Die Taufe im Heiligen Geist

Vom Herzen des Menschen zum Leib der Kirche

Vom 7. bis 10. März fand in St. Niklausen (OW) im Haus der Dominikanerinnen von Bethanien ein internationales ökumenisches Symposium statt, das von der Gemeinschaft «Chemin Neuf», einer katholischen Gemeinschaft mit ökumenischer Berufung, organisiert und vom ICCRS («International Charismatic Renewal Services») unterstützt wurde. 270 Personen, die verschiedene Länder und Konfessionen repräsentierten, unter ihnen auch mehrere Verantwortungsträger, waren zusammengekommen. Einige unter ihnen seien kurz genannt: Mgr J. Welby, der neue Primas der anglikanischen Kirche, drei katholische Bischöfe, Mgr. M. Gächter, Weihbischof aus Basel, Mgr. P. Ballot aus Chambery und Mgr. M. Piat aus Maurititus, sowie Pfarrer G. Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes, und L. Miller, Sekretär des «Global Christian Forum», sowie Pater L. Fabre, Gründer der Gemeinschaft «Chemin Neuf».

Einheit und der Skandal der Spaltung

Im Zentrum des Symposiums standen die Vorträge von 15 Universitätsprofessoren (aus Paris, Lyon, Strassburg und den Vereinigten Staaten) und von Theologen der charismatischen Erneuerung. Weitere wichtige Elemente waren liturgische und charismatische Gebetszeiten. Am Samstagmittag versammelte der vom reformierten Pastor M. Hoegger (Kanton Waadt) präsidierte evangelische Gottesdienst Amtsträger zehn verschiedener evangelischer Konfessionen. Pastor Hoegger sagte anschliessend, dass es für ihn eine aussergewöhnliche und providentielle Erfahrung gewesen sei, weil so viele unterschiedliche Glaubenstraditionen vertreten waren. Auch die Gebetsabende versammelten die Teilnehmer und brachten verschiedene Ausdrucksweisen des Lobpreises, des Fürbittgebetes und der Ausübung der Charismen zusammen.

So sahen wir das Wirken des Geistes, der es an Pfingsten Menschen unterschiedlicher Sprache ermöglicht hatte, einander zu verstehen und die Wunder, die der Herr vollbrachte, zu feiern. Diese Freude konnte jedoch nicht die Tränen derer verhindern, die aufgrund unserer kirchlichen Spaltungen nicht bei der (katholischen oder protestantischen) Eucharistiefeier kommunizieren konnten. Der Skandal unserer Spaltungen wurde umso schmerzhafter empfunden, als wir andererseits erfuhren, dass der gleiche Geist uns den einen Leib Christi erkennen liess, an dem wir alle teilhaben. Das gemeinsame Beten und das Hören der Vorträge verdeutlichte uns das Wirken des Heiligen Geistes in unseren verschiedenen Konfessionen und bekräftigte unseren Wunsch, den Heiligen Geist noch mehr in unserer Welt, die nach dem christlichen Glaubenszeugnis dürstet, zu empfangen.

Die Taufe im Heiligen Geist (THG)

Anstatt die Taufe im Heiligen Geist (THG) ausserhalb des universitären Dialoges nur im Kreise der charismatischen Erneuerung zu diskutieren, konnten wir sie in der Begegnung unserer verschiedenen Traditionen und Milieus gemeinsam analysieren. Pater L. Fabre sowie zwei Theologen der charismatischen Erneuerung (M. Healy und P. Hocken) warfen mehrere Fragen auf, die die Terminologie und das Verständnis der Gnade der THG sowohl im katholischen Milieu als auch in den Beziehungen zu den anderen Konfessionen betrafen. Die Historiker N. Blough (Direktor des Mennonitenzentrums in Paris) und C. M. Robeck (Pfingstkirchler, Professor an der theologischen Universität Fuller in Los Angeles, Nachfolger des als Mr. Pentecost bekannten D. du Plessis) situierten das Phänomen der THG im historischen Kontext der reformatorischen Strömungen und zeigten insbesondere den Zusammenhang mit der Entstehung der Pfingstkirchen auf. C. Grappe (Exeget der evangelischen Fakultät Strasbourg) und F. Lestang (katholische Universität Lyon) vermittelten uns ein biblisches Fundament, um die Erfahrung der THG im individuellen und gemeinschaftlichen Leben der Christen zu verstehen. E. Vetö (aus der katholischen Perspektive des Thomas von Aquin) und M. Stavrou (aus orthodoxer Perspektive) setzten diese wirkliche Initiation pneumatologisch fort. Anschliessend vertieften Spezialisten der systematischen und ökumenischen Theologie wie A. Birmelé aus Strasbourg und J. Famerée von Louvain-la-Neuve die kirchliche Dimension der Erfahrung des Heiligen Geistes. P. Dockwiller schlug schliesslich die These vor, den Heiligen Geist zu sehen als «die Kraft dessen, dessen Form die Taufe ist»; M. Healy stellte uns einen pastoralen Aufriss dar, der sich mit der Herausforderung der Aufnahme der Gnade der THG im kirchlichen Leben befasste. Der abschliessende runde Tisch, der von M. Moran, der Präsidentin des ICCRS, geleitet wurde, ermöglichte es, noch einmal die Sorge um die Einheit der Christen und um die «Gesundheit» der Kirche zu unterstreichen.

