Priester, Diakone und Laien in Seelsorgeteams (II)

Bedingungen einer fruchtbaren Zusammenarbeit

2. Bedingungen einer fruchtbaren Zusammenarbeit innerhalb eines Seelsorgeteams

31. Wie bereits zu Beginn angekündigt, erhebe ich mit meinen Äusserungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich werde mich sowohl auf den Bereich des kanonischen Rechts beziehen als auch auf den Bereich der Praktischen Theologie, die auf andere Disziplinen, besonders auf Konzepte aus der Psycho-Soziologie, verweist. Zunächst komme ich auf das Konzept der Seelsorgeteams zurück, um deren institutionelle Sendung genau zu definieren. Denn entsprechend dieser werden deren Mitglieder ausgewählt und berufen. Ich werde sodann auf das Profil eingehen, welches entsprechend ihrer Teilnahme an der Ausübung der Seelsorge erwartet wird. Ich werde die Frage des Beauftragungsschreibens ansprechen, besonders unter den Aspekten der Absicherung und Legitimierung. Und enden möchte ich mit einigen Überlegungen zum Zusammenspiel der Ämter (frz. «ministères»).

2.1. Das Konzept des Seelsorgeteams und sein institutioneller Zweck

32. Die Grundbedingung einer guten Zusammenarbeit ist es, die institutionelle Zielsetzung eines Seelsorgeteams klar zu erfassen. Was ist seine Aufgabe? Es ist in der Tat wichtig, dass all diejenigen, die sich als Mitglieder eignen, wissen, wofür sie sich engagieren. Oftmals ist die Zusammenarbeit zwischen den Personen auf Anhieb gestört, weil sie nicht genau wissen, worauf sie sich einlassen. Es gibt einen Unterschied zwischen dem Engagement in einem Seelsorgeteam, einem Pfarreirat, einem Organisationskomitee für einen Anlass, einer Gesprächsgruppe usw.

33. Ohne an dieser Stelle auf technische Erwägungen einzugehen, begnüge ich mich damit, zu sagen, dass das Seelsorgeteam, um das es hier geht, eine Zusammenarbeit im Sinne von Kanon 519 in fine anvisiert: «(...) auch andere Priester oder Diakone mitwirken sowie Laien nach Massgabe des Rechts mithelfen.» Dies schliesst nicht aus, dass das, was hier dargestellt wird, nicht auch analog auf ein Seelsorgeteam gemäss Kanon 517 § 2 angewandt wird. Hier ist nicht der Ort, um über diese Ausnahmeregelung für die Seelsorge einer (neuen) Pfarrei (oder einer Seelsorgeeinheit) zu diskutieren.22

34. Im Anschluss an diese Bemerkung würde ich ein Seelsorgeteam mit folgenden Worten beschreiben: «Das Seelsorgeteam ist ein Leitungsorgan, das gemeinsam mit dem Pfarrer die kirchliche Gemeinschaft gewährleistet. Es beteiligt sich unter der Verantwortung des Pfarrers an der Ausübung der Seelsorge. Es nimmt die Gesamtleitung der Seelsorgeeinheit und die Koordination der Gemeinschaften wahr, aus der sie besteht.»

35. Ich betone: Es handelt sich um eine Leitungsinstanz. Es geht also darum, die «Leitung» rechtskonform wahrzunehmen.23 Es handelt sich gewiss um eine legitime Vollmacht, und zwar so, wie es das Recht – oder gegebenenfalls der Diözesanbischof – dem Pfarrer und dessen Teammitarbeitern zuweist. Die Bevollmächtigung verdient als eine legitime «Ausübungsbefugnis», eine Befähigung (lat. potestas, was mehr bedeutet als imperium) verstanden zu werden.

