Die Entstehung des Christkönigssonntags

Hochfest Christkönigssonntag (2 Sam 5,1–3; Kol 1,12–20; Lk 23,35–43)

«Bist Du der König der Juden?», fragte schon Pilatus. Jesu Antwort dazu war klar: «Du sagst es, ich bin ein König», verbunden mit einer Erläuterung: «Mein Königtum ist nicht von dieser Welt» (Joh18,33.36).

Bereits in den ältesten Kirchen der Christenheit wurde der Gottessohn in der Apsis als der Thronende dargestellt und so verdeutlicht, dass die Kirchenräume nicht Herrschaftsgebiet des römischen Kaisers waren. Schon damals tauchte auch das Bild von Jesus als dem guten Hirten auf. Dass Christi Königtum nicht der «Welt(un)ordnung» entspricht, belegen die Kruzifixe des Mittelalters mit dem gekreuzigten Christus, der die Betenden mit offenen Augen wie ein Herrscher anblickt.1

Das Königtum Christi als zentraler Gedanke im Kirchenjahr

Das Königtum Christi war schon seit der frühen Kirche ein zentrales Motiv in den Feiern des Kirchenjahres:2 In der Weihnachts- und Osterzeit wird Christus als der messianische König gefeiert. Die Adventszeit ist erfüllt von der freudigen Erwartung dieses Königs, der uns an Weihnachten als Kind und Friedensfürst geschenkt wird. «Am Epiphaniefest steht die Offenbarung der Königswürde Christi im Mittelpunkt. Die Huldigung Christi durch Völker und Nationen ist der zentrale Inhalt dieses Festes, das traditionell als das Königsfest der Kirche gilt» (Christoph Joosten).3 Es passt, wenn in der Schweiz in diesem Umfeld die Epiphaniekollekte für drei bedürftige Pfarreien aufgenommen wird, damit die Renovation von Gotteshäusern, Denkmälern des Königtums Christi, unterstützt werden kann.

Am Palmsonntag feiert die Kirche den königlichen Einzug in Jerusalem, während der Blick am Karfreitag auf den leidenden, aber letztlich triumphierenden Gottessohn am Kreuz und an Ostern und Himmelfahrt auf den auferstandenen und erhöhten Christus gerichtet ist. Allerheiligen und Allerseelen weisen auf den endzeitlichen König hin. Auch die Ideenfeste Fronleichnam und Herz Jesu sind Königsfeste.

Der lange Weg zum Christkönigsfest

So ist es verständlich, wenn sich 1925 im Rahmen einer von Papst Pius XI. durchgeführten Umfrage Benediktiner gegen ein spezielles Christkönigsfest aussprachen mit der Begründung, dass Christus als König im Kirchenjahr hinreichend geehrt wird. Aber im ausgehenden 19. und im frühen 20. Jahrhundert verlor die Kirche an Einfluss, konfrontiert mit antikirchlichen und antiklerikalen Strömungen. In diesem Spannungsfeld wurde der Ruf nach der Errichtung des «sozialen Königtums Christi» laut, verstärkt durch die Herz-Jesu-Verehrung und die eucharistische Frömmigkeit. So weihte Papst Leo XIII. 1899 das Menschengeschlecht dem Heiligsten Herzen Jesu, die gleiche Ausrichtung hatten auch seine Nachfolger Pius X. und Benedikt XV. Leo XIII. lehnte aber 1899 die Einführung eines Christkönigsfestes ab, ebenso seine beiden Nachfolger.

Die Einführung des Christkönigsfestes 1925

Papst Pius XI., der sich unter den Wahlspruch «Pax Christi in regno Christi» stellte, betonte schon in seiner Antrittsenzyklika «Ubi arcano» vom 23. Dezember 1922, dass nach dem Ersten Weltkrieg weder die einzelnen Menschen noch die Gesellschaft und die Völker den wahren Frieden gefunden hätten. Der unruhigen und unfriedlichen Situation begegnete er programmatisch mit dem «Frieden Christi im Reiche Christi». Nicht weltliche Verträge, nur die Hinwendung des Einzelnen, der Familien, Völker und Nationen zu Christus und seiner Kirche könne den wahren Frieden sichern. Dieser Friede im Reiche Christi würde den allgemeinen Frieden nach sich ziehen. Um dieses Ziel zu erreichen, rief der Papst 1922 zur «Katholischen Aktion» auf. Er nahm nun den schon mehrmals an die Päpste gerichteten Antrag auf, ein Fest zu Ehren des Christkönigs einzuführen. 1925 sprachen sich über 700 Bischöfe für die Einführung eines solchen zusätzlichen Festes aus, jedoch mit mässigem Echo aus dem deutschsprachigen Raum. Offiziell wurde das Christkönigsfest mit der Enzyklika «Quas primas» vom 11. Dezember 1925 zum Abschluss des Heiligen Jahres eingeführt. Pius XI. betonte dabei die diesseitige (sozial-)ethische Dimension dieses Festes und des damit verbundenen Grundanliegens: «Wenn (...) die Menschen die königliche Macht Christi im persönlichen und öffentlichen Leben anerkennen würden, so würden notwendigerweise unglaubliche Wohltaten, wie gerechte Freiheit, Ordnung und Ruhe, Eintracht und Friede, die bürgerliche Gesellschaft beglücken.»

Das Fest sollte aber auch eine Verurteilung der gottlosen Gesellschaft sein, die Pius XI. für den Unfrieden verantwortlich machte. Das Christkönigsfest, damals am letzten Oktobersonntag gefeiert, stiess auch in der Schweiz auf grosse Begeisterung, vor allem in der katholischen Jugend. Die 1932 gegründete Jungwacht und die nur kurzlebige Elitebewegung Sturmschar basierten auf den Grundlagen dieses Festes. Der Christkönigsgedanke erfuhr aber nach dem Zweiten Weltkrieg in der Schweiz und in Deutschland keine Erneuerung und flachte in der Nachkriegszeit ab.

Eschatologisierung durch das Konzil

Das Zweite Vatikanische Konzil, in dessen Folge der Festtermin auf den letzten Sonntag des Kirchenjahres verschoben wurde, bewirkte eine Abschwächung des Bildes von Christus als König in Richtung Christus als Hirte und eine weit stärkere Betonung der endzeitlichen, jenseitigen Perspektive. Der diesseitige Impetus, der von Pius XI. durchaus ethisch und politisch verstanden wurde, ging in den Folgejahren weitgehend verloren. Diese Entwicklung ist Ausdruck für das veränderte Christus- und Kirchenbild. Die geschichtliche Entwicklung des Christkönigsfestes zeigt sehr schön auf, dass der Kern und das Geheimnis eines jeden christlichen Festes immer neu gesucht und durchdacht werden müssen.

 

1 Vgl. Pater Eckhard Bieger SJ: Feste und Brauchtum im Kirchenjahr. Entstehung, Bedeutung und Traditionen. Leipzig 2015, 137 f.

2 Ich stützte mich im Folgenden hauptsächlich auf: Christoph Joosten: Das Christkönigsfest. Liturgie im Spannungsfeld zwischen Frömmigkeit und Politik. Tübingen-Basel 2002.

3 Ebd., 61.

Urban Fink-Wagner

Urban Fink-Wagner

Der Historiker und promovierte Theologe Urban Fink-Wagner, 2004 bis 2016 Redaktionsleiter der SKZ, ist Geschäftsführer der Inländischen Mission.