Fokolar-Bewegung fördert Jugend sozial und religiös

Die Jugendförderung in der Fokolar-Bewegung orientiert sich am Satz des Evangeliums «... dass alle eins seien» (Joh 17,21). Damit ist ein persönliches und gemeinsames Engagement für eine «Einheit in der Vielfalt» im nächsten Umkreis bis in länderübergreifende Kontexte gemeint. Vorausgesetzt ist ein Training der Wertschätzung und des Respekts gegenüber anderen Personen, Konfessionen, Religionen, Kulturen und Meinungen, woraus Austausch und gegenseitige Bereicherung entstehen.

Die Basis bilden kleine Gruppen, in welchen der Glaube durch einen thematischen und spirituellen Input vertieft wird und konkrete Erlebnisse im Schul-, Familien- und Arbeitsalltag ausgetauscht werden. Beispielsweise hinterfragte einmal C. den sonntäglichen Gottesdienstbesuch, der ihr seit geraumer Zeit nicht mehr so viel bedeutete, obwohl die eigenen Eltern diesen als wichtig erachteten. Demgegenüber erklärte J., welch grossen Halt und innere Stärke sie in der sonntäglichen Begegnung mit Jesus im Wort und in der Eucharistie finde. Daraus entstand ein konstruktives Gespräch, aus dem jede und jeder einzelne Anregungen für das eigene Leben zog. Solch offene Austauschplattformen, welche auf gegenseitigem Vertrauen auf der Ebene von Gleichaltrigen basieren, werden sehr geschätzt und wirken sich auf die Entwicklung zur Selbstfindung des eigenen Glaubenswegs aus. Diesen Gruppen steht jeweils jemand Erwachsener als Ansprechperson zur Seite. Sie wird punktuell und auf Wunsch der jungen Personen in die Runde eingeladen. Die Austauschrunden sind zudem Auslöser für kleinere oder grössere Initiativen. Im Anschluss an den oben erwähnten Austausch entstand beispielsweise der Wunsch, hin und wieder gemeinsam in den Gottesdienst zu gehen.

Soziale Initiativen

Zu einer grösseren Initiative zählt das Volleyball- Sponsoren-Turnier, kurz VolleyDay genannt. Diesen schätzen die jungen Menschen aus vielen Gründen. Er bietet die Möglichkeit, sich mit anderen jungen Menschen zu treffen, für einen Tag Spass beim Sport zu haben und vollen Einsatz für ein soziales Projekt für Kinder und Jugendliche zu geben, welche nicht so viel haben wie wir. Zudem ermöglichen begleitete mehrmonatige soziale Einsätze und Schulungen in Siedlungen der Fokolar-Bewegung (z. B. Argentinien, Philippinen, Italien oder New York) ausserhalb des gewohnten Kontexts und zusammen mit jungen Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund, eigene Gewohnheiten zu hinterfragen und den eigenen Glauben zu vertiefen. Die Verbindung von Zusammenleben, Arbeit, spiritueller und theologischer Weiterbildung und der Freizeit in diesen Siedlungen prägen das Leben dieser Jugendlichen nachhaltig.

Generationenübergreifende Anlässe

Ein weiteres zentrales Element der Jugendförderung in der Fokolar-Bewegung sind generationenübergreifende Anlässe und Sommerferien, die von sehr vielen Teilnehmenden mitgetragen und -gestaltet werden. So entstand einmal in einer Sommerwoche der Deutschschweiz in den Bergen der Wunsch, einen «Lebensgeschichtenabend» zu realisieren. Wie der Titel sagt, geht es darum, aus dem eigenen Lebens- und Glaubensweg zu berichten. Zum Beispiel erzählte eine 94-jährigen Witwe von einigen ihrer Lebensetappen und von ihrem Engagement im Altersheim mit den «jungen MitbewohnerInnen». Sehr beeindruckend war, als sie den letzten Liebesbrief ihres Mannes vorlas, den er ihr noch kurz vor seinem Tod geschrieben hatte und aus dem hervorging, wie frisch und lebendig die Liebe zwischen ihnen noch war.

Freiräume für Gespräche über den Glauben

Besonders wichtig in der Jugendförderung ist es, Freiräume zu schaffen, um über den Glauben sowie eigene Erkenntnisse zu sprechen, sich zusammen für andere zu engagieren und Erfahrungen mit Gott zu machen und diese wahrzunehmen. In allen Begegnungen und Aktivitäten spielen Entscheidungsfindung, Sehnsucht nach Authentizität, Umgang mit Erwartungen an sich selbst und an andere ebenso eine beständige und zentrale Rolle wie Spass, informelle, spontane sowie Face-to-face-Gespräche, persönliche Biografie, Umgang mit Vielfalt und unterschiedlichen Meinungen und Einstellungen oder das Üben der Übernahme von Verantwortung.

Die Frage nach der Zukunft und der persönlichen Lebensgestaltung ist immer wieder ein Thema. In Einzelgesprächen, in Gruppen unter Gleichaltrigen oder mittels spezifischer Angebote für Berufungsfragen, entsteht mit der Zeit Klarheit und Gewissheit, wo der eigene Platz ist – wie zum Beispiel Gründung einer Familie, als Alleinstehende, im Engagement für eine gerechtere Wirtschaft und Gesellschaft, im Leben als Priester, als Ordensperson oder als verheiratete oder unverheiratete FoklarIn.

 

Emanuela Chiapparini

Dr. Emanuela Chiapparini IMAP ist Dozentin und Projektleiterin Forschung am Institut für Kindheit, Jugend und Familie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW und Mitglied der Fokolar-Bewegung.