Gemeinsam auf dem Weg sein

Religionspädagogen sind in der Pfarreiarbeit nicht mehr wegzudenken. Aus den früheren Katecheten wurden Allrounder mit vielfältigen Einsatzgebieten. Eine davon ist Alexandra Rietiker-Frei.

Alexandra Rietiker-Frei (Jg. 1986) arbeitet seit 2012 als Religionspädagogin in der Pfarrei St. Marien in Winterthur. (Bild: Benjamin Dieckmann)

 

Irgendwie war der Weg zur Religionspädagogin bei Alexandra Rietiker-Frei vorgezeichnet, auch wenn es ihr zunächst nicht klar war. Ihre Mutter beteiligte sich aktiv im Pfarreirat und so war auch Rietiker-Frei in der Pfarrei gut beheimatet. Sie erlebte die Pfarreiverantwortlichen als tolle Menschen, die ihr geduldig jede Woche ihre Fragen beantworteten, die sie beim Ministrieren in die Sakristei mitnahm. Der Firmkurs 17+ war für sie ein einschneidendes Erlebnis. «Er war so positiv, so lebensbejahend», erinnert sie sich. «Und ich habe mir gedacht: Ich möchte auch mit Jugendlichen zusammenarbeiten.» Der Firmverantwortliche gab ihr diese Chance und bot ihr ein Engagement als freiwillige Firmbegleiterin an. Irgendwann legte er ihr einen Flyer des Religionspädagogischen Instituts RPI hin und meinte, das wäre vielleicht etwas für sie. «Ich bin an diesen Infotag gegangen und es hat gleich Klick gemacht», erzählt sie mit einem breiten Lachen. Sie meldete sich sofort an und begann im folgenden Sommer die Ausbildung in Luzern.

Erste Erfahrungen

Begeistert war Rietiker-Frei von der breiten Angebotspalette des RPI, die vom Religionsunterricht über Sakramentenkatechese bis Jugend- arbeit reicht. «Da sind so viele verschiedene Be- reiche, da muss man sich irgendwie gar nicht entscheiden.» Für sie war jedoch klar, dass es in Richtung Jugendarbeit gehen soll. Mit Jugendlichen auf dem Weg sein, spüren, wo sie stehen, mit ihnen weitergehen. Im Rahmen der Ausbildung hatte sie Gelegenheit, die offene Jugendarbeit kennenzulernen und merkte schnell, dass diese nichts für sie ist. Die Arbeitszeiten entsprachen nicht ihrem gewohnten Tagesrhythmus und was noch wichtiger war: Der offene Jugendtreff wurde zwar von vielen Jugendlichen besucht, es entstanden aber keine richtigen Beziehungen. «Mir wurde klar, dass mir distanzierte Beziehungen nicht liegen», erinnert sie sich. Für sie ist der persönliche Kontakt wichtig.

Beziehungen pflegen

Diesen persönlichen Kontakt pflegt sie in ihrer aktuellen Anstellung besonders zu den Leiterinnen vom Blauring. Das sei fast ihre Lieblingsaufgabe, meint sie mit einem verschmitzten Lächeln. «Im Blauring sind nur Frauen, das gefällt mir. Und die Leiterinnen sind hoch motiviert.» Rietiker-Frei steckt nicht nur viel Herzblut, sondern auch viel Zeit in die Aufgabe als Präses. Jede Woche ist sie am Leiterinnenhöck anzutreffen und sie nimmt an möglichst vielen Aktivitäten des Blaurings teil. Die Gespräche mit den Mädchen und jungen Frauen entstehen am Lagerfeuer, beim Sitzen auf der Wiese oder am Höck von ganz alleine. Auch tiefgründige Gespräche über den Glauben.

Persönlichen Kontakt braucht es auch in ihrer zweiten Aufgabe: der Begleitung der RPI-Studentin während der beiden Aufbaujahre. Im Gespräch tauschen sie sich darüber aus, wie es der Studentin geht, wo sie Lust und Frust erlebt. Das Coaching ist intensiv, da für die Studentin alles neu ist. Sie muss sich in einer grossen Pfarrei zurechtfinden, zahlreiche Teammitglieder kennenlernen und die Spannung aushalten lernen zwischen dem, wie es gemäss Studium sein sollte und wie es vor Ort tatsächlich ist.
Rietiker-Frei kann sich noch gut daran erinnern, wie es ihr im Aufbaustudium ging. Wie sie in die Pfarrei kam und merkte, dass hier einiges anders läuft, als sie es im Studium gelernt hatte. «Es war ein ziemlicher Spagat, den ich machen musste.» Sie schrieb damals eine Checkliste mit Dingen, die sie anders machen würde, wenn sie einmal die Verantwortung für einen Teilbereich haben würde. Und sie hoffte darauf, dass dann auch die anderen im Team einen gleichen oder ähnlichen Ansatz verfolgen würden.
Persönlicher Kontakt war ebenso gefragt, als sie das Katecheseteam leitete. Sie liebte es, Angebote zu schaffen, Weiterbildungen oder eine Retraite vorzubereiten, Teamanlässe zu organisieren, damit man gut miteinander unterwegs war. Nach der Geburt ihres Kindes reduzierte sie ihr Pensum und musste diese Aufgabe leider abgeben.

Anhaltende Freude

Zurzeit ist Rietiker-Frei auch an der Erstkommunionvorbereitung beteiligt. Hier erlebt sie, dass Kinder nur noch wenig Glaubenswissen mitbringen. Damit der Lebensweltbezug gegeben ist, versuchte sie, die Eltern miteinzubeziehen. Dies scheiterte an der fehlenden Zeit oder dem fehlenden Interesse der Erwachsenen. Sie ist deshalb glücklich, wenn wenigstens die Kinder verstehen, um was es an der Erstkommunion geht.
Gespannt ist sie auf den neuen LeRUKa1. Dieser gehe mehr in die Tiefe, weniger in die Breite. «In dieser säkularisierten Welt, in der wir leben, empfinde ich das als Gewinn.»

Würde sie den Beruf der Religionspädagogin weiterempfehlen? Ihre Antwort ist ein klares Ja. Der Beruf bringe viel Freude durch die Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen. Wenn man offen für andere Menschen und Meinungen sei, erlebe man viele Sternstunden. Momente, wo man merkt, jetzt ist gerade etwas passiert. «Man darf singen, reden, basteln, feiern, schreiben, man darf das, was im Leben schon da ist, zusammen feiern», schwärmt sie. Auch das vielfältige Berufsfeld ist für sie ein Grund, den Beruf weiterzuempfehlen. Er sei eine gute Basisausbildung und es gäbe viele Möglichkeiten, sich später zu spezialisieren. «Doch das Schönste an meinem Beruf ist, zu spüren, wo jemand steht und ihn auf dem Weg weiter begleiten zu dürfen.»

Rosmarie Schärer

 

1 LeRUKa ist der neue Lehrplan für den konfessionellen Religionsunterricht und die Katechese in der Deutschschweiz.