36. Aufgrund des institutionellen Zwecks eines Seelsorgeteams ist es Aufgabe des Pfarrers und der anderen Mitglieder, die Gemeinden im Glauben zu verwurzeln, ihre Gemeinschaft untereinander aufzurichten, gemeinsam mit der Diözese und der ganzen Kirche, ihr Zeugnis in ihrem jeweiligen Umfeld zu fördern und sie unablässig für einen wahrhaft missionarischen Sinn zu öffnen. Man kann sagen, dass das Seelsorgeteam mit Rücksicht auf die Charismen und die Ämter eines jeden an seiner jeweiligen Stelle am Dienst der Seelsorge des Pfarrers teilhat, wobei dessen Eigenheit erhalten bleibt.24 Der Dienst der Seelsorge ist dem Pfarrer, der dieses Amt innehat (Pastor im engeren Sinn), und den anderen daran teilhabenden Mitgliedern anvertraut; jeder einzelne erhält also diesen Dienst durch sein Amt oder sein Beauftragungsschreiben (frz. «lettre de mission»). Jedenfalls ist niemand dessen Eigentümer. Alle haben daran teil, aber auf unterschiedliche Weise. Es geht nicht darum, «den Dienst der Seelsorge aufzuteilen» (frz. «partager la charge pastorale»), sondern darum, «an der Ausübung des Dienstes teilzuhaben » (frz. «participer à son exercice»).25

37. Wenn einmal die institutionelle Zielsetzung des Seelsorgeteams festgelegt ist, können wir besser dessen Einzigartigkeit im Vergleich zu anderen Instanzen der (neuen) Pfarrei (oder Seelsorgeeinheit) erfassen. In der pfarreilichen Wirklichkeit mit «mehreren Kirchtürmen» ist das Seelsorgeteam die Leitungsinstanz für die Gesamtheit der betroffenen Orts-gemeinden; mit dem Pfarrer ist sie Garant ihrer Einheit und ihres Zeugnisses gemäss des Evangeliums.

38. Wenn auf der Ebene der Ortsgemeinde Kontaktgruppen (frz. «équipes-relais») bestehen, erfüllen diese eine dreifache Sendung in der Gemeinde als Instanz der Nähe; es kommt ihnen zu, den Menschen das Evangelium nahezubringen, eine Rolle als kirchliche Vermittler zu spielen, indem sie auf lokaler Ebene die Gegenwart der Kirche sichern (in der dreifachen Aufgabe der Verkündigung, der Feier und des Dienstes) und die Verbindung zum Pfarrer und den anderen Ortsgemeinden herstellen. Meistens werden die Personen aus diesen Teams von den Ortsgemeinden mit Zustimmung des Pfarrers bestimmt. Während das Seelsorgeteam dafür steht, dass der Pfarrer und dessen Mitarbeiter zu den Gemeinden gehören, zu denen sie gesandt sind, drücken die Kontaktgruppen die Lebendigkeit der Ortsgemeinden und den Willen der Gläubigen aus, sich um die Kirche vor Ort zu kümmern. Beim Pastoralrat (vgl. c. 536) handelt es sich um ein Organ, das der kirchlichen Synodalität eine greifbare Gestalt gibt. An diesem Beratungsort hören alle gemeinsam, Gläubige, Pastoren und andere Amtsträger, auf das Wort Gottes, um Gottes Willen zu erkennen und die (neue) Pfarrei (oder Seelsorgeeinheit) auf das Evangelium einzustimmen. Die betroffenen Pfarreimitglieder gehen nicht dorthin, um einander Ratschläge zu geben (frz. «donner des conseils»), sondern um sich zu beraten (frz. «tenir conseil»).26

39. Zusammengefasst lässt sich sagen: Während das Seelsorgeteam auf die Initiative des Diözesanbischofs zurückgeht, kommt die Kontaktgruppe durch den Einsatz der Pfarreimitglieder vor Ort zu Stande, und der Pastoralrat erlaubt den Austausch der Gläubigen und der Gemeinden.27 Mit diesen drei Instanzen erfolgt das Zusammenspiel der drei ekklesiologischen Prinzipien: das hierarchische Prinzip durch das Seelsorgeteam (bezogen auf den Pfarrer, obwohl dieser und seine Mitarbeiter auf die Gläubigen hören und er sein Amt in Interaktion mit der Gemeinde ausübt), das gemeinschaftliche Prinzip durch die Kontaktgruppen (obwohl die betreffenden Ortsgemeinden in Verbindung mit dem Pfarrer und in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche stehen) und durch das synodale Prinzip durch den Pastoralrat (wenn auch in Gehorsam zum Wort Gottes und auf die Hirten hörend). Es besteht kein Zweifel, dass eine klare institutionelle Unterscheidung zwischen diesen Instanzen – Seelsorgeteam, Kontaktgruppe und Pastoralrat – dem Pfarrer und dem Seelsorgeteam bei der Erfüllung ihrer Sendung eine Hilfe sein wird.

