Keine Indienstnahme ohne liturgische Feier

Priesterweihen und Feiern der Institutio resp. Missio sind aufwendig gestaltete Gottesdienste, die den Gläubigen zeigen: Hier beginnt jemand seinen Dienst in der Kirche. Beauftragungsfeiern für andere Dienste sind selten.

Erst die neue Sicht des Konzils auf die Laien machte den Einsatz von Pastoralassistenten möglich. Im Bild Bischof Felix Gmür während der Feier der Institutio in Zug im Jahr 2015. (Bild: Castor Huser)

Obwohl die katholische Kirche in der Schweiz in diesem Jahr den 20. «Geburtstag» ihres Kirchengesangbuchs (KG) feiern kann, stecken in diesem Buch immer noch nicht realisierte, wertvolle Anregungen. Dazu gehört Nr. 657: «Die Beauftragung zu den besonderen Diensten in der Gemeinde» – ein Vorschlag für die liturgische Gestaltung einer Einführung in einen besonderen Dienst des Gemeindelebens. Auch wenn noch nicht rezipiert, liegt damit seit vielen Jahren in einem offiziellen, im Auftrag der Deutschschweizer Bischöfe herausgegebenen liturgischen Buch die Empfehlung der gottesdienstlichen Gestaltung der Beauftragung zu einem besonderen Dienst im Ehrenamt vor. Untermauert hat die Schweizer Bischofskonferenz diese Empfehlung im Jahr 2000 im Pastoralschreiben «Leitlinien zur Ausbildung und Beauftragung zu ehren-/nebenamtlichen liturgischen Laiendiensten»1.

Eine uralte und sinnvolle Tradition

Historische Quellen bezeugen, dass es guter Brauch der Kirche war, gemeinsam für die zu beten, die für die Gemeinde einen besonderen Dienst übernahmen. Dass allmählich sowohl die Indienstnahme in einer entsprechenden Segensfeier wie auch die Dienste selbst aus der kirchlichen Praxis verschwanden, hatte seinen Grund in der Fehlentwicklung eines priesterzentrierten Verständnisses von Liturgie und Kirche. Dienste und Aufgaben von Nichtpriestern wurden immer weniger geschätzt.

Nach vielen Jahrhunderten hat die Liturgiereform während und in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils die Bedeutung der liturgischen Dienste wiederentdeckt. Es kann gesagt werden, dass die Vielfalt der liturgischen Dienste eine der sichtbarsten Früchte der nachkonziliaren Liturgie- reform ist. So betonen heute nicht nur die liturgischen Bücher die Bedeutung des Lektors, des Kantors, des Akolythen, der Ministranten usw., sondern in fast allen Gemeinden der Schweiz ist die Mitwirkung von Lektoren und Kommunion- helfern in den Gottesdiensten selbstverständlich. Eine gottesdienstliche Feier zur Übernahme des entsprechenden Dienstes ist allerdings (noch) sehr selten.2 In der Regel sind Lektoren und Kommunionhelfer einfach da, wenn sie den Dienst zum ersten Mal übernehmen.

Historische, aber vielmehr theologische und pastorale Gründe sprechen dafür, dass es für alle liturgischen Aufgaben wie z. B. Lektoren, Kommunionhelfer, Kantoren, Ministranten, Leiter von Wort-Gottes-Feiern und Beerdigungsleiter keine Indienstnahme geben soll ohne gottesdienstliche Beauftragung.3

Gründe für eine liturgische Indienstnahme

Zunächst einmal ist eine gottesdienstliche Feier zur Indienstnahme die Möglichkeit, Dank zu sagen, dass Männer und Frauen bereit sind, diesen Dienst zu übernehmen in Zeiten, in denen kirchliches Engagement nicht selbstverständlich ist: einerseits den Kandidaten gegenüber, andererseits und vor allem Gott gegenüber.

Weiter erinnert eine gottesdienstliche Feier der Gemeinde an die Wichtigkeit des jeweiligen Dienstes für die Gemeinde. Das Verlesen einer eventuell vorliegenden bischöflichen Beauftragung4 macht die kirchliche Bedeutung dieser Dienste auf besondere Weise bewusst. Durch eine liturgische Feier wird auch deutlich, dass die jeweilige Beauftragung kein rein administrativer Akt ist, bei dem einfach die Unterschrift des Bischofs oder seines Stellvertreters unter eine Urkunde genügt. Die Verkündigung des Wortes Gottes, das Weiterreichen der Eucharistie innerhalb und ausserhalb der Messe, die Sorge der Ministranten für einen guten Ablauf und eine festliche Atmosphäre, die Leitung eines Gottesdienstes in besonderen Situationen, der Gesang von Psalmen und anderen gottesdienstlichen Gesängen, die Gestaltung eines Gebets für Verstorbene usw. – das alles ist so wichtig und auch anspruchsvoll, dass die Gemeinde für die beten soll, die diese Aufgaben übernehmen.
Schliesslich tritt nicht zuletzt durch solche Feiern ins Bewusstsein der Gemeinde, dass Trägerin des Gottesdienstes die ganze versammelte Gemeinde ist und dass viele Dienste nötig sind, damit ein Gottesdienst in rechter Weise gefeiert werden kann. Bei der konkreten Gestaltung muss selbstverständlich sorgfältig darauf geachtet werden, dass tatsächlich die Indienstnahme und die Bedeutung des Dienstes für die Gemeinde im Mittelpunkt stehen und nicht die Kandidaten, die den Dienst übernehmen.

