Fermente lösen auch in kleinen Mengen chemische Reaktionen aus. Genauso werden religiöse Gemeinschaften weiterhin «anstössig» wirken, damit das Licht des Evangeliums auf Leuchtern steht. Klöster und religiöse Gemeinschaften sind fruchtbare Inseln im Territorium eines Bistums. Wie im weiten Meer Inseln retten können, so empfangen Klöster Menschen, die im Netzwerk der Pfarreien keinen Halt finden. Für manche wird eine dieser Inseln zur Schatzinsel. Das wird so bleiben. Für das, was war und sein wird, danke ich den Klöstern und religiösen Gemeinschaften stellvertretend für die Bistümer in der Schweiz. Frauen und Männer, die ihr Leben in den evangelischen Räten verankern, die ihr Leben ausrichten auf Gebet und Nächstenliebe, bleiben Vorbilder für alle, die Jesus Christus nachfolgen.
Eigenständig und vernetzt
Klöster und religiöse Gemeinschaften leben ihre spezifischen Charismen und ihre eigene Art, Kirche zu sein. Diese wertvollen Traditionen unterscheiden sich von pfarreilichem Leben und können nicht durch andere oder anderes ersetzt werden. Darin zeigen sich ihre Eigenständigkeit und ihre Originalität. Es gehört zu den Aufgaben der Bistümer, dafür Raum zu lassen, damit die Kultur dieser Gemeinschaften im Netzwerk der Kirche ihren Ort hat. Im Verhältnis Pfarrei – religiöse Gemeinschaften wird es wertschätzend-ergänzende und anstössig-provokative Beziehungen geben. Dies darf so sein.
Manche (neuere) religiöse Gemeinschaften wenden sich an Bistümer, um einen bischöflichen Auftrag für ihre Mission zu erhalten. Geht es dabei um einen Einsatz für die allgemeine Seelsorge, prüfen die Bischöfe, ob sich das Ordenscharisma entfalten kann und die Anschlussfähigkeit der örtlichen Situation dafür gegeben ist. Schwierig bleibt die Beauftragung von Gemeinschaften, die mit einem hohen Sendungsbewusstsein kirchliches Leben in richtig/falsch einteilen, die Menschen in ihren Kreis einbinden und nach aussen abschotten wollen oder die in ihrer Entwicklung noch zu wenig gefestigt sind. Manchmal dient eine begrenzte Probezeit, um gegenseitig die notwendige Klarheit zu erlangen. Meist wirken Klostergemeinschaften schon mit ihrem Anwesen stabil und verlässlich. Wer regelmässig kommt, weiss, was erwartet werden darf. Das gilt für die gepflegte Liturgie, für die Gastfreundschaft, für die Klosterkultur. Manche schätzen, dass man ohne Verpflichtungen hingehen kann. Einfach-da-Sein ist Charakteristikum. Viele Freiwillige arbeiten für und mit einer Klostergemeinschaft. Es entstehen schöne Beziehungen zwischen «geistlichen» und «weltlichen» Christinnen und Christen, ein neues Füreinander-da-Sein.
In Zukunft vielfältiger
Die meisten Klöster und religiösen Gemeinschaften sind kleiner geworden. Sie geben Werke und Standorte ab. Die Verantwortlichen für Orden und religiöse Gemeinschaften in den bischöflichen Ordinariaten begleiten auf Anfrage die Gemeinschaften in diesen Prozessen mit grosser Sorgfalt und hohem Respekt vor dem «geistlichen Testament» und den materiellen Gütern. Sie achten auf die menschliche Seite im Altwerden und in Abschieden. Sie beraten bei der Suche nach der richtigen zukünftigen Trägerschaft oder der Nachnutzung der Gebäulichkeiten. Dankbarkeit für das Gewesene und Freude auf das Kommende begleiten diese Prozesse.
Das Leben in Klostermauern wird vielfältiger werden. Neben den traditionellen Klostergemeinschaften werden Klosteranlagen neu belebt durch Projekte gemischten Wohnens, diakonisch-sozialer Einrichtungen, ökologisch-nachhaltiger Landwirtschaft, Gemeinschaften anderer Konfessionen, touristischer Nutzung. In vielen dieser Projekte ehrt und vergegenwärtigt man den Geist des Ursprungs. Klosteranlagen bleiben Orte der Verkündigung, die nicht verborgen bleiben. Darum wissen die Bistümer. Dafür sind sie dankbar. Dazu tragen sie Sorge.
Markus Thürig