2.2. Das Profil der Teammitglieder

40. Das Profil der Mitglieder muss dem Seelsorgeteam als Leitungsorgan entsprechen; es ist eine Gruppe mit sehr besonderen Aufgaben. Der Pfarrer und die anderen Mitglieder des Teams sind dazu aufgerufen, in dieser Hinsicht zu leiten und zu befähigen. Sicherlich bezieht sich die Leitung einer kirchlichen Gemeinschaft weder auf eine Behörde, noch ein Unternehmen, noch ein Regiment, sondern auf das Volk Gottes an diesem Ort. Jeder muss sich dessen bewusst sein, dass derjenige, der die Kirche «leitet» (frz. «dirige») – der sie führt oder sie regiert – Gott ist durch Christus im Heiligen Geist. Diese Kirche ist von Gott, das heisst, dass sie nicht ihnen gehört und noch weniger ihr Monopol ist. Die Amtsinhaber der Kirche sind höchstens «Verwalter », oder «Gesandte» (vgl. 1 Kor 4,1; 2 Kor 5,20). Daher stellt sich für die Mitglieder des Pastoralteams wie auch für den Pfarrer die Herausforderung, die (neue) Pfarrei (oder Seelsorgeeinheit) zu respektieren, die Charismen und Ämter in ihrer Vielfalt zu fördern, zu erkennen, zu ermutigen und das zu bewahren, was gut ist (vgl. LG 12b in fine, AA 3d, PO 9b; vgl. 1 Thess 5,12.19-21).

41. Hinsichtlich des unterschwelligen Entscheidungsprozesses bei der Pastoralleitung ist das gesamte Team, einschliesslich des Pfarrers, daran beteiligt, die zu treffenden Entscheidungen zu treffen; aufgrund seines priesterlichen Amtes bürgt der Pfarrer dafür, oder er garantiert für sie mit seiner Amtsgewalt und stellt sie in den Zusammenhang der Gemeinschaft der gesamten Kirche. Ich wende hier die grundlegende Unterscheidung zwischen «lawmaking » und «law-taking» an. Alle arbeiten mit daran, die Entscheidung zu finden (engl. «making»), die definitiv vom Pfarrer getroffen wird (engl. «taking»).

42. Die Einzigartigkeit der kirchlichen Leitung bestimmt die Eigenschaften, die für die Teammitglieder erforderlich sind. Über das hinaus, was gewöhnlicherweise für ein Amt gefordert ist, nämlich in Gemeinschaft mit der Kirche zu stehen (vgl. c. 149 § 1), ist es wünschenswert, dass die Mitglieder bestätigt werden, dass sie den Verfügungen der Kirche den Lebensstand betreffend genügen, dass sie eine Ausbildung entsprechend den Herausforderungen der Diözese erhalten haben, dass sie bereit sind, sich weiterbilden zu lassen.

43. Zu den erwähnten Bedingungen kommen weitere Eignungskriterien hinzu. Ich zitiere vorwiegend folgende Eigenschaften: hinreichende Kenntnis des Feldes, Beziehungsfähigkeit – bereit, zuzuhören und einander zu respektieren –, Fähigkeit, im Team zu arbeiten und Unterschiede zu akzeptieren und über die unvermeidlichen Spannungen bei der gemeinsamen Arbeit hinauszugehen, Loyalität gegenüber der Institution, ausreichende Offenheit für andere Ebenen kirchlichen Lebens (Dekanat und Diözese). Teamarbeit ist insofern anspruchsvoll, als sie diese und andere Eigenschaften mobilisiert. In der Praxis begnügt man sich in den Diözesen mit einer minimalistischen Auffassung von Teamarbeit, zweifelsohne aus Angst, nicht die geeigneten Personen finden zu können.

