«Danach folgt manchmal Enttäuschung …»

Inkulturation und Integration sind bei der Anstellung ausländischer Priester immer ein Thema. In der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg gibt es eine durchdachte Willkommenskultur.

SKZ: Wie ist es zur Begleitung von ausländischen Priestern gekommen?
Myriam Stocker: Unsere Diözese empfängt schon seit vielen Jahren ausländische Priester. Eine Zeit lang gab es keine wirklichen Regeln für solche Anstellungen; dies geschah entsprechend den Bedürfnissen unserer Diözese und den Anforderungen, die an uns herangetragen wurden. Aufgrund der vielen Anfragen und angesichts gewisser Schwierigkeiten bei der Integration und/oder des Dienstes gewisser Priester haben der Bischof und der Bischofsrat entschieden, die «Cellule diocésaine d’accueil et d’accompagnement» (Diözesane Gruppe für den Empfang und die Be- gleitung) zu errichten.

War es schwierig, Mitglieder für diese «Cellule diocésaine» zu finden?
Anfangs gab es Überlegungen in einer Gruppe von Priestern und Laien, einige aus der Diözese, einige aus anderen Ländern sowie von Personen, die mit Ausländern zusammenarbeiteten. Diese Gruppe hat die Basis für diese «Cellule diocé- saine» entwickelt. Danach wurden drei Personen ausgewählt und vom Bischof ernannt, um diese «Cellule diocésaine» zu bilden: ein pensionierter Priester, der selbst einige Jahre als Fidei-Donum- Priester tätig war (Bernard Jordan), eine Seelsorgerin brasilianischer Herkunft, die vor etwa 20 Jahren in die Schweiz gekommen ist (Isabela Costa Mouny), und ich selber, Koordinatorin der Pastoralplanung und Bischofsdelegierte. Zusätzlich zu diesen drei Verantwortlichen der «Cellule diocésaine» gibt es in jedem Kanton einen Beauftragten (entweder einen Bischofsvikar, seinen Adjunkten oder ein Mitglied des Vikariatsrates), der mit der «Cellule diocésaine» in Kontakt steht und für alle administrativen Angelegenheiten zuständig ist.

Wie erleben Pfarreien die Ankunft von ausländischen Priestern?
Im Allgemeinen sind die Pfarreimitglieder anfangs sehr glücklich mit der Ankunft eines ausländischen Priesters, da sie Angst davor haben, Eucharistiefeiern, Aktivitäten oder Veranstaltungen, an denen sie beteiligt sind, zu verlieren. Danach folgt manchmal eine kleine Enttäuschung, weil seine Art der Seelsorge ein wenig anders ist oder es Sprachschwierigkeiten gibt, an die sich die Gemeindemitglieder anpassen müssen. In Bezug auf die Seelsorgeteams ist es eine Erleichterung, zu wissen, dass ein neuer Mitarbeiter kommt. Es ist aber auch ein erheblicher Mehraufwand, da es notwendig ist, ihn so gut als möglich einzuführen und ihm die notwenige Anpassungszeit zu lassen. Insgesamt geht es mit den ausländischen Priestern recht gut, aber es ist wichtig, ihnen Zeit zur Anpassung zu geben, sowohl an das Leben in der Schweiz als auch an ihren neuen Dienst. Es ist aber auch ein Reichtum, andere Kulturen zu entdecken.

Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit diesem Engagement gemacht?
Ich denke, dass es mit der Hälfte der Priester, die in den letzten drei Jahren von der «Cellule diocésaine» empfangen wurden, gut geht. Mit der anderen Hälfte ist es manchmal komplizierter und ein bis drei Priester kehren nach dem ersten Jahr in ihre Heimat zurück. Neben unserer Aufgabe, die Priester willkommen zu heissen, gibt es auch die Begleitung. Wir treffen uns – soweit dies möglich ist – vor der Ankunft des zukünftigen Priesters mit seinen engeren Mitarbeitern. Auch danach gibt es mehrere Treffen. Daneben gibt es vier Kurstage («Session d’accueil et de bienvenue»). Etwa sechs Monate nach ihrer Ankunft treffen wir die Priester zur Zwischenevaluation. Es kommt auch vor, dass Bischofsvikare uns bitten, einen Priester über das erste Jahr hinaus zu begleiten.
Schwierigkeiten entstehen meistens aus folgenden Gründen: die Kompetenzen des Priesters entsprechen nicht ganz den Erwartungen, die Teamarbeit ist ungewohnt, die Zusammenarbeit mit Laien, besonders mit Frauen, gestaltet sich schwierig, es bestehen unterschiedliche Visionen betreffend Kirche und Pastoral (vor allem bezüglich Sakramentenpastoral), die bei uns gelebte Ökumene kann nicht mitvollzogen werden oder die Anstellung als mitarbeitender Priester stellt für manche eine Zurückstufung dar. Es können auch ganz praktische Gründe sein, wenn z. B. der Priester nicht Auto fahren kann oder keinen Schweizer Führerschein besitzt oder er die französische resp. deutsche Sprache nicht gut genug beherrscht.

Interview: Rosmarie Schärer

 

Integrationskurs: Prof. Salvatore Loiero und Prof. François-Xavier Amherdt (beide Uni FR) haben in Zusammenarbeit mit dem Leiter des Theologisch-pastoralen Bildungsinstituts (TBI), Dr. Christoph Gellner, einen Integrationskurs für ausländische Priester im Geltungsbereich der Deutschschweizer Ordinarienkonferenz (DOK) ausgearbeitet, der sich noch im Beratungs- und Entscheidungsprozess befindet.


Interviewpartnerin Myriam Stocker

Myriam Stocker ist Koordinatorin der Pastoralplanung in der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg.