Frauen und Männer gemeinsam für und in der Kirche

Der Schauplatz war, von aussen betrachtet, echt römisch: Die altehrwürdige Dominikanerkirche Santa Maria sopra Minerva und auf der Piazza davor der berühmte Marmor-Elefant von Bernini, der einen kleinen ägyptischen Obelisken trägt. Doch drinnen, in der schönen Basilika, gings diesmal – am Vormittag des 2. Juli – echt schweizerisch zu: Etwa 500 Pilgerinnen und Pilger, vornehmlich aus der Eigenossenschaft, lauschten den Klängen von sechs Alphornbläsern, der Basler Bischof Felix Gmür hielt eine Ansprache über die Kirchenlehrerin Katharina von Siena. Über einer Kirchenbank hing das Schweizer Wappen – und nahe dem Altar hatten die Pilger Rucksäcke deponiert. Symbolisch für ihre beispiellose Rom-Wallfahrt und generell für die «Kirche unterwegs» (vgl. SKZ Nr. 26 / 2016, S. 350 f.).

Viele Teilnehmer des Wortgottesdienstes trugen das Abzeichen «Kirche mit* den Frauen» – das Motto jener Schweizer Gruppe, die hinter der Wallfahrt steckt. «Wir sind 1000 Kilometer gepilgert für das Miteinander von Männern und Frauen auf allen Ebenen, für eine geschwisterliche und dialogische Kirche»: Mit diesen Worten erläuterte in der Basilika Eva-Maria Faber vom Kernteam das Anliegen der Wallfahrt. Also den nachdrücklichen Wunsch, dass Männer in der katholischen Kirche künftig nicht mehr ohne Frauen über deren Rolle und Funktion einerseits und über die allgemeinen kirchlichen Belange andererseits entscheiden. In der Tat fiel auf, dass sowohl das Kernteam wie auch die Pilgerinnen selbst das «Miteinander» von Frauen und Männern in der Kirche betonten und ausdrücklich – um nicht jede Diskussion zu blockieren – auf einen Forderungskatalog verzichteten. Im Brief an Papst Franziskus steht weder ein Plädoyer für «weibliche Priester» (für die Kirchenspitze ein «rotes Tuch») noch eines für das «weibliche Diakonat». Eine gescheite und realistische Zurückhaltung. Denn Franziskus hatte zwar Mitte Mai die Einsetzung einer Kommission zur Prüfung der Diakonatsfrage angekündigt, dann aber stark gebremst und erklärt: Entschieden sei noch gar nichts.

Ein konservativer Schritt, der den Eifer der Schweizerinnen aber nicht beeinträchtigte. Und der Wunsch der Pilgerinnen nach einer Audienz oder einem sonstigen Kontakt mit dem Heiligen Vater? Ob nein oder vielleicht doch ja, war bis zum Eintreffen der Gruppe in Rom (am 28. Juni) unklar. Erst dann traf ein Absagebrief des vatikanischen Staatssekretariats ein: In den Sommermonaten fänden keine öffentlichen Gottesdienste mit dem Papst und keine Audienzen statt. «Papst Franziskus bittet Sie, ihn und seinen Petrusdienst weiterhin durch Ihr Gebet zu unterstützen. Ebenso schliesst er Sie (…) in sein Beten ein.» Basta. Die endgültige Absage, so Frau Aepli vom Kernteam, sei zwar schade. Doch «wir machen uns unabhängig vom Resultat des 2. Juli. Der Heilige Geist hat immer grösseren Spielraumm als wir denken». Tatächlich herrschte am «Rom-Tag» der Schweizerinnen, denen sich vor Ort viele Gleichgesinnte aus Österreich und Südtirol sowie aus Deutschland anschlossen, eine optimistische Stimmung. Getragen von der Überzeugung, die eine Teilnehmerin so formulierte: «Wir sind unterwegs, um die Kirche zu bewegen. Und wir glauben fest: Das passiert!»

Genau diese Überzeugung vom Wert des «Unterwegs-Seins» für die Sache der Frau prägte denn auch die drei Stationen an diesem denkwürdigen Rom-Tag. Es begann mit einer Begegnung in der Kirche Santa Maria del Popolo, bei der die deutsche Ordensfrau Margarethe Gruber OSF der Pilgergruppe einen Impuls mit dem Motto «die Freude an Gott» mitgab. Am Vormittag folgte die erwähnte zweite Statio in Santa Maria sopra Minerva. Anschliessend Medientreff draussen, zwischen der Kirche und dem erwähnten Marmor-Elefanten. Dabei stellte Urban Fink vom Kernteam die Prominenten des Rom- Tages vor. Dazu gehörten ausser Bischof Gmür und dem Oberhirten Markus Büchel von St. Gallen etwa Abt Urban Federer (Einsiedeln), der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl, der Schweizer Kapuziner- Generalminister Mauro Jöhri, der auch die weltweite Union der Ordensoberen leitet, sowie andere ranghohe Ordensleute, Männer wie Frauen, aus der Schweiz, Österreich und Deutschland. Eine Präsentation, die erneut bewies: Das Projekt «Kirche mit den Frauen» wird von einem beträchtlichen Teil des Katholizismus im deutschsprachigen Raum unterstützt.

Am Nachmittag dann der Höhepunkt des Rom-Tages: die Eucharistiefeier im Petersdom. In seiner Predigt dankte Bischof Büchel dem Pilger- Team dafür, dass es die Idee, «die mir zunächst etwas ‹verrückt› erschien, mutig aufgenommen hat und den Weg von St. Gallen bis Rom unter die Füsse nahm». Dass die Wallfahrer trotz aller Strapazen durchhielten, sei auch ein Zeugnis für die Liebe zu einer Kirche, in der Frauen und Männer zusammenwirken – als «Volk Gottes unterwegs». Schliesslich Bischof Büchels Wunsch: Möge die Aktion «Kirche mit* den Frauen» allen Veranwortlichen die Bereitschaft zeigen, auch in der säkularisierten Gesellschaft Kirche glaubwürdig zu gestalten. «In diesem Geist beten wir für den Heiligen Vater und seine Kurienmitarbeiter und tragen unser Anliegen freimütig vor.»

 

Bernhard Müller-Hülsebusch

Bernhard Müller-Hülsebusch

Dr. Bernhard Müller-Hülsebusch, seit vielen Jahren Korrespondent von deutschen und schweizerischen Medien in Rom und Buchautor, beschäftigt sich vor allem mit Themen rund um den Vatikan