44. Die Arbeit im Seelsorgeteam beschränkt sich nicht nur auf eine einfache Informationsweitergabe an einen Verantwortlichen, noch auf den Beitrag eines jeden zu dieser Arbeit. Aus der Sicht des Pfarrers kann die Arbeit sich nicht auf ein absteigendes Delegieren von Aufgaben- und Kompetenzbereichen beschränken; aus der Sicht der übrigen Mitglieder wiederum dürfen sie sich nicht als einfache Ausführende, und seien sie noch so kompetent, verhalten. Es genügt nicht, den Beitrag jedes Einzelnen aufeinander abzustimmen. Die Koordination der Teamarbeit ist notwendig, aber nicht hinreichend, um eine Zusammenarbeit zu erreichen, die die gemeinsame Arbeit aller und jedes Einzelnen einbezieht.

45. Ich vertrete in dieser Beziehung eine Auffassung von Teamarbeit, die einige als maximalistisch bezeichnen werden, und die das Erlernen der Abfolge «Beitrag jedes Einzelnen + Koordination des Ganzen + Zusammenarbeit aller» erfordert. Es ist ein Ideal, nach dem man durch entschlossenes, geduldiges und überlegtes Lernen streben muss. Je mehr man auf diesem Weg fortschreitet, umso mehr ist vom Pfarrer und den anderen Teammitgliedern gefordert, eine Einheit zu bilden (frz. «faire corps»), einen gemeinsamen Fokus zu finden (frz. «faire mouche»), Sinn zu schaffen (frz. «faire sens») und sich (eventuellen Schwierigkeiten) zu stellen (frz. «faire face»).28

46. Eine Einheit bilden – «Faire corps». Ein Team ist zunächst eine «Gruppe», keine funktionale Ansammlung. Seine Mitglieder sind vereint aufgrund eines gemeinsamen Ziels oder einer gemeinsamen Sendung, und sie lernen einander zu respektieren, sich in ihren Talenten gegenseitig wertzuschätzen, sich zu verstehen und einander zuzuhören, sich in ihren Unterschieden anzunehmen, um die Aufgabe zu verwirklichen, die die ihrige ist – mit der Gnade Gottes, die aber nicht ohne uns handelt! Vorrang hat die Verwirklichung dieser gemeinsamen Aufgabe im gegenseitigen Vertrauen und die Loyalität gegenüber der Institution. Ohne Zusammenhalt der Mitglieder gibt es keinen Zusammenhalt beim Handeln. Diese Integration setzt zumindest voraus, dass man sich die Zeit gönnt, diesen Teamgeist zu schaffen. Man ermisst daran die Bedeutung häufiger und regelmässiger Sitzungen.

47. Einen Fokus finden – «Faire mouche». Wenn auch der Zusammenhalt der Mitglieder eine notwendige Bedingung für ein Team ist, ist diese jedoch nicht hinreichend. Ein Team hat immer eine Daseinsberechtigung, ein «soziales Ziel», einen institutionellen Zweck, was in diesem Fall die pastorale Leitung ist. Das Team muss wissen, wohin es geht und wozu es dient! Das Seelsorgeteam hat infolgedessen zu erreichende Ziele, vielleicht sogar eine Vision, das heisst langfristige Perspektiven, die das Verfolgen dieser Ziele anregen und durchdringen. Die Teammitglieder müssen daher untereinander über die Ziele und diese Vision übereinstimmen. Letztlich können sie nur eine Einheit bilden (frz. «faire corps»), wenn sie einen gemeinsamen Fokus haben (frz. «faire mouche»).

48. Sinn schaffen – «Faire sens». Es genügt jedoch nicht, die festgesteckten Ziele zu verfolgen oder sogar zu erreichen. Die Teammitglieder sind freie und vernunftbegabte Personen, die auf loyale Weise eine Sendung angenommen oder sich entschlossen Ziele gesetzt haben. Es steht ihnen in- folge gut an, ihre Arbeit und das Verfolgen des Ziels/ der Ziele mit Blick auf die Vision – einer langfristig angelegten, anregenden Perspektive – auszuwerten; unter Rücksicht auf die Umstände, die Schwierigkeiten, die Fortschritte, das Engagement aller und jedes Einzelnen usw. Die Teamarbeit regt bei den Mitgliedern, den Pfarrer eingeschlossen, eine Fähigkeit zur Reflexion an, sich individuell und kollektiv die Beschlüsse, Unternehmungen und Umsetzungen zu eigen zu machen. Es geht darum, Sinn zu schaffen (frz. «faire sens»), zu sehen, wohin dies sie führt, während sie ihre Arbeit unter dem Blick Gottes wertschätzen und die notwendigen Unterscheidungen dank des Heiligen Geistes durchführen.

