In memoriam Bischof Amédée Grab

Am 19. Mai verstarb der emeritierte Bischof von Chur. Zeitlebens ein Grenzgänger, überwand er Sprach- und Kantonsgrenzen, er überwand aber auch kirchenpolitische Grenzen.

Amadée Grab. (Bild: Eddy Risch/Keystone)

 

Am 3. Februar 1930 im deutschsprachigen Zürich als Antoine-Marie Grab geboren, wuchs er im französischsprachigen Genf auf. Das Gymnasium begann er in Genf, schloss es aber in Einsiedeln ab, wo er 1949 ins Noviziat der Benediktiner eintrat und bei seiner Profess den Ordensnamen Amédée erhielt. Es folgte das Philosophie- und Theologiestudium an der hauseigenen Hochschule. Nach seiner Priesterweihe 1953 wirkte er zunächst als Lehrer in Einsiedeln, dann ab 1958 am Collegio Papio in Ascona TI. Hier schienen seine sprachlichen Fähigkeiten auf, die ihm später nicht nur als Bischof zugute kamen, sondern auch in seinen verschiedenen Tätigkeiten in der Weltkirche. Diese Fähigkeiten schienen auch seinen Ordensoberen aufgefallen zu sein, schickten sie ihn doch zu einem Zweitstudium der romanischen Philologie nach Freiburg i. Ue. 1978 kehrte er von Ascona nach Einsiedeln zurück, wo er bis 1983 weiter als Lehrer wirkte.

Starkes Interesse an der Pastoral

Schon in seiner Zeit als Lehrer nahm er an verschiedenen pastoralen Prozessen teil. So als Moderator an der Synode 72 des Bistums Lugano sowie als Exekutiv-Präsident der interdiözesanen Pastoralforen von Einsiedeln (1978) und Lugano (1981). Es überraschte deshalb nicht, als er 1999 als Bischof von Chur eine Veranstaltung der «Tagsatzung der Bündner Katholikinnen und Katholiken» besuchte – eine mehrjährige Veranstaltung, die von seinem Vorgänger Bischof Wolfgang Haas nie anerkannt wurde. Dies brachte ihm viele Sympathien ein.

Bischof in herausfordernden Situationen

1983 änderte sich sein Leben durch die Wahl zum Sekretär der Schweizer Bischofskonferenz. Hier konnte er seine sprachlichen Fähigkeiten zeigen und die Mitteilungen jeweils gleich in drei der vier Landessprachen bekannt geben. Bereits 1987 wurde er Weihbischof im Bistum Lausanne, Genf und Freiburg mit Sitz in Genf. Er war damit der erste katholische Bischof in Genf seit der Reformation. 1995 folgte er auf Bischof Pierre Mamie als Diözesanbischof. Er erwies sich mit seiner ruhigen, überlegten und diplomatischen Art als guter Vermittler zwischen den Konfessionen und den staatlichen Gremien. Vielleicht war es gerade diese Fähigkeit, die dazu führte, dass er 1998 zum Bischof des Bistums Chur gewählt wurde. Nach dem Weggang von Bischof Wolfgang Haas herrschte dort eine unruhige Stimmung und man hoffte auf eine Person, die vermitteln und beruhigen konnte. In seiner Amtszeit konnte er in vielen Begegnungen und durch kluge Entscheide viel zu einer Beruhigung der Situation beitragen. Konflikte, die tiefere Ursachen hatten, konnte aber auch er nicht beenden.

Auch in der Kirche Europas geschätzt

Sein diplomatisches und sprachliches Geschick blieb im Ausland nicht verborgen. Während seiner Zeit als Präsident der Schweizer Bischofskonferenz (1998–2006) wurde er zum Präsidenten des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen gewählt (2001–2006). Zudem war er Moderator der deutschsprachigen Arbeitsgruppe der Weltbischofssynode 2005 «Die Eucharistie: Quelle und Höhepunkt des Lebens und der Sendung der Kirche».

Nach seinem Rücktritt als Diözesanbischof 2007 lebte er im Priesterseminar St. Luzi, wo er rege am Alltagsleben der Professoren, Seminaristen und Studierenden teilnahm. Auch spendete er weiterhin an vielen Orten das Firmsakrament und übernahm gerne Aushilfen. 2017 wechselte er in das italienischsprachige Roveredo GR, wo er am 19. Mai verstarb. Mit Bischof Amédée Grab verliert die Kirche eine grosse Persönlichkeit.

SKZ