die Öffentlichkeit einen Zugang oder nicht? Früher waren die Klöster ein Teil der Gesellschaft, heute sind sie eher eine Randerscheinung. Aus raumplanerischer Sicht ist es mir ein Anliegen, dass die Klöster wieder ein lebendiger Teil des Raumes werden. Meine Sorge ist, dass im Zuge von Nach- oder Umnutzungen Klöster privatisiert und beispielsweise zu einer Renditeimmobilie werden oder diese einem einzigen Zweck zugeführt werden, der die Vielfalt nicht würdigt. Mein Wunsch ist, dass der Klosterlandschaft als bedeutendes Kulturerbe Sorge getragen wird und Klosteranlagen als Ganzes ursprungsnah verstanden und weitergeführt werden.

Diesen Wunsch teilen wohl viele. Wie kann eine Weiterführung gelingen?
Ich spreche in Analogie zu Industriebrachen von Klosterbrachen. Bei der Industriebrache ist eine Weiterentwicklung einfacher als bei Klöstern. Klostergebäude sind oft denkmalgeschützt. Ich begegne einem Kloster mit Ehrfurcht. Bei der Frage nach einer sinnvollen Nachnutzung eines Klosters braucht es einen holistischen Blick. Das Kloster ist ganzheitlich zu erfassen und zu verstehen. Die Weiterführung der Anlage ist von ganz unten her zu entwickeln, bis sich die zukünftige Nutzung abzeichnet. Dabei ist es nötig, dass alle betroffenen Disziplinen mit am Gesprächstisch sind. 

Sie sind im Vorstand des Vereins «Kloster-Leben».1 Welches sind die Ziele des Vereins?
Mir gefällt der Satz auf unserem Prospekt: «Klöster prägen unsere Landschaft. Als Orte unserer geschichtlichen Erinnerung und Identität sind sie jetzt schon Teil des Christentums von morgen.» Wir wollen, dass das klösterliche Erbe als Teil unserer Kultur und Identität erhalten bleibt. Aus diesem Grund setzen wir uns für sinnvolle Teil-, Um- und Nachnutzungen der Klostergebäude und eine Weiterentwicklung der Klosterlandschaft Schweiz ein.

Interview: Maria Hässig
 

 

1 Mehr zum Verein «Kloster-Leben» und seinen Tätigkeiten unter: www.kloster-leben.ch

 

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