49. Sich Schwierigkeiten stellen – «Faire face». Wegen der gemeinsamen und zugleich verschiedenen Verantwortung in den seelsorgerischen Aufgaben müssen der Pfarrer und die anderen Teammitglieder in der Lage sein, über gefällte Entscheidungen Rechenschaft abzulegen. Es besteht die unter allen Umständen geforderte institutionelle Loyalität gegenüber dem Team in Dingen, die diesem aufgetragen sind, aber auch in grösserem Rahmen gegenüber der Diözese und der ganzen Kirche, da ja die Mitglieder, der Pfarrer eingeschlossen, ihre Sendung grundsätzlich vom Diözesanbischof empfangen haben und da ihre Diözese in der Gemeinschaft mit der ganzen Kirche verankert ist.29 Es kommt vor, dass die Mitglieder sich zwischen Hammer und Amboss befinden und infolge von Anfragen der Akteure vor Ort, von aggressiven Absichten gewisser Pfarreimitglieder usw. überrollt werden. Die institutionelle Loyalität bedeutet nicht, dass sie sich jeglichen kritischen Sinns entledigen, sondern dass dieser nicht ohne Unterscheidung zum Zuge kommt. Die zugleich gemeinsame und verschiedene Verantwortung erfordert auch ein gutes Konfliktmanagement innerhalb des Teams. Sie erfordert ein echtes Pflichtethos, um die gemeinsame Arbeit zu unterstützen, das gemeinsame Handeln zu verstärken, die erhaltene Sendung in Ehren zu halten und, zu guter Letzt, die Gläubigen, die von ihren Verantwortlichen Unterscheidungsvermögen, Mut, Engagement und Ermutigung erwarten, zu respektieren, um Kirche vor Ort zu werden.

50. Mit den soeben beschriebenen Anforderungen an das Funktionieren und das beschriebene Profil der Mitglieder, das von ihnen gefordert ist, eröffnet sich ein Bild der Kirche, in dem sich die Grosszügigkeit und die Kompetenzen jedes Einzelnen, die Zusammenarbeit aller und das Engagement im Dienst einer gemeinsamen Sache miteinander verbinden. Nichts spricht in der Kirche mehr für sich als die Zusammenarbeit aller, omnes cuncti conspirantes in unum.30

Man kann es kaum begreifen, was man sieht: Wenn man wahrnimmt, dass die Personen trotz ihrer Vielfalt, wenn nicht sogar Differenzen, zusammenarbeiten, ist man in der Lage, die Kraft des Evangeliums zu schätzen, die sie vereint, sie inspiriert und mobilisiert. Die ekklesiologische Herausforderung ist gewaltig. Die Teamarbeit ist wirklich ein kirchliches Laboratorium.

51. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es dem diözesanen Partikularrecht zukommt, einen Status für Seelsorgeteams in der Pfarrei vorzusehen. Diese Gesetzgebung wird ein wenig ehrgeizig sein müssen, um eine maximalistische Sicht dieser Art von Team anbieten zu können. Die Personen, die dazu berufen sind, dessen Mitglieder zu werden, können damit die Bedeutung dieser pfarreilichen Instanz ermessen, um eine der grossen Errungenschaften des vergangenen Konzils voranzubringen, nämlich eine Kirche, die stärker partizipativ ist und die nicht allein auf der Mitverantwortung aller, sondern auch auf der Zusammenarbeit der Dienste einiger beruht.

2.3. Das Beauftragungsschreiben (frz. «lettre de mission»), ein Legitimierungsgarant

52. Ich bin der Überzeugung, dass das Beauftragungsschreiben dazu beiträgt, die Diakone und Laienmitglieder des Seelsorgeteams zu legitimieren, während die Aufgaben des Pfarrers oder Vikars ausreichend durch das Recht bestimmt sind. Der Begriff «Legitimierung» hat mehrere Konnotationen. Im juridischen Bereich ist die Legitimierung die Beschaffenheit dessen, was legitim im Sinn des Legalen ist, das heisst, was juristisch begründet, vom Gesetz abgesegnet oder vom Recht anerkannt ist.31 Die Legitimierung ist infolge das, was recht und billig ist; der Begriff wird hier synonym gebraucht zu all dem, was gerecht und daher gerechtfertigt ist; man denke an ein legitimes Gehalt oder auch eine legitime Verteidigung. In der Soziologie ist legitim die Beschaffenheit dessen, was von den Mitgliedern einer Gruppe oder einer Gesellschaft angenommen und anerkannt ist.32

