Der Garten – Hort des Lebens

Das Topiary Cross von oben in den Shear Gardens bei der Rangihou Bay auf der Nordinsel Neuseelands. (Bild: Paul Mc Creddiet)

 

Welche Düfte steigen in Ihrem Kopf auf, wenn Sie an Garten denken? Ist es frisch gemähtes Gras, der betörende Duft des blühenden Flieders oder denken Sie beim Garten an den Geruch der frischen Erde beim Umschaufeln des Komposts?

Wachsen und Vergehen, beides gehört dazu. Das grosse Geheimnis der Auferstehung vollzieht sich im Garten immer wieder: Krankes, totes Pflanzenmaterial wird im Kompost zur Grundlage neuen Lebens. Das Beobachten, wie aus einem kleinen Kürbissamenkern eine grosse Pflanze heranwächst, lässt staunen über die gewaltige Lebenskraft. Darin liegt der Zauber eines Gartens. Die Kraft des Lebens, die sich im Garten so anschaulich betrachten lässt, schenkt Mut, Vertrauen und Hoffnung, zeigt jedes Jahr neu, dass das Leben stärker ist als der Tod.

Sie mögen jetzt vielleicht einwenden, dass sich das alles auch in der freien Natur beobachten lässt und gutes Gemüse, sogar in Bioqualität, jederzeit im Supermarkt angeboten wird. Garten ist vom Menschen gestaltete Natur. Der Mensch verdankt seinen Erfolg dem Geschick, seine Umgebung so zu verändern, dass sie zu einem Lebensraum wird. Erst durch die fehlende Bedrohung durch die Naturgewalten wird ein Stück Land zur Oase für den Menschen. So ist auch der Garten Eden ein geschützer Raum in der Natur. Alles was bedrohlich sein könnte, bleibt draussen.

Ein eigener Garten wird nie perfekt sein, nie der Garten Eden. Ein Garten lehrt Demut. Kein Grashalm lässt sich zum Wachsen zwingen, keine einzige Sonnenblume wächst schneller und grösser, wenn man an ihr zieht. Damit ein Garten gedeihen kann, braucht es Geduld, Pflege und Gottes schützende Hand. Der Garten lehrt, in Zusammenhängen zu denken und den Menschen als Teil der göttlichen Ordnung zu erkennen. Eine Meise wird nur im Garten wohnen und die lästigen Läuse fressen, wenn sie auch Platz zum Nisten und Verstecken findet. Der Garten (Eden) wurde uns Menschen zum Bebauen und Hüten anvertraut (Gen 2,15). Im Garten kann das feine Zusammenspiel geübt werden, zum Wohle der Natur mitsamt uns Menschen.

Lassen Sie es blühen, lassen Sie es wachsen, kein Garten ist zu klein, um übers Wachsen zu staunen. Ein Topf Kresse in der Küche genügt, und wenn Sie das Glück eines sonnenbeschienenen Balkons haben, pflanzen Sie eine Tomate in einen grossen Kübel und geniessen Sie den unvergleichlichen Geschmack einer sonnengereiften Tomate aus eigenem Anbau.

Und wenn kein eigener Garten möglich ist: «Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser schönen Sommerzeit an deines Gottes Gaben; sieh an der schönen Gärten Zier und siehe wie sie, mir und dir sich ausgeschmücket haben, [...]» (Paul Gerhardt 1653).

Gabrielle Hochuli*

 

* Gabrielle Hochuli ist Theologin und leidenschaftliche Gärtnerin. Sie leitet seit acht Jahren den Garten Burgdorf des HEKS-Programms «Neue Gärten».