Die Klosterlandschaft in der Schweiz verändert sich. Wegen fehlender Neueintritte werden nicht wenige klösterliche Gemeinschaften kleiner und älter. Viele von ihnen befinden sich in einem grundlegenden Übergang. Für die verbleibenden Mitglieder werden Lösungen gesucht, damit der Lebensabend würdig und berufungsgemäss gestaltet werden kann. Auch für die zurückbleibenden Vermögenswerte müssen Entscheide getroffen werden. Dabei stellt sich schnell auch die Frage der künftigen Rechtsform der Klöster.
Bestehende Rechtsformen
Die Klöster in der Schweiz bestehen in unterschiedlichen Rechtsformen. Das hängt nicht zuletzt mit der föderalen Rechtsstruktur der Schweiz zusammen. Kirchenrechtlich ist die Rechtsform durch die Gründung bzw. die eigenen Statuten und Konstitutionen der Klöster gegeben.
Nach schweizerischem Privatrecht existieren allerdings juristische Personen nur in den Formen, die vom Privatrecht her selber vorgesehen sind. Kirchenrechtliche Rechtsgrössen kommen dabei nicht vor. Viele Klöster organisieren sich daher in der Schweiz in privatrechtlichen Formen nach schweizerischem Recht, meist in Vereinen nach Art. 60ff. ZGB. Das ZGB kennt allerdings für kirchliche Körperschaften und Anstalten einen Vorbehalt zugunsten des öffentlichen Rechts des Bundes und der Kantone (vgl. Art. 59 Abs. 1 ZGB). Daher gibt es einige Kantone, welche Klöster als kirchliche Körperschaften anerkennen. Meist handelt es sich dabei um Klöster, die bereits bei der Einführung des ZGB bestanden und die in den altrechtlichen Formen weiterhin existieren. Solche Situationen finden sich in je unterschiedlicher Form beispielsweise in den Kantonen Schwyz, Appenzell Innerrhoden oder Tessin. In diesen Fällen handelt das Kloster nach den eigenen kirchenrechtlichen Statuten, was im weltlichen Rechtsverkehr akzeptiert wird. Parallel zur Rechtsform des Klosters selber finden sich häufig Stiftungen zur Unterstützung des Klosters, Vereine von Freundeskreisen oder Gesellschaften (meist AG oder GmbH) für klostereigene Betriebe.
Unterschiedliche Ausgangslage
Bei Klöstern im Übergang stellen sich Fragen zur Rechtsform in verschiedenen Konstellationen. Bei zentral organisierten Ordensgemeinschaften geht es oft um die Schliessung von einzelnen Werken oder Niederlassungen. Wenn die Güter in diesem Fall voll in der Hoheit der Ordensgemeinschaft bleiben sollen, dann werden sie entweder in die bestehende Rechtsform der Ordensgemeinschaft integriert (sofern sie nicht bereits in deren Eigentum sind) oder es wird eine vollständig von der Ordensgemeinschaft kontrollierte private Rechtsgrösse (meist Verein oder Stiftung) geschaffen. Dies kann auch im Hinblick auf eine spätere Integration von Externen in die Organe dieser Rechtsgrösse und somit einem schrittweisen Übergang weg von der Ordensgemeinschaft geschehen. Bei den zentral organisierten Ordensgemeinschaften stellt sich gelegentlich auch die Situation, dass Provinzen zusammengelegt werden sollen, meist über die Landesgrenzen hinweg.
Betrifft der Übergang das letzte Haus einer zentral organisierten Ordensgemeinschaft oder ein rechtlich selbständiges Kloster, so besteht die Eigenheit, dass keine übergeordnete Instanz die Entscheide über die Güter treffen kann – sieht man einmal von der kirchenrechtlichen Norm ab, dass der Hl. Stuhl im Aufhebungsfall über den Verbleib der Güter entscheidet.1 Der Übergang stellt die rechtliche Existenz des Klosters überhaupt in Frage, die Frage der Rechtsform muss in jedem Fall geklärt werden.