53. Kurz gefasst ist legitim das, was legal, gerecht oder durch eine Gemeinschaft angenommen ist. In dieser Hinsicht wäre das Beauftragungsschreiben geeignet, die vollzogene gesetzesgemässe Handlung zu gewährleisten, um einen Dienst oder ein Amt zuzuweisen, nämlich die Ernennung der Teammitglieder als administrativer Akt (vgl. cc. 37 und 48); es würde die Richtigkeit dieser Handlung absichern und infolge deren Billigkeit, und schliesslich würde es die Annahme der Beauftragung durch die Betroffenen begünstigen wie auch die Annahme des Amtes durch die Gemeinschaft.

54. Soziologen der Weber’schen Richtung unterscheiden zumindest drei Arten von Legitimierung: die Aufgabe (hier das Amt), die Kompetenz und die Erfahrung.33 Die erste Art entspringt dem «Amtscharisma », das auf die Legitimierung zurückgeht, welche die Institution dem Amt zuweist. In unserem Bereich hängt die Legitimierung des Amtes vor allem am Ritus, der eingesetzt wird, um sie zuzuschreiben, im Besonderen die sakramentale Weihe.34

Die geweihten Amtsträger geniessen sogleich eine Legitimierung, die hauptsächlich von der sakramentalen Einsetzung in das Amt durch die «Weihegnade» abhängt. Die beiden anderen Arten der Legitimierung – die Kompetenz und die Erfahrung – hängen von den Kenntnissen und dem Wissen (frz. «savoir»), der inneren wie auch äusseren Haltung (frz. «savoir-être») und der Fähigkeit zur Anwendung (frz. «savoir-faire») ab, die erworbene Eigenschaften bei den betreffenden Personen sind, durch die sie in den Augen anderer dafür legitimiert sind, eine Amtsgewalt oder eine Vollmacht, in diesem Fall ein Dienstamt auszuüben.

55. Die Legitimierung der kirchlichen Ämter unterscheidet sich je nach ihrer Grundlage: die Aufgabe/ das Amt (und sein Charisma), die Kompetenz oder die Erfahrung. Die Legitimierung der Laienmitglieder eines seelsorgerischen Teams basiert eher auf der Ebene ihrer Kompetenz, manchmal auf ihrer Erfahrung.

Die Geistlichen bewegen sich dagegen auf der Ebene der Legitimierung durch die Aufgabe/ das Amt. Meiner Meinung nach kann die Praxis der Beauftragungsschreiben einerseits dazu beitragen, abzumildern, was einige als eine Diskrepanz, wenn nicht als Asymetrie erachten – die in der katholischen Theologie zwischen ordinierten Ämtern und den anderen Gläubigen unüberwindbar ist – und andererseits kann das Schreiben die Anerkennung der Amtsinhaber und die Aufnahme ihres Amtes begünstigen.

56. In der kirchenrechtlichen oder administrativen Praxis der Diözesen begleitet das Beauftragungsschreiben das Ernennungsdekret. Manchmal wird es mit diesem verwechselt, so dass selbst die Diözesanverantwortlichen, wenn nicht sogar die Kanzler, es aus kirchenrechtlicher Sicht als die ausschlaggebende Handlung ansehen. Es ist jedoch wichtig, das Ernennungsdekret und das Beauftragungsschreiben angesichts dessen dreifachen Zwecks nicht zu verwechseln.

Übersetzung Thomas Fries. Dr. iur. can. Alphonse Borras ist Generalvikar der Diözese Lüttich und Professor für Kirchenrecht an der « Université de Louvain-la-Neuve» sowie Lehrbeauftragter am «Institut Catholique» in Paris. Der Autor hielt das hier abgedruckte Referat am 6. März 2013 an der 6. CIFTTagung an der Universität Freiburg i. Ü.

