«Es gibt für mich keine Kirche Schweiz»

Am 15. Februar wurde bekannt, dass Papst Franziskus den Rücktritt von Weihbischof Marian Eleganti angenommen hat. Die SKZ hat mit ihm über seine Zeit als Weihbischof im Bistum Chur gesprochen.

Marian Eleganti war elf Jahre Weihbischof von Chur. (Bild: zvg)

 

SKZ: Auf welches Ereignis schauen Sie nach elf Jahren als Weihbischof gerne zurück?
Marian Eleganti: Auf die Jugendmesse. Sie feiert dieses Jahr das 10-Jahres-Jubiläum; jeden Monat ausser Dezember und Juli fand und findet sie statt. Leider haben die Coronamassnahmen ihr sehr zugesetzt. Ich habe mit Hunderten junger Menschen fantastische Reisen gemacht zu den internationalen Weltjugendtagen. Wir waren wochenlang zusammen unterwegs. Da sind grossartige Dinge passiert.

Sie waren massgeblich an der Entstehung des ersten Deutschschweizer Weltfamilientreffens beteiligt.
Die Familienpastoral ist absolut zentral. Eine Frage von «to be or not to be» für Kirche und Gesellschaft. Die «Zugpferde» in der katholischen Jugendbewegung der Schweiz haben das sehr früh erkannt und begannen, hier die Kräfte zu bündeln. Es sind Ehekurse entstanden, Familientreffen, Vernetzungen, Webseiten, Printprodukte, Jüngerschaftsschulen, Katechesen, Freizeitangebote mit spiritueller Begleitung kombiniert, summa summarum unglaublich bunte Angebote das ganze Jahr hindurch. Es läuft buchstäblich immer etwas für den Jugendlichen oder für das Freundschafts-, Verlobungs- und Ehepaar, das Gott sucht.

Die Kirche in Europa verliert an Bedeutung. Wie könnte eine Neuevangelisation aussehen?
Die Erneuerung geht sicher nicht von den sogenannten Strukturreformen aus. Was in Deutschland vom synodalen Prozess propagiert wird, ist nichts anderes als ein Neuaufguss eines protestantischen Kirchenverständnisses mit ähnlichen Argumenten wie im 16. Jahrhundert.  Aus meiner Sicht führt das definitiv in eine Sackgasse, ebenso der Thesenanschlag von Maria 2.0: Das Warten auf das Priestertum der Frau, um nur eine der ständig wiederholten Forderungen aufzugreifen, ist ein Warten auf Godot. Hier braucht es wirklich eine Bekehrung des Denkens und der inneren Haltung, einen Neuansatz. In Frankreich haben Katholikinnen mit einem Manifest für mehr Weiblichkeit in der Kirche geantwortet. Sie verstehen darunter etwas anderes als die genannten Initiativen. Die sakramentale Struktur der katholischen Kirche steht nicht zur Disposition. Es gibt ja zu denken, dass Jesus beim Endgericht viele nicht (aner-)kennt, die in seinem Namen aufgetreten sind und sogar «Wunder» gewirkt haben.

Wir haben sehr unterschiedliche Strömungen in der Kirche und alle berufen sich auf Jesus Christus. Wie gelingt eine Unterscheidung der Geister?
Das ist eine Frage, die mich seit meiner Jugend beschäftigt. Sie hat mich damals buchstäblich krank gemacht. Bruder Klaus hat sinngemäss geantwortet: Wenn ich Glauben habe und Demut, kann ich nicht getäuscht werden. Gott allein wird einmal die Absichten der Herzen ans Licht bringen. Das ist ein eschatologischer Vorgang. Jeder muss seinem Gewissen folgen, und wenn er Demut hat, wird ihn Gott erleuchten und zur Einsicht führen.

Was erhoffen Sie sich für die Kirche Schweiz?
Es gibt für mich keine «Kirche Schweiz» und auch keine «katholische Kirche im Kanton Zürich». Die Universalkirche wurde in Jerusalem gegründet und hat sich seitdem fast überall auf der Welt vor Ort eingewurzelt. Das ist die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Es gibt nur einen Leib Christi. Er ist kein Flickenteppich von Lokal­kirchen. Das muss man im Auge behalten, wenn man von Ortskirchen in einem untergeordneten Sinn redet. In diesem Sinn erhoffe ich für unsere Kirche einen weniger politisch-strukturellen, dafür mehr mystisch-missionarischen Ansatz, kurz: mehr Gottesliebe.

Interview: Rosmarie Schärer

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