Aufbau einer gottesdienstlichen Beauftragung

Der Aufbau einer gottesdienstlichen Beauftragung, sowohl für die bisherigen liturgischen Dienste wie Lektoren, Kantoren und Kommunionhelfer als auch für neue Dienste wie Beerdigungsleiter oder Leiter von Wort-Gottes-Feiern5, ergibt sich aus den eben genannten inhaltlichen Überlegungen. Sie kann dem unter KG 657 skizzierten Modell folgen und sollte im Rahmen des sonntäglichen Gemeindegottesdienstes, idealerweise einer Eucharistiefeier, geschehen. Die wesentlichen Elemente sind:

  1. Die Vorstellung der Kandidaten
  2. Gegebenenfalls die Verlesung eines Ernennungsschreibens
  3. Die Bereitschaftserklärung der Kandidaten
  4. Die Übergabe eines Zeichens
  5. Ein Segensgebet und Aufnahme in die Fürbitten

Zusätzlich ist es sinnvoll, dass in der Homilie bzw. Predigt vor der Beauftragung auf die Bedeutung des Dienstes für die Gemeinde eingegangen wird.
Gut überlegt werden muss Punkt 4: Welches Zeichen wird für welchen Dienst übergeben? Beim Lektorendienst wird dies die Bibel sein. Bei Ministranten kann dies ein Umhängekreuz sein, das zum Dienst getragen wird. Das Anlegen eines weissen Gewands (Tunika oder Albe) ist es eher nicht. Denn dieses ist eigentlich eine Erinnerung an die Taufe und damit ein Zeichen für die Würde, die grundsätzlich zu einem Dienst befähigt, nicht aber für den Dienst selbst. Es wird an anderer Stelle diskutiert werden müssen, welche Zeichenhandlungen für Beauftragungsfeiern z. B. von Kantoren, Leitern von Trauergebeten, Leitern von Wort-Gottes-Feiern und Beerdigungsleitern angemessen sind. Auf jeden Fall soll das Zeichen dem Beauftragten und der Gemeinde die Bedeutung des jeweiligen Dienstes deutlich machen.

KG 657 macht Vorschläge für ein allgemeines Segensgebet und für jeweils ein Gebet für die Beauftragung von Lektoren und Kommunionhelfern. Hier ist es wünschenswert, dass in der Praxis das Segensgebet dem jeweiligen Dienst entsprechend formuliert wird.

Die Vorlage im KG bietet eine gute Orientierung, lässt aber gleichzeitig viel Freiraum für die konkrete Gestaltung einer Beauftragungsfeier. Deshalb ist deren sorgfältige Vorbereitung mit den entsprechenden Zeichen und Texten anspruchsvoll. Dennoch ist zu hoffen, dass die wachsende Bedeutung der ehrenamtlichen (liturgischen) Dienste in der Kirche auch mehr und mehr zu einer liturgischen Beauftragungspraxis in den Gemeinden führt, die wiederum die Bedeutung der Dienste deutlich macht.


Martin Conrad

1 Leitlinien zur Ausbildung und Beauftragung zu ehren-/nebenamtlichen liturgischen Laiendiensten. Pastoralschreiben der Schweizer Bischofs-   konferenz, März 2000 (hier: 4. Einführung und Segnung der Beauftragten).
2 Eine Ausnahme bilden die dauerhaften Beauftragungen zu Lektorat und Akolythat, wie sie im Pontifikale vorgesehen sind. Diese haben aber im Leben der Gemeinden kaum Bedeutung, weil Frauen davon ausgeschlossen sind. Auf die Problematik des Nebeneinanders von zwei «Arten» von Lektoren und Helfern bei der Kommunion kann hier aus Platzmangel nicht eingegangen werden.
3 Dies gilt idealerweise auch für die Übernahme nichtliturgischer besonderer Dienste in der Gemeinde wie das Engagement in Kirchenpflege, Pfarrkirchenstiftung, Pfarreirat usw.
4 Eine solche ist gemäss den «Leitlinien zur Ausbildung und Beauftragung» 3. a), c) und e) «in der Regel» vorgesehen bei der Übernahme des Lektoren- oder Kommunionhelferdienstes und «in ausserordentlichen Situationen» für die Leitung von sonntäglichen Wort-Gottes-Feiern.
5 Oder auch für Dienste, die in anderen Ländern selbstverständlich sind, in der Schweiz aber noch entdeckt werden müssen, wie der Begrüssungsdienst an der Kirchentür (vgl. den Dienst der «Greeter» in den englischsprachigen Ländern).


Martin Conrad

Lic. theol. Martin Conrad (Jg. 1968) ist Mitarbeiter am Liturgischen Institut der deutschsprachigen Schweiz und dort u. a. verantwortlich für die Ausbildung von Lektoren und Kommunionhelfern.

 

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