«Das Konzil – ein Sprung vorwärts»

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Helmut Krätzl: Das Konzil – ein Sprung vorwärts. 50 Jahre Zweites Vatikanisches Konzil. Ein Zeitzeuge zieht Bilanz. (Tyrolia-Verlag) Innsbruck-Wien 22013, 190 S. Helmut Krätzl, unter Mitarbeit von Josef Bruckmoser: Mein Leben für eine Kirche, die den Menschen dient. (Tyrolia-Verlag) Innsbruck-Wien 32012, 206 S.

Leider finden sich mit Ausnahme des sehr öffentlichkeitswirksamen Hans Küng kaum Schweizer Augenzeugen, die vertiefte Einblicke in das Konzilsgeschehen bieten können. Tagebücher und Erinnerungen aber sind für das Verständnis und für die Rekonstruktion des Zweiten Vatikanischen Konzils von eminenter Bedeutung. Deshalb lohnt sich ein vertiefter Blick in die Veröffentlichungen des emeritierten Wiener Weihbischofs Helmut Krätzl, der leider bei der Ernennung des nicht nur unfähigen, sondern moralisch kompromittierten Benediktiners Hans Hermann Groër zum Erzbischof von Wien und Kardinal im Jahre 1986 links liegen gelassen wurde. Sein Buch «Das Konzil – ein Sprung vorwärts » gibt einen konzisen Überblick über die Veränderungen, die das Konzil mit sich gebracht hat. Das 3. Kapitel «Das Potenzial des Konzils ist noch nicht ausgeschöpft» verdeutlicht dabei, dass die Kirche nicht beim Konzil stehen bleiben darf, sondern weitergehen muss, und einige Verpflichtungen noch nicht umgesetzt sind, so etwa die Kollegialität der Bischöfe mit dem Papst. Dazu trug nicht nur das Verhalten der römischen Kurie unter den Päpsten Johannes Paul II. (einer der Hauptverantwortlichen für den Missgriff betreffend H. H. Groër) und Benedikt XVI. bei, sondern auch die Polarisierung unter den Bischöfen selbst, wo sich einzelne berufen sahen, die Kirche zu retten, bevor dann deren Absturz kam (Wolfgang Haas, Kurt Krenn usw.). Im Abschlusskapitel gibt Helmut Krätzl hilfreiche Angaben zu Konzilstexten, die im gegenwärtigen Jahr des Glaubens für die spirituelle Vertiefung sehr nützlich sein können.

Zu seinem 80. Geburtstag legt Krätzl mit dem Buch «Mein Leben für eine Kirche, die den Menschen dient» Erinnerungen vor, die seinen Weg vom tradi-tionsbewussten Seminaristen zum Anwalt einer sich erneuernden Kirche aufzeigen. Er setzt mit diesem Buch angemessen und höchst anständig um, was Kurt Koch Helmut Krätzl antwortete, als Krätzl die überaus massive Kritik Kochs am Churer Bischof Wolfgang Haas tadelte: «Was wahr ist, muss man sagen!» (S. 112). Deutlich kommen die unterschiedlichen Konzilsdeutungen von Joseph Ratzinger, Christoph Schönborn und Helmut Krätzl zum Ausdruck.

 

Urban Fink-Wagner

Urban Fink-Wagner

Der Historiker und promovierte Theologe Urban Fink-Wagner, 2004 bis 2016 Redaktionsleiter der SKZ, ist Geschäftsführer der Inländischen Mission.