22 Vgl. A. Borras: L’équipe pastorale de paroisse, une exclusivité du c. 517?, in: A. Weiss / St. Ihli (Hrsg.): Flexibilitas iuris canonici. Festschrift für Richard Puza zum 60. Geburtstag. Frankfurt a. M . 2003, 223–240. Geschrieben für ein deutschsprachiges Publikum, basiert diese Studie auf Praktiken aus Frankreich und Québec, um vor allem zu zeigen, wie die Wirkungsgeschichte des Kanons 517 gemeinsame pastorale Praktiken induziert hat. Sie zeigt anhand von Argumenten, dass die kanonische Begründung der «collaborative ministry» sich eventuell eher woanders, in diesem Fall im Kanon 519, f indet.

23 Wir sollten uns vor diesem Wort nicht fürchten: Die katholischen Milieus stehen latent unter der Versuchung der Weltfremdheit und haben daher ein negatives Vorurteil gegenüber der «Macht», als ob diese an sich schon schlecht oder verderblich sei. Jedoch handelt es sich um eine für das (Über-)Leben der Gemeinschaften und Kollektive notwendige menschliche Realität, derer sie bedürfen, um sich zu entwickeln, zu funktionieren usw. Die Frage dreht sich genau darum, die Macht zu humanisieren, das heisst, dass sie auf menschliche Weise ausgeübt wird, dass sie die Menschen auferbaut, sie wachsen lässt, sowohl die Besitzer als auch die Empfänger. Bei dieser Humanisierung der Macht übt das Recht eine bedeutende Regulierungsfunktion in Bezug auf die Gewalt aus und begrenzt deren Ausübung. Es legitimiert sie wie in sonst kaum einem anderen menschlichen Kollektiv. Betreffend die Humanisierung der Macht darf im christlichen Sinn nicht vergessen werden, dass sie «evangelisiert» werden muss; Christus benennt uns das Ziel der Macht: der Gemeinschaft zu dienen – und nicht darin, sich bedienen zu lassen (vgl. Mk 10,45). In der Kirche nimmt man ein Amt an – einen Dienst oder ein Kirchenamt –, um zu dienen, und nicht, um sich bedienen zu lassen oder sich zu bedienen. Hierzu empfiehlt sich die Lektüre einer besonders anregenden Reflexion von J.-Y. Baziou: À l a recherche d’un art d’exercer l’autorité, in: Prêtres diocésains n° 1403 (März–April 2003), 103–117. Metaphorisch gesprochen bedeutet Hirte, zu sein, sich um die Nahrung zu kümmern und die Sicherheit der Herde; der Hirte nimmt einen überlebenswichtigen Dienst für die Herde wahr. Es ist ein Dienst der Fürsorge, der Sorge – auf Lateinisch cura, épiscopè auf Griechisch; so ist es immer ein Dienst zum Wohle der anderen (vgl. 105–106).

24 Ich wende gerne mutatis mutandis auf das Team an, was Mgr Albert Rouet über das Priesteramt sagt: zum Glauben begleiten (frz. «engendrer à l a foi»; geistliche Vaterschaft), die Kirche Gottes durch Christus im Heiligen Geist versammeln (kirchliche Gemeinschaft) und in ihr durch die Sendung die Sorge um das Ganze nähren (missionarische Offenheit). Vgl. Mgr A. Rouet (e. a.): Un nouveau visage d’Église. L’expérience des communautés locales à Poitiers. Paris 2005, 55 f.

25 Vgl. A. Borras: Considérations canoniques sur le «partage» de la charge pastorale, in: nouvelle revue théologique (= NRT ) 134 (2012), 424 – 440.

26 Vgl. A. Borras: Le Conseil paroissial: la paroisse qui tient conseil …, i n: Prêtres diocésains n°1275 (1989), 373–379; Petite apologie du Conseil pastoral de paroisse, in: NRT 114 (1992), 371–390, 558 –576.

27 Ich erlaube mir, auf meine Studien zu diesen Fragen zu verweisen: A. Borras: Conseil paroissial et équipe pastorale: deux réalités interchangeables?, in: La Foi et le Temps 21 (1991), 22–50; Équipes, Conseils et ministère presbytéral dans la nouvelle donne paroissiale: vers une meilleure lisibilité institutionnelle?, in: Prêtres diocésains n° 1403 (März– April 2003), 157–184.

