«Es braucht viel Glauben»

Der Bestatter David Beeler ist jeden Tag mit dem Tod und Trauernden konfrontiert. Trotzdem sieht er seinen Beruf als wunderschönen Dienst an Menschen in einer aussergewöhnlichen Situation.

Als David Beeler seiner Familie vor drei Jahren mitteilte, dass er Bestatter werden wolle, lachte diese nur und sagte «Das passt zu dir»; er hatte in seinem Leben nun einmal schon vieles gemacht. Auf der Suche nach einer Anstellung hatte er die Anzeige eines Beerdigungsinstituts gesehen, das einen Bestatter suchte. «Als ich das Profil las, merkte ich, dass diese Tätigkeit alles beinhaltete, was ich schon gemacht hatte», erinnert er sich.

Begegnungen in schwierigen Situationen

Die Arbeit des Bestatters ist in der Tat vielfältig: Er holt die verstorbene Person ab, wäscht und pflegt sie, bettet sie in einen Sarg. Wenn es von den Angehörigen gewünscht wird, schmückt er den Sarg auch mit Blumen. Zu seinen Aufgaben gehört es zudem, Überführungen zu machen und Urnen abzuholen. Er berät die Trauerfamilie, hilft dabei, Traueranzeigen aufzugeben oder Leidzirkulare und Danksagungen zu gestalten. Hier kommt Beeler seine kaufmännische Erstausbildung zugute.

Als Bestatter begegnet man den Menschen immer in einer Extremsituation: Eine geliebte Person ist verstorben. Meistens sind es alte Menschen, die ihr Leben gelebt haben. Es gibt jedoch auch Todesfälle, z. B. einen Unfall oder Suizid, die den Bestatter belasten können. «Doch für die Angehörigen ist es immer ein Verlust», hält Beeler fest. Schwierig für ihn sind Todesfälle von Kindern und von jungen Menschen, die unverhofft sterben. Er erinnert sich an einen besonders belastenden Fall. Zwei Brüder, 18 und 20 Jahre alt, waren bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen. «Ich musste nach dem Nachteinsatz bei der hinterbliebenen Mutter die Kleider für die beiden jungen Männer abholen gehen. Das ist mir nahegegangen», erinnert er sich.

Notwendiger Abschiedsprozess

Beeler ist es wichtig, den Menschen einen würdigen Abschied zu ermöglichen. Wenn jemand z. B. durch einen Unfall entstellt wurde, tun er und seine Kollegen alles, um die verstorbene Person so herzurichten, dass der persönliche Abschied für die Angehörigen und Freunde erträglich ist. Dieser schmerzhafte Prozess des Abschiednehmens ist für Beeler sehr wichtig: «Die Angehörigen wissen im Kopf, dass ein lieber Mensch verstorben ist, aber im Herzen realisieren sie es erst, wenn sie diese sehen.» Die Angehörigen sind später dankbar, dass er ihnen zu diesem persönlichen Abschiednehmen geraten hat, um sie in ihrer Trauerarbeit zu unterstützen.

Herausforderung für den eigenen Glauben

Der Glaube beeinflusst Beeler bei seiner Arbeit. «Als Christ glaube ich an ein Weiterleben nach dem Tod. Ich bin mir bewusst, dass der Körper die Hülle für unsere Seele ist und es verdient, würdig behandelt zu werden.» Als Bestatter muss er neutral sein, doch in Beratungs- oder Trauergesprächen kann er indirekt etwas von der christlichen Hoffnung mitgeben. «Wenn jemand betet, dann bete ich mit», erklärt er. «Und wenn ich merke, dass den Angehörigen der Glaube wichtig ist, dann darf ich mit ihnen darüber sprechen.» In solchen Situationen helfen ihm die Erfahrungen bzw. Erkenntnisse aus seinem Philosophie- und Theologiestudium. Der Beruf ist aber auch eine Herausforderung für seinen Glauben, da er jeden Tag in Kontakt mit Verstorbenen, resp. deren Asche ist. «Der Glaube an ein Leben nach dem Tod übersteigt unseren Verstand. Es braucht in meinem Beruf wirklich viel Glauben», meint er.

Den Tod im Leben integrieren

Abschalten ist für Beeler normalerweise kein Problem: «Zwar lässt mich kein Todesfall kalt, in der Regel kann ich aber gut zwischen Beruf und Privatleben unterscheiden.» Nach seiner Arbeit geht er seinen Hobbys nach: singen, joggen, Fahrrad fahren und Zeit mit Freunden verbringen. Diese hätten Respekt vor seinem Beruf, erzählt er. Auch seien sie stets interessiert und würden häufig Fragen nach seiner Arbeit stellen.
Die Arbeit als Bestatter hat Beeler nicht verändert. «Der Beruf hat sich aus meinen Leben ergeben», stellt er fest. «Wir alle werden früher oder später mit dem Tod konfrontiert. Es ist wichtig, diesen als zum Leben gehörend zu akzeptieren.» Sein Beruf gefällt ihm auch nach drei Jahren noch immer gut: «Ich sehe ihn als einen wunderschönen Dienst. Ich darf in einer aussergewöhnlichen Situation für andere Menschen da sein.»

Rosmarie Schärer


David Beeler

David Beeler (Jg. 1988) hat eine Erstausbildung als kaufmännischer Angestellter und studierte nach der Berufsmatura Philosophie und Theologie. Seit drei Jahren ist er als Bestatter tätig, zurzeit in einem Bestattungsinstitut in Luzern. (Bild: rs)