Dokumentation RKZ

Meilenstein auf dem Weg zur Neuregelung der Zusammenarbeit von RKZ und SBK

Wie schon die Schweizer Bischofskonferenz hat nun auch die Römisch- Katholische Zentralkonferenz während ihrer Plenarversammlung vom 26./27. Juni 2015 in Muri (AG) einem Vertrag zugestimmt, der die Zusammenarbeit bei der Strukturierung und Finanzierung gesamtschweizerischer und sprachregionaler Aufgaben der Kirche regelt. Zudem wurde eine Erhöhung der Beiträge der kantonalkirchlichen Organisationen um drei Prozent beschlossen. Ferner wird die RKZ das Gedenkjahr "600 Jahre Niklaus von Flüe" im Jahr 2017 mit einem namhaften Beitrag unterstützen und erklärte sich bereit, sich an ökumenischen Vorhaben zu 500 Jahre Reformation zu beteiligen.

Mit einer umfangreichen Traktandenliste und einem dicken Aktenbündel reisten die RKZDelegierten am Freitag, den 26. Juni 2015, nach Muri. Empfangen wurden sie vor der Klosterkirche, wo sie zur Einstimmung ein Orgelkonzert erwartete, das die Qualität der Orgel und der Akustik prächtig zur Geltung brachte. Anschliessend folgte ein anregendes Gespräch zwischen der Aargauer Ständerätin Pascale Bruderer und dem Bischof von Basel Felix Gmür.

Kirche und Politik

Der Moderator des Gesprächs und Präsident der Aargauer Landeskirche Luc Humbel fasste das Thema "Kirche und Politik" weit – und so wurden nicht nur über heiss diskutierte staatspolitische Fragen wie den Umgang mit Flüchtlingen, sondern auch über heikle kirchenpolitische Fragen wie die Frauenordination debattiert. Dabei ergaben sich viele Übereinstimmungen in Grundsatzfragen: Die Kirche kann und soll sich nicht aus der Politik heraushalten. Ihre Mitglieder sind aufgerufen, Verantwortung zu übernehmen, die Gesellschaft ist auf Werte und Ethik, auf Inklusion und Solidarität angewiesen. Versteht man unter Politik "das, was alle angeht", dann geht sie auch die Kirche etwas an.

Woran merken die Leute heute, dass hier Christen leben?

Gerade weil das Gespräch nicht als Schlagabtausch in einer Arena, sondern als Gedankenaustausch im Kreis kirchlich und gesellschaftlich engagierter Personen konzipiert war, exponierten sich die Politikerin und der Bischof mit ebenso persönlichen wie pointierten Voten. Pascale Bruderer griff auf eigene Kirchenerfahrungen zurück um deutlich zu machen, wie wichtig es ist, dass Seelsorgende so sprechen, dass auch ein Kind spürt: "Er hat von mir gesprochen!". Und sie sprach von ihrem Ärger, wenn sie den Eindruck habe, ein Kirchenvertreter lasse Fragen gar nicht erst zu, weil er die Antwort immer schon habe. Bischof Felix Gmür kritisierte mangelnde Lösungsorientierung in der Politik und die engen wirtschaftlichen Beziehungen zu Ländern, deren Regimes terroristische Aktivitäten fördern. Das "extrem monetäre Denken" zeige sich auch in unserem Umgang mit Flüchtlingen oder darin, dass wir zwar Kinderarbeit im eigenen Land verbieten, aber Waren importieren, von denen wir wissen, dass ihr Preis nur dank Kinderarbeit so tief ist. In seinem Schlussvotum forderte er, Pfarreien und Kirchgemeinden sollten sich fragen, "wie die Leute heute merken können, dass hier Christen leben".

Finanzierung pastoraler Aufgaben

Eine der Kernaufgaben und zugleich einer der wichtigsten Bereiche der Zusammenarbeit RKZ mit der Bischofskonferenz ist die Finanzierung pastoraler Aufgaben. Damit die einvernehmliche Zusammenarbeit in diesem Bereich gedeihen kann, braucht es einerseits klare Regelungen und anderseits ein gemeinsames Grundverständnis der Aufgaben und der Beziehungen zwischen den für die pastorale Leitung Verantwortlichen und den staatskirchenrechtlichen Behörden.