Während der Diskussionen tauchten mehrere Fragen auf, die in direkter Weise mit der Gnade der THG zusammenhingen: ihre Definition, ihre normative oder besondere Dimension im Hinblick auf die Mission, ihre Beziehung zu den Sakramenten und insbesondere zur sakramentalen Taufe und zur Firmung. Diese Themen führten uns dazu, noch fundamentalere Fragestellungen zu behandeln, wie die der Natur und der Früchte der Taufe, ihrer Anerkennung unter Christen, die Beziehung zwischen der Praxis der Kindertaufe und der Erwachsenentaufe.

Die im Frieden getroffene Feststellung, dass die Gnade der THG sehr wohl existiert und dass es eine Kompatibilität dieser Gnade mit unseren verschiedenen konfessionellen Standpunkten gibt, eröffnen uns Möglichkeiten, die Arbeit fortzusetzen. Wenn wir, aus verschiedenen kirchlichen Traditionen kommend, einmütig bestätigen, dass der gleiche Geist in den Herzen der Gläubigen in ihren jeweiligen Kirchen, die diese Erfahrung der Erneurung durch die Pfingstgnade teilen, am Werk ist, ermöglicht uns dies, eine tragfähige Basis der uns geschenkten Einheit zu finden.

Kirchliche Dimension der Gnade

Wenn wir die Notwendigkeit anerkennen, die kirchliche Dimension jener Gnade besonders zu berücksichtigen, bewahrt uns dies vor einem instrumentalen Gebrauch zur Gründung neuer Kirchen oder auch vor einer falschen Gegenüberstellung dessen, was zum institutionellen und charismatischen Charakter im kirchlichen Leben gehört. Mehrere Male wurde betont, dass beide zum Wesen der Kirche gehören und dass sich eine gewisse Spannung zwischen ihnen sogar fruchtbar zeigen kann, unter der Bedingung, das Wirken des Heiligen Geistes als einzige Quelle der Gnaden anzuerkennen. Der Geist lässt nicht zu, dass wir es uns in einer institutionellen Sklerose bequem machen, sondern er zwingt uns, weiterzugehen und das Werk der Wandlung zu akzeptieren, was G. Locher zu Beginn des Symposiums besonders betont hat.

Sicherlich benötigen wir noch etwas Zeit und Abstand, doch wir können bereits festhalten, dass dieses Symposium sowohl auf spirituellem als auch auf intellektuellem Gebiet Früchte hervorgebracht hat. Die ökumenische Auseinandersetzung über die THG muss fortgesetzt werden, damit diese Gnade immer mehr als Gnade für die Einheit, die ja die Grundlage für die Verwirklichung des evangelisatorischen Missionsauftrages der Kirche ist, empfangen wird. Wir glauben, dass die Vorhersehung am Werk ist, sowohl bei der Wahl Mgr J. Welbys als Primas der anglikanischen Kirche als auch bei der Wahl von Papst Franziskus. Wir beten für die Verantwortlichen unserer Kirchen, die Theologen und alle Getauften, dass sie sich vom Geist führen lassen und die Gnade der Taufe sowie den Reichtum der Charismen in ihrer Fülle aufnehmen zur Auferbauung des Leibes der Kirche.