Wahl der Rechtsform
Erfahrungsgemäss ist es ratsam, die Rechtsform entsprechend der geplanten inhaltlichen Entwicklung zu wählen und nicht umgekehrt. Es müssen zuerst die wichtigen Fragen beantwortet werden, was aus den verbleibenden Gütern, insbesondere den Klostergebäuden, werden soll. Wofür stand das Kloster, was hat es ausgemacht, was ist das geistliche Testament der Klostergemeinschaft? Welche inhaltlichen Visionen, Ideen und Ziele sind vorhanden? Was soll vermieden werden? Wer kann am ehesten dafür sorgen, dass die Ziele erreicht und die Gefahren vermieden werden? Gleichzeitig braucht es auch eine inhaltliche Betrachtung von anderer Seite: Was lässt sich aufgrund der aktuellen kirchlichen und gesellschaftlichen Situation und Entwicklung in absehbarer Zeit verwirklichen? Es wird nicht möglich sein, für alle Klosterliegenschaften unmittelbar neue geistliche Gemeinschaften zu finden oder sie in Bildungshäuser umzuwandeln. Und schliesslich beeinflussen auch die äusseren Bedingungen bzw. deren Veränderbarkeit die Möglichkeiten für den inhaltlichen weiteren Weg. Dabei ist insbesondere an die Lage, den Zustand der Gebäude, raumplanerische Aspekte bzw. die Frage der Zone, die historische Situation und den Denkmalschutz, den Umschwung oder die finanzielle Situation zu denken. Je nach Beantwortung der genannten inhaltlichen Fragen entscheidet sich grundsätzlich, ob überhaupt eine eigene Rechtsform gesucht werden oder ob das Kloster einem Dritten übergeben werden soll. Es kann beispielsweise eine angemessene Lösung sein, die Klostergebäude der öffentlichen Hand zu übergeben für eine öffentliche Nutzung im sozialen oder kulturellen Bereich.
Soll eine eigene Rechtsform gewählt werden, stehen grundsätzlich die Formen der Körperschaft oder der Anstalt zur Verfügung. Während eine Körperschaft eine Personenverbindung darstellt2, besteht eine Anstalt in Vermögen, das in Form einer Stiftung einem bestimmten Zweck gewidmet ist. Im Fall einer Körperschaft wird am häufigsten die Form des Vereins gewählt. Statuten und darin festgelegter Zweck können durch das oberste Vereinsorgan grundsätzlich geändert werden. Der Vorteil besteht in einer dynamischen Anpassungsmöglichkeit an veränderte Verhältnisse. Gleichzeitig ergibt sich eine kleinere Stabilität im Hinblick auf die ursprünglich intendierte Zielsetzung. Als Personenverbindung hat der Verein die Chance, grössere Personengruppen zu involvieren. Mit der grösseren Handlungsfreiheit des Vereins einher geht auch das Wegfallen einer Aufsichtsinstanz, welche die zweckgemässe Verwendung der Mittel kontrolliert. Eine solche Kontrollinstanz ist im Fall der Stiftung mit der Stiftungsaufsicht gegeben. Im Gegensatz zum Verein kann der einmal festgelegte Stiftungszweck nur sehr restriktiv geändert werden. Das gibt mehr Stabilität für die ursprüngliche Intention, hat aber den Nachteil, dass den sich über die Jahre verändernden Bedingungen weniger gut Rechnung getragen werden kann. Auf die Wahl des Stiftungszwecks muss daher besonderes Augenmerk gelegt werden. Ebenfalls wesentlich ist die Zusammensetzung des Stiftungsrats, der für die Stiftung handelt und den Stiftungszweck auslegt. Das stiftende Kloster tut gut daran, in der Stiftungsurkunde sorgfältig festzulegen, wer die Mitglieder des Stiftungsrates bestimmt.
Rechtliche Fragen beim Übergang
Es sei hier nur angetönt, dass sich bei der Gründung der neuen Rechtsform in mehreren Rechtsgebieten Problemstellungen eröffnen. Je nach Vorgang handelt es sich um eine Umwandlung nach Fusionsgesetz, eine Schenkung, einen Verkauf, was alles steuerliche Implikationen beinhaltet. Da bei vielen Klöstern landwirtschaftliche Grundstücke enthalten sind, oft eng verknüpft mit den Klostergebäuden selber, sind landwirtschaftsrechtliche Vorgaben zu beachten. Gemäss Bundesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) besteht ein Erwerbsverbot von landwirtschaftlichen Liegenschaften für nicht Selbstbewirtschafter, wobei das BGBB selber auch Ausnahmetatbestände kennt. Bei alten Rechtsformen stellt sich die Frage, wie diese im Hinblick auf grundlegende Veränderungen überhaupt am Rechtsverkehr teilnehmen können und ob sie ins Handelsregister eingetragen werden müssen / können. Kirchenrechtlich ist zu beachten, dass solche Vorgänge oft die Genehmigung von kirchlichen Instanzen brauchen.
Insgesamt gilt es, auf die Frage der rechtlichen Handlungsfähigkeit der Klöster frühzeitig zu achten. Gerade kleine Gemeinschaften mit hohem Altersdurchschnitt riskieren, die Handlungsfähigkeit zu verlieren, bevor die wesentlichen Entscheide getroffen wurden. Die Gemeinschaften brauchen in diesen herausfordernden Situationen genügend Zeit: für die Auseinandersetzung mit dem eigenen Älterwerden, dem beschwerlicheren täglichen Leben, mit der Endlichkeit der Gemeinschaft und für die Beantwortung der vielen anstehenden Zukunftsfragen. Eine sorgsame Begleitung, die nicht von eigenen Interessen irgendwelcher Art gleitet ist, bleibt den Gemeinschaften von Herzen zu wünschen.
Claudius Luterbacher-Maineri