Katechese im Bistum Chur

Das Gespräch über den Glauben prägt die Katechese und die Beziehungen in ihr. «Du bist also Religionslehrer?», fragt mich Jonah auf dem Campingplatz. «Und, glaubst du an Gott? Wie stellst du ihn dir vor?» Ich sprach über die Gottesbilder der Bibel und sagte ihm, dass mir die Bezeichnung «Gott ist die Liebe» besonders wichtig sei. «Das mit der Liebe», sagte Jonah darauf, «das gefällt mir auch.»

Der dreizehnjährige Jonah stammt aus einer «normalen», kirchenfernen Familie, aber er weiss – auch dank dem Religionsunterricht – etwas über Gott und die Bibel. Religiöse Erziehung und kirchliche Praxis kennen viele Kinder heute nicht mehr aus eigener Erfahrung. Säkularisierung und Individualisierung bestimmen auch die religiösen Vorstellungen. So klaffen die Erwartungen an die Katechese heute weit auseinander, während deren Bedingungen sich im stetigen Wandel befinden.

Religiöse und kulturelle Vielfalt

Im Bistum Chur treffen wir dazu sehr unterschiedliche pastorale Voraussetzungen an: Sieben Kantone mit je eigenen Schulgesetzen und kirchlichen Trägerschaften; drei offizielle Sprachen; Stadt-, Land- und Bergregionen, Diaspora und traditionell katholische Gebiete. Dies alles erschwert eine einheitliche und zentral gesteuerte Katechese. Die Diözesane Katechetische Kommission des Bistums Chur organisiert Weiterbildungsangebote, bespricht die Situation der Katechese, bereitet sich auf die Konferenzen des Netzwerks Katechese vor und stellt ihren Mitgliedern selbst erarbeitetes Material zur Verfügung. Auffallend ist dabei die zunehmende Herausforderung mit der kulturellen Vielfalt im Unterricht wie in der Hinführung zu den Sakramenten: eine Heterogenität, die vielerorts nicht nur die Adressaten, sondern auch das Kirchenpersonal betrifft. Ein Beispiel: ein aus Indien stammender Priester unterrichtet auf Deutsch portugiesische Kinder in einer romanisch sprechenden Schule.

Auf den gesellschaftlichen Wandel hat die DOK 2009 mit dem «Leitbild Katechese im Kulturwandel» und mit der harmonisierten Ausbildung (ForModula) für Katechese und Jugendarbeit geantwortet. Die Umsetzung des Leitbildes in die pastorale Praxis ist im Gang. Aktuell ist die neue Ausrichtung des Religionsunterrichtes, die mit der Einführung von kompetenzorientierten Lehrplänen umgesetzt werden soll. Dabei stützen sich viele Kantone auf den neuen Lehrplan LeRUKa vom Netzwerk Katechese.

Das Bedürfnis nach Halt und Orientierung nimmt gemäss verschiedener Untersuchungen zu und die Kirche muss sich heute neben anderen Religionen und Sinnangeboten behaupten. Dank einer zeitgemässen Katechese können Kinder und Erwachsene über Dinge sprechen, über die sonst nirgends gesprochen wird. Wenn dies gelingt, bleiben solche Gespräche, wie mit dem jungen Jonah auf dem Campingplatz keine Ausnahme. Katechese ist auch eine Beziehungsfrage und lässt sich als solche kaum von einem Zentrum aus steuern. Deshalb ist es wichtig, den katechetisch tätigen Frauen und Männern vor Ort die nötige Unterstützung zu geben. Sie sind gerade in den Augen der Kinder oft die ersten, fassbaren Zeugen des Glaubens und Lehrer der christlichen Botschaft.

 

 

 

Paolo Capelli

Dipl. theol. Paolo Capelli ist Präsident der Diözesanen Katechetischen Kommission des Bistums Chur (DKK) und leitet das Katechetische Zentrum Graubünden in Chur.