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu tragfähigen und zeitgemässen Grundlagen für diese, ist die Genehmigung eines neuen Mitfinanzierungsvertrages. Nachdem diese seitens der Bischöfe an ihrer Vollversammlung vom 1. bis 3. Juni erfolgt war, genehmigte nun auch die RKZ den Vertrag. In der Diskussion wurde jedoch darauf hingewiesen, dass dieser erst in Kraft tritt, wenn auch eine Vereinbarung genehmigt ist, welche die Grundsätze der Zusammenarbeit regelt. Die ausdrückliche Anerkennung der staatskirchenrechtlichen Körperschaften und ihres Zweckes ist für die RKZ eine zwingende Voraussetzung für die Zusammenarbeit im finanziellen Bereich. Erfreut nahmen die Delegierten deshalb zur Kenntnis, dass SBK und RKZ schon im September 2015 zum Entwurf einer Zusammenarbeitsvereinbarung werden Stellung nehmen können.

Mehr als 10 Millionen Franken für pastorale Aufgaben

Für die Finanzierung der vielfältigen Aufgaben auf nationaler und sprachregionaler Ebene braucht es allerdings nicht nur rechtliche, sondern auch materielle Grundlagen. Da die Verantwortung für die Mittelbeschaffung sich bekanntlich noch stärker auf die RKZ verlagert, weil das Fastenopfer sich auf seinen Kernauftrag konzentriert, stimmten die Delegierten einer erneuten Erhöhung der Zielsumme um drei Prozent zu. Dies, obwohl die Finanzlage in etlichen kantonalkirchlichen Organisationen angespannt ist. Das auf dieser Basis ebenfalls genehmigte Budget der RKZ für 2016 sieht Erträge von insgesamt 11,5 Mio. Franken vor, wovon über 10 Mio. für pastorale Aufgaben und über 0,5 Mio. für die Abgeltung der Urheberrechtsgebühren für alle kirchlichen Institutionen vorgesehen sind. Die verbleibenden Mittel sind für die schlanken Strukturen vorgesehen, namentlich für das mit knapp drei Vollstellen dotierte Generalsekretariat.

Wichtige Gedenkjahre: 600 Jahre Niklaus von Flüe und 500 Jahre Reformation

Im Jahr 2017 gedenkt die Schweiz dem 600. Geburtstag von Niklaus von Flüe. Gleichzeitig erreichen die Feiern zum Reformationsjubiläum ihren Höhepunkt, 500 Jahre nach dem Thesenanschlag Luthers in Wittenberg. Beide Gedenken sind von ökumenischer und gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Es sind Anlässe der Erinnerung, der Selbstvergewisserung und der Standortbestimmung auf die Zukunft hin. In der Gestalt des Niklaus von Flüe tritt uns nicht nur ein Mystiker, sondern zugleich ein politischer Mittler entgegen, der als Mensch zeitlose Werte verkörpert: Bescheidenheit, Toleranz, Offenheit, Eigenverantwortung und Gemeinsinn. Auch die Reformation war nicht nur religiöses, sondern auch kulturelles und geistesgeschichtliches Ereignis und hat die Schweiz politisch nachhaltig geprägt. Deshalb beschloss die RKZ, den Trägerverein 600 Jahre Niklaus von Flüe mit einem substanziellen Beitrag zu unterstützen und für ökumenische Anlässe zum Reformationsgedenken ebenfalls Mittel vorzusehen.

Pflege des Staatskirchenrechts

In den letzten Jahren hat die Diskussion staatskirchenrechtlicher und religionsrechtlicher Fragen in den Medien, in der Gesellschaft und in der Politik stark an Bedeutung gewonnen und löst national wie international nicht nur Debatten, sondern auch teils heftige Emotionen aus. Umso wichtiger sind fundierte juristische Arbeit, qualitativ hochstehende Bildungsangebote sowie seriöse Information einer interessierten Öffentlichkeit. Das Themenfeld ist breit: Von der Frage nach der Präsenz religiöser Symbole in der Öffentlichkeit, über die Zukunft der Kirchenfinanzierung bis hin zur Anerkennung weiterer Religionsgemeinschaften oder zur Vermeidung von Gewalttaten und Menschenrechtsverletzungen im Namen der Religion. Vor diesem Hintergrund war die Erneuerung der Leistungsvereinbarungen mit dem Institut für Religionsrecht an der Universität Freiburg und mit der Professur für Kirchenrecht und Staatskirchenrecht an der Universität Luzern unbestritten. Beide Einrichtungen leisten seit Jahren wichtige Arbeit in diesem Bereich und verdienen deshalb die Anerkennung und Unterstützung durch die RKZ unter vollem Respekt ihrer wissenschaftlichen Unabhängigkeit.

