«Gegründet, um Brücken zu bauen»

2014 wurde das Zentrum «Glaube & Gesellschaft» in Freiburg i. Ü. gegründet. Was dahintersteckt und welche Ziele das Zentrum verfolgt, erklären dessen Gründer und Direktor, Walter Dürr1, und der wissenschaftliche Mitarbeiter Andreas Steingruber2.

SKZ: Was war der Anlass, dieses Zentrum zu errichten?
Walter Dürr / Andreas Steingruber: Eine Vielzahl von evangelischen Studierenden aus dem Umfeld der Landeskirchlichen Gemeinschaft jahu in Biel begann ab 2010 mit dem Theologiestudium an der Universität Freiburg i. Ü. Auf Einladung einer Professorin, dass wir uns aktiv im Leben der theologischen Fakultät einbringen könnten, kam die Idee einer Tagung mit dem englischsprachigen Neutestamentler N. T. Wright auf. Die grosse Resonanz auf die ersten «Studientage zur theologischen und gesellschaftlichen Erneuerung» führte dann zur Gründung des Zentrums «Glaube & Gesellschaft», welches das Ziel verfolgt, Brücken zwischen akademischer Theologie, verschiedenen Ausdrucksformen christlicher Spiritualität, dem Gemeindeleben sowie der Gesellschaft insgesamt zu bauen.

Seither bietet das Zentrum verschiedene Veranstaltungen an und publiziert Schriften, um erwähnte Brücken zu bauen. Wo können Sie schon Früchte dieses Engagements ausmachen?
Die Frage, die heute alle Kirchen, theologischen Fakultäten und kirchlichen Ausbildungsstätten beschäftigt, lautet: Wie können wir in einem säkularen Zeitalter über Gott reden und unseren christlichen Glauben attraktiv leben und plausibel weitervermitteln? In diesem Zusammenhang sind wir alle mit den gleichen gesellschaftlichen, philosophischen und theologischen Herausforderungen konfrontiert. Dieser Frage können wir uns nur gemeinsam stellen – ohne jedoch die eigenen Wurzeln und Traditionen verwässern zu müssen. Und genau dieses Miteinander kommt in den Studientagen, unseren verschiedenen Weiterbildungsangeboten sowie der neu lancierten Medienplattform «Glaube & Gesellschaft»3 zum Ausdruck.

Im Juni werden Sie Studientage zum Thema «Die Macht des Heiligen – Über das Heilige, Heiligkeit und Heiligung in einem säkularen Zeitalter»4 gestalten. Wie kamen Sie auf dieses Thema und wo sehen Sie seinen Beitrag zur theologischen und gesellschaftlichen Erneuerung?
Wir leben in einer entzauberten Welt, in der uns (fast) nichts mehr «heilig» ist. Und doch erleben wir alle immer wieder Momente, die nicht alltäglich sind und uns irgendwie ergreifen. Momente, in denen etwas aufleuchtet, das über uns selber hinausgeht. Es sind Erfahrungen der Selbsttranszendenz. Da spielt es keine Rolle, ob wir katholisch oder reformiert sind; auch nicht-gläubige Menschen kennen solche Erfahrungen. Diesen Bereich wollen wir an dieser Tagung gemeinsam erkunden, durchdenken und dadurch wieder sprachfähiger und empfänglicher für das «Heilige» werden.

Was dürfen Teilnehmende von diesen Studientagen erwarten?
Sicher Gespräche mit dem Soziologen Hans Joas, die eine spannende Auseinandersetzung zwischen Soziologie und Theologie versprechen. Aber wir wollen uns der Thematik nicht einfach nur intellektuell annähern. Deshalb werden Brüder der Communauté von Taizé uns helfen, die Tage mit Gebet zu strukturieren. Mit dem Kunstmaler Michael Triegel gibt es einen kulturellen Anlass. Nicht zuletzt feiern wir gemeinsam einen ökumenischen Gebetsgottesdienst in der Kathedrale von Freiburg. Dabei hoffen wir natürlich, dass man sich im Juni, nach einer längeren Zeit von sozialer Distanz und Isolation, wieder real begegnen kann.

Inwieweit gibt es eine Zusammenarbeit mit den Kirchen und anderen Institutionen?
Es ist erfreulich, dass in den letzten Jahren die Schweizer Bischofskonferenz, die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz und verschiedene Freikirchen sowie theologische Ausbildungsstätten sich an den Studientagen zur theologischen und gesellschaftlichen Erneuerung beteiligen und mitwirken. In dieser Vielfalt leuchtet etwas vom Reichtum des Leibes Christi auf. Dass nun auch der dritte Lehrgang «Grundfragen christlicher Existenz» (2021–2023) breit kirchlich verankert werden konnte, freut uns sehr. Verschiedene reformierte Kantonalkirchen, die Konferenz der Mennoniten der Schweiz, die Evangelisch-methodistische Kirche sowie das Kloster Einsiedeln sehen den Bedarf nach einem ökumenischen Weiterbildungsangebot, das nach der Bedeutung des christlichen Glaubens für den Alltag fragt.

Interview: Maria Hässig

 

1 Walter Dürr ist über die Arbeit am Zentrum «Glaube & Gesellschaft» hinaus Pfarrer der Landeskirchlichen Gemeinschaft «jahu».

2 Andreas Steingruber ist ferner ordinierter Pfarrer der refomierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn.

3 Mehr zur Medienplattform unter: www.glaubeundgesellschaft.ch

4 Die Studientage finden vom 16. bis 18. Juni statt. Mehr Informationen unter: www.unifr.ch/glaubeundgesellschaft

 

 

BONUS

Folgende Bonusbeiträge stehen zur Verfügung:

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