28 Ich lehne mich hier an Reflexionen meines Kollegen Etienne Bocquert SDB an, Coach und Ausbilder, Lehrbeauftragter an der Fakultät für Psychologie und Erziehungswissenschaften der UCL . Er spricht von einem «gemeinsamen Fühlen», das unabdingbar ist, um den Zusammenhalt innerhalb des Teams zu garantieren und zu einer Zusammenarbeit aller zu gelangen. Dieser Zusammenhalt hängt von der Entscheidung jedes Einzelnen ab, vom Einverständnis untereinander und von der emotionalen Resonanz der gemeinsamen Sendung. Vgl. S. Berger: Appel à l ’équipe, in: La Libre Belgique – La Libre Entreprise, 12.2.2005, vgl. http://www.lalibre.be/economie/libre-entreprise/appel-a-l-equipe-51b88848e4b0de6db9ab961d .

29 Vgl. A. Borras: Esquisse d’une déontologie du ministère ecclésial, in: L.-L. Christians (dir.): La déontologie des ministères ecclésiaux. Paris 2007, 21–56, hier 37–38.

30 Ich wiederhole hier diesen Ausdruck der Konzilsväter des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Einführung zum Kapitel über die Laien in der dogmatischen Konstitution über die Kirche: «Die geweihten Hirten wissen sehr gut, wieviel die Laien zum Wohl der ganzen Kirche beitragen. Sie wissen ja, dass sie von Christus nicht bestellt sind, um die ganze Heilsmission der Kirche an der Welt allein auf sich zu nehmen, sondern dass es ihre vornehmliche Aufgabe ist, die Gläubigen so als Hirten zu führen und ihre Dienstleistungen und Charismen [lat. ministrationes et charismata] so zu prüfen, dass alle in ihrer Weise zum gemeinsamen Werk einmütig zusammenarbeiten [lat. omnes cuncti conspirantes in unum]» (LG 30).

31 Im Verfassungsrecht beispielsweise ist legitim, was in Einklang steht mit dem Streben der Regierten und daher ihre Zustimmung trägt; man spricht von demokratischer Legitimierung. Vgl. S . Goyard-Fabre: Art. «Légitimité», in: D. Aalland / S. Rials (dir.): Dictionnaire de la culture juridique. Paris 2003, 929–933.

32 Vgl. O. Ihl: Légitimité et légitimation, in: A. Akoun / P. Ansart (dir.): Dictionnaire de sociologie. Paris 1999, 305–306.

33 Die erste Legitimierungsform kommt « von oben», aufgrund des zugesprochenen Amtes – d urch die Autorität der repräsentierten Institution. Es ist das «Amtscharisma», welches auf unpersönlichen Regeln fusst, die bürokratischer Art sind. Diese sichern die Dauerhaftigkeit der Institution über die Individualitäten hinaus. Der z weite Modus ist die Legitimierung aufgrund der Kompetenz – die Professionalität, einschliesslich derjenigen der Freiwilligen. Bezüglich des dritten Modus handelt es sich um die Legitimierung, die « von unten» kommt aufgrund der gesammelten Erfahrungen, eines Engagements, des Erlebten. Jüngere soziologische Untersuchungen über die «neuen Ämter» vertiefen diese Unterscheidung: C. Béraud: Prêtres, diacres, laïcs. Révolution silencieuse dans le catholicisme français. Préface de Danièle Hervieu-Léger. Paris 2007, besonders 155–167.

34 Die Ordination hat die Stellung dessen, was ein Anthropologe wie Arnold van Gennep einen «Übergangsritus » (frz. «rite de passage») nannte und was der Soziologe Pierre Bourdieu lieber «Einsetzungsritus » (frz. «rite d’institution ») nennen möchte. Vgl. P. Bourdieu: Les rites comme acte d’institution, in: Actes de la recherche en sciences sociales 43 (1982), 58, zitiert von: C. Béraud: Les femmes et les diacres, in: B . Dumons / D . Moulinet (éd.): Le diaconat permanent. Relectures et perspectives. Paris 2007, 177.

Alphonse Borras

Alphonse Borras

Dr. iur. can. Alphonse Borras ist Generalvikar der Diözese Lüttich und Professor für Kirchenrecht an der « Université de Louvain-la-Neuve» sowie Lehrbeauftragter am «Institut Catholique» in Paris