Sternsingen ist mehr als eine Sammelaktion und die Tradierung eines lebendigen Brauches. Kinder und Jugendliche lernen bei der Vorbereitung auf das Sternsingen die Lebenswelt von Kindern in Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien kennen. Die Erfahrung zeigt, dass die unmittelbare Begegnung einen tiefen Eindruck hinterlässt, bei den Kindern aus der Schweiz und aus dem betreffenden Land.
Neben dem jährlichen Beispielland steht ein Thema exemplarisch im Fokus. Bei der kommenden Aktion sind es Kinder und Jugendliche mit Behinderung in Peru.
«Yancana Huasy»
Im Armenviertel Canto Grande in der peruanischen Hauptstadt Lima befindet sich das Zentrum «Yancana Huasy» für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Das Zentrum ist ein langjähriger Partner des Kindermissionswerkes und setzt sich für die Inklusion von Kindern mit Behinderung in der peruanischen Gesellschaft ein. Es ist einzigartig in ganz Peru, weshalb Kinder von weither kommen, um die Fördermöglichkeiten nutzen zu können. «Yancana Huasy» (Quechua) bedeutet übersetzt «Haus der Arbeit». Etwa 1000 Kinder und Jugendliche mit Behinderung besuchen jährlich das Zentrum. Dieses begleitet Kinder mit Behinderung und deren Familien. Die Eltern und die Geschwister werden in die Therapie mit einbezogen. Sie sollen lernen, wie sie die behinderten Kinder ins Familienleben einbinden können. Ziel der Arbeit des Zentrums ist es, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderung als wertvolle und gleichwertige Menschen wahrgenommen und geschätzt werden.
In Peru leben rund 5 bis 8,9 Prozent der Bevölkerung mit einer Behinderung. Auch wenn Peru zum Schutz von Kindern mit Behinderung wichtige Konventionen unterzeichnet hat, haben nur wenige Kinder Zugang zu Schulbildung. Diese wiederum ist wichtiger Bestandteil und Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Denn Kinder sollen nicht auf ihre Behinderung reduziert, sondern wie alle anderen Kinder als neugierige, entwicklungsfähige und bereichernde Geschöpfe Gottes gesehen werden. Dafür will die Aktion Sternsingen 2019 Verständnis wecken. Deshalb lautet dieses Mal der Slo- gan: «Wir gehören zusammen».
Frohbotschaft für alle
Die kirchliche Tradition hat aus den Sterndeutern (Mt 2,1–12) drei Könige gemacht, die aus den damals bekannten Kontinenten Asien, Europa und Afrika stammen. Wo der Stern stehen bleibt, finden sie ein Kind und seine Mutter Maria. Voll Freude bringen sie ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Geschenke. Die Botschaft des Heils, die allen Völkern gilt, tragen sie mit sich nach Hause – in alle Welt. Diese Dynamik setzen die Kinder fort, indem sie als die Heiligen Drei Könige Kaspar, Melchior und Balthasar zu den Häusern gehen: Die frohe Botschaft gilt allen Menschen. Die Sternsinger haben Anteil am Sendungsauftrag der Kirche. Es ist ihr Auftrag, dass der Segen Gottes zum Segen für die Menschen wird. Die Aktion Sternsingen ist auf diese Weise Ausdruck einer lebendigen Kirche und wird an den allermeisten Orten – von kirchennahen und -fernen Menschen, aber auch von Angehörigen anderer Konfessionen, Religionen und Kulturen – mit grossem Wohlwollen aufgenommen.
30 Jahre – ein Grund zum Feiern
Es war ein bescheidener Anfang, den Missio mit der Aktion Sternsingen 1989 unternahm. Die Schweizer Bischofskonferenz übertrug damals die gesamtschweizerische Verantwortung und Koordination für das Sternsingen an Missio. Gerade einmal Fr. 37 000.– kamen im ersten Jahr zusammen. Doch im Laufe der Jahre steigerte sich das Sammelergebnis bis es 2005, im 17. Jahr, die Millionengrenze überschritt. Mit der aktuellen Aktion feiert Missio das 30-Jahr-Jubiläum. Hinter diesen Zahlen verbergen sich zahllose Stunden an freiwilliger Arbeit durch Frauen und Männer, unzählige Kinder und Jugendliche, die aktiv geworden sind – und heute vielleicht selber Sternsingergruppen begleiten – und mehrere tausend Projekte für Kinder und Jugendliche in aller Welt. Aus diesen bescheidenen Anfängen ist die grösste Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder in anderen Teilen der Welt geworden.
Diese Solidarität wird stark bleiben. Das heisst auch, dass die Konfessionsgrenzen überschritten werden und die Aktion Sternsingen an immer mehr Orten ökumenisch und entsprechend den örtlichen Gegebenheiten durchgeführt wird.
Siegfried Ostermann