Erfreuliche Nachricht aus dem Kanton Schwyz

Im Kanton Schwyz fehlte der kantonalkirchlichen Körperschaft bisher eine von den Katholiken und Katholikinnen selbst genehmigte Verfassung sowie eine Rechtsgrundlage, die der Kantonalkirche den Beitritt zur RKZ erlaubt hätte, weshalb ihre Vertreter seit Jahren Gaststatus ohne Stimmrecht haben. Mit 67 Prozent der Stimmen wurde am 14. Juni 2015 die neue Verfassung der Kantonalkirche genehmigt. Die RKZ nahm davon erfreut Kenntnis. Sie wertet das Abstimmungsergebnis als Ausdruck für den Rückhalt, den die kantonalkirchliche Körperschaft inzwischen geniesst, und als Frucht einer geduldigen Überzeugungsarbeit dafür, dass es an der Zeit ist, dass die Schwyzer Katholiken in der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz nicht mehr nur Gäste, sondern vollwertige Mitglieder mit sämtlichen Rechten und Pflichten werden. Wie Werner Inderbitzin, Präsident des Kantonskirchenvorstandes, betonte, wird noch einige Zeit vergehen, bis der RKZ-Beitritt selbst in den kantonalkirchlichen Gremien traktandiert und beschlossen werden kann.

Die Benediktinermönche: In ihrem Kloster verwurzelt – weltweit vernetzt

Einer der Gründe für die RKZ, ihre Versammlung in Muri abzuhalten, war der Wunsch der "Foundation Benedict", sich den kantonalkirchlichen Delegierten vorzustellen. Eigens zu diesem Anlass waren der Abt von Muri Gries Benno Malfèr, der in Rom ansässige Abtprimas der Benediktiner Notker Wolf sowie der Delegierte des Stiftungsrates, Pater Markus Muff angereist. Sie betonten, wie wichtig eine gute Ausbildung der Mönche, die gemeinsame Ordenshochschule Sant’Anselmo in Rom und auch eine theologisch und spirituell verankerte Managementausbildung für Verantwortungsträger in der Kirche und in Ordensgemeinschaften ist. Im global präsenten und weltweit vernetzten Benediktinerorden stammen immer mehr Mönche und Ordensfrauen aus wirtschaftlich armen Ländern – entsprechend wichtiger wird ein leistungsfähiges Stipendienwesen und die Unterstützung der Ordenshochschule durch Spenderinnen und Spender. Die Informationen und Denkanstösse der Vertreter des Benediktinerordens machten deutlich, wie lebensnotwendig es für die Kirche ist, in den Spannungsfeldern Beten und Arbeiten, Geld und Geist, Präsenz der Kirche vor Ort und weltweite kirchliche Solidarität zu leben. Mit einer Vielzahl von Beschlüssen, aber auch mit Impressionen einer benediktinischen Kultur, zu der neben dem Beten und Arbeiten das gemeinsame Essen, ein gutes Glas Wein und die Pflege von Architektur und Musik gehören, entliess der RKZ-Präsident Hans Wüst die Delegierten in die Sommerferien. Die nächsten Aktenbündel werden dann im September verschickt.

Zürich, 29. Juni 2015
Daniel Kosch

 

 

 

Daniel Kosch

Daniel Kosch

Dr. theol. Daniel Kosch (1958) ist seit 2001 Generalsekretär der Römisch- Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz. Zuvor leitete er während rund 10 Jahren die Bibelpastorale Arbeitsstelle des Schweizerischen Katholischen Bibelwerks. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Kirchenfinanzierung, Kirchenmanagement und Staatskirchenrecht.