Im Namen des Leitungsteams des Symposiums, Gemeinschaft «Chemin Neuf»


Das Symposium war für die beiden Gemeinschaften, die im Kloster Bethanien im Rahmen einer Allianz unter einem Dach leben, ein besonderes Erlebnis auf dem gemeinsamen Weg. Hier einige persönliche Eindrücke:

«Das von der Gemeinschaft ‹Chemin Neuf› sorgfältig vorbereitete Symposium war für mich ein Schlüsselerlebnis in Bezug auf die ‹Einheit der Christen›. Ich begegnete offenen, wohlwollenden Menschen eigener und anderer christlicher Traditionen. Mir scheint, was uns alle einte, war die Bereitschaft, miteinander Leben zu teilen, wie auch immer … In unserer Gemeinschaft der Dominikanerinnen von Bethanien wurde jede Schwester persönlich – aber auch wir alle gemeinsam – in einen Prozess auf die Einheit hin mit hineingenommen. Es ist ein Prozess, der mir unumkehrbar scheint. Ich kann Gott und allen Teilnehmenden nur danken!»
Sr. Cécile, Dominikanerin von Bethanien

«Für mich waren das Symposium und auch die Vorbereitungszeit eine Bestätigung dessen, was ich schon seit meinem Ankommen in Bethanien erlebe: die offene und liebevolle Grundeinstellung der Dominikanerinnen. Es hat mich tief berührt, wie sie ihre ganze Tagesstruktur in diesen drei Tagen angepasst haben. Sie sind mir ein Vorbild, wie man unterwegs bleiben kann (wie die Kirche auch immer unterwegs sein sollte) und wie man Neues im Vertrauen auf Gott und mit Interesse empfangen kann. Mir als evangelisch-reformierter Christin hat es sehr viel bedeutet, den Gottesdienst zusammen mit den Schwestern zu feiern.»
Kinga Lakatos, Gemeinschaft «Chemin Neuf», Leitung Gästehaus Kloster Bethanien

«Noch nie hat das Haus Bethanien eine so zahlreiche und verschiedenartige Gästeschar beherbergt. Das hat uns Schwestern beeindruckt. Christen aller Horizonte – kirchlicher und geografischer – trafen sich in unserer schönen Klosterkirche zum gemeinsamen Lob Gottes. Symbolisch für die gelebte Einheit war die grosse Bibel an einem zentralen Ehrenplatz, davor ein prächtiger Blumenstrauss: Das Wort Gottes einte uns alle. Auch das Wetter machte mit, und die schöne Gegend über dem Sarnersee wurde gebührend bewundert. Sonnenschein, Wolken, Wind – die Natur in Bewegung schien symbolisch für das bewegte christliche Leben der Gegenwart. Denn noch immer wirkt der Geist Gottes und bewegt alles, was lebt – ein echtes Erleben dessen, was die Kirche Gottes auch heute noch ist.»
Sr. Anna Benedicta, Dominikanerin von Bethanien

«Das Symposium hat sehr unterschiedliche Menschen zusammengebracht, Menschen unterschiedlicher Konfessionen und Sprachen, unterschiedlicher Herkunft und Bildung. Am Ende der Tagung hat mich sehr bewegt, wie dankbar und froh alle Beteiligten waren. Viele Gäste haben diesen Dank persönlich ausgesprochen. Dies ist für mich immer wieder ein Geschenk, ein Wunder des Heiligen Geistes. Er bewirkt, dass jeder persönlich berührt wird und auf unterschiedlichster Ebene etwas Besonderes empfängt. Gleichzeitig schenkt er uns Freude an der Gemeinschaft, er eint uns über alles menschliche Verstehen hinaus.»
Sr. Mirjam Rombouts, Verantwortliche der Gemeinschaft «Chemin Neuf» in der Schweiz

Adam Strojny

Der Priester Adam Strojny ist Kursleiter am Theologischen Institut von Dombes (ITD ). Er ist auch Verantwortlicher der Gruppe zur Überlegung von ökumenischen Fragen innerhalb der Gemeinschaft «Chemin Neuf», die in der Schweiz das Konvikt Salesianum in Freiburg i. Ü. betreut und im Kloster und Gästehaus Bethanien in St. Niklausen (OW) mitarbeitet.