Eine Nahaufnahme des RPI zum 50 - Jahr - Jubiläum

Leitsatz 4 © zVg

Im Unterschied zum "Institut für Katechetik und Homiletik" (1968–1982) in München oder den «theologiekurse.ch» in Luzern oder dem Priesterseminar St. Beat Luzern (letztere beide 2016 eingestellt) hat das "Religionspädagogische Institut" (RPI) der Universität Luzern sich neuen Herausforderungen gestellt. Strukturell verändert kann es auf über fünfzig Jahre Bestehen zurückschauen.

Am 12./13. September 2014 feierte das innovative Bildungsinstitut sein Goldenes Jubiläum mit 300 Ehemaligen und Gästen. 2016 erschien die Dokumentation zum Jubiläum, herausgegeben von der Institutsleiterin Monika Jakobs. Der in drei Teile gegliederte Tagungsband1 enthält eine respektable Kurzgeschichte der religionspädagogischen Bemühungen in der deutschsprachigen Schweiz (10–34) und im südbayerischen Raum, angefangen von der "Münchener Psychologischen Methode" und eines grossen Katechetischen Kongresses (1907) in Luzern über den Aufbruch durch den "Grenchener Arbeitskreis zur Erneuerung des Religionsunterrichtes" (ab 1959) bis hin zur Gründung des Katechetischen Instituts Luzern (1964) mitten in der Konzilszeit durch den Regierungsrat des Kantons Luzern und unter der Leitung von Prof. Dr. Alois Gügler.

Die plurale Moderne vor Augen

Die fünfzig Jahre des Bestehens waren grossen Herausforderungen ausgesetzt, die auch struktureller Veränderungen bedurften. Das Anliegen einer wissenschaftlich verantworteten Zurüstung künftiger Katechetinnen und Religionslehrer wurde durch alle Jahre hochgehalten, sodass bis heute über 450 ausgebildete Laien im kirchlichen Dienst stehen. Ohne sie wären Gemeindekatechese und schulischer Religionsunterricht hierzulande kaum denkbar. Weiter gibt der Studienleiter Markus Arnold einen Durchblick durch die wichtigsten Studienreformen (35–43). Die bedeutendste liegt wohl in der neuen Kompetenzorientierung und in der Aufteilung von Grund- und Hauptstudium mit einem Praxisanteil von 40 bis 50 Prozent. Dadurch können die Studierenden ihr Studium selbst verdienen und werden zugleich in die spätere Berufspraxis eingeführt. Die theologisch-theoretische Ausbildung sowie die Einführung in die Unterrichts- und Katechese-Praxis geschehen durch ein kompetentes Ausbildungsteam, das Bibeldidaktik, Gewissensbildung, Liturgie, Jugendarbeit (400 Lektionen), Spiritualität und theologisch-systematische Fragen, Erwachsenenbildung und vieles mehr in Kooperation erprobt und im Angesicht der pluralen Moderne verantwortet. Im Zusammenhang mit der Professionalisierung akzentuiert Kuno Schmid die "berufsfeldbezogenen Handlungskompetenzen" (44–51), Eugen Trost gibt einen Überblick über die "kirchliche Jugendarbeit" (51–56), und Monika Jakobs tritt für eine friedliche Koexistenz und fruchtbare Kooperation von Ordinierten und fachlich ausgebildeten Laienmitarbeitenden ein.

Grosse Palette an Religions-Didaktik

Teil 2 des Tagungsbandes (69–214) enthält interessante religionsdidaktische Beiträge vorab der Dozierenden und weiterer Fachleute. Der Festvortrag von Prof. Georg Langenhorst über die religiöse Sprachkrise (69–87) wird dokumentiert. Nicole Ottiger thematisiert die aktuelle Tradierungsweise des Glaubens und die neuen Chancen der sogenannten "Kindertheologie". Diese will zum einen eine theologische Betrachtung von Kinderaussagen über Gott, zum anderen eine "Theologie für Kinder", die theologische Inhalte elementarisiert. Spannend liest sich der bibeldidaktische Aufsatz von Veronika Bachmann und Simone Rosenkranz: "Rezeptionsorientierte Bibelarbeit in interreligiöser Perspektive" (103– 121), wobei keine rezeptartige Anwendung biblischer Ethik intendiert wird, sondern eine "Begegnung" und "Auseinandersetzung" mit dem Text. Weitere Themen sind "kreatives Schreiben", "Schreibwerkstatt", "Wahrnehmen als pastorale Prämisse in der kirchlichen Jugendarbeit" (133–142) und "Von der Sittenlehre zur Ethik" (143–151). Gemeint ist der Übergang von einer angelernten kulturellen und religiösen Lehre in ethischen Verhaltensfragen hin zu einer reflexiven mündigen Ethik der Verantwortung. Gregor Schwander plädiert für eine adressatengerechte Erwachsenenbildung und die Entwicklung von "Programmformaten" (152–159). Wertvoll ist auch der Beitrag von Nicola Ottiger über "Liturgische Kompetenz" (160–171) von Religionspädagoginnen und -pädagogen. Die Gestaltung von Kindergottesdiensten gehörte schon immer zu den Kernaufgaben der Katechetinnen und Katecheten. Hierbei ist die "Ars celebrandi" (das freie "zwecklose" Feiern der Liturgie) wichtiger als die katechetische Erhellung der Liturgie. Kuno Schmid (193–204) ruft die Verantwortlichen auf, die Schule nicht einfach als Ort religiöser Bildung aufzugeben und sich in die Gemeindezentren zu flüchten. Er gibt eine kulturgeschichtliche, eine anthropologische und eine gesellschaftliche Begründung für religiöses Lernen in der Schule. Religiöse Bildung kann eine orientierende Funktion in der Welterschliessung übernehmen und der pluralen Gesellschaft einen wertvollen Dienst leisten. Eva Ebel bilanziert aus Zürcher Sicht die Wirkungen der Einführung des Faches "Ethik und Kultur", eines bekenntnisunabhängigen Schulfaches für alle, das auf Vielfalt und Dialogfähigkeit zielt. Sie sieht dieses Fach als komplementär an für den kirchlichen Unterricht in der Gemeinde und ist davon überzeugt, dass diese zweigleisige religiöse Bildung die religiöse Identität stärkt (205–214).

Erfahrungsberichte

Die Jubiläumsschrift schliesst mit sechs persönlichen Erfahrungsberichten aus allen Epochen des KIL beziehungsweise RPI. Sie zeigen das "Innenleben" dieser katholisch geprägten Bildungsinstitution der vergangenen fünfzig Jahre. Die ausgesprochen spannend zu lesende Schrift gibt tatsächlich einen guten Einblick in die Vorgänge und Veränderungen der religionspädagogischen Ausbildung und kann bestens empfohlen werden. Für eine leichtere Erschliessung der Texte wären Register und eine Gesamtbibliografie hilfreich gewesen.

1 Monika Jakobs (Hg.) Sehen und gesehen werden. Impulse zu 50 Jahren Religionspädagogik in der Schweiz, Zürich 2016. Zahlen in Klammern sind Seitenverweise.

Stephan Leimgruber

Stephan Leimgruber

Dr. Stephan Leimgruber ist seit Februar 2014 Spiritual am Seminar St. Beat in Luzern und zuständig für die Theologinnen und Theologen in der Berufseinführung. Bis zu seiner Tätigkeit in Luzern war er Professor für Religionspädagogik an der Theologischen Fakultät in München.