Argumentationshilfen für die Seelsorge

Sehhilfen zur Wahrnehmung der vielfältigen Beziehungsarten in der heutigen Gesellschaft geben, dieses Ziel verfolgt die Schrift «Zwischenmenschlich.» Sie zeigt auf, wie pastoraltheologisch-verantwortet Menschen in ihren familiären und partnerschaftlichen Beziehungen begleitet werden können.1

Auslöser waren die beiden Bischofssynoden in Rom zur Familienpastoral. Deren Thematik nimmt die Arbeitsgruppe Praktische Theologie Schweiz auf und bearbeitet sie aus hiesiger Perspektive. Damit hat sie kurz vor dem Erscheinen des postsynodalen Schreibens «Amoris Laetitia» von Papst Franziskus ein starkes Zeichen gesetzt, die Vielfalt heutiger Paar- und Familienrealitäten wahr-und ernst zu nehmen und Menschen in ihren Realitäten seelsorgerlich zu begleiten. Ausdruck für eine durchgehend wertschätzende Haltung ist z.B. der Blick von Christoph Gellner in die Gegenwartsliteratur. Er zeigt auf, dass Menschen verlässliche Beziehungen suchen und anstreben, entgegen dem ersten vorsynodalen Schreiben mit seinem pessimistischen Blick auf heutige Beziehungsrealitäten.

Beziehungsfähigkeit

Der Schwerpunkt der Schrift liegt auf den Paarbeziehungen. Familiäre Beziehungen zwischen den Ge Titel «Zwischenmenschlich» ist v. a. die dauerhafte Beziehung zwischen Mann und Frau angesprochen und ausgeleuchtet, obwohl ein inklusiver Schreibstil gewählt wurde, bei welchem gleichgeschlechtliche Partnerschaft mitgedacht werden kann. Mit dem Untertitel «Beziehungspastoral heute» wird die Ausrichtung der Pastoral definiert: Es geht darum, in der Pastoral Menschen in ihren Beziehungen «unter dem Zuspruch und Anspruch Gottes» (14) zu begleiten und zu fördern, in erster Linie, ohne nach der Lebensform zu fragen. Darum dient alles, was die Beziehungsfähigkeit der Menschen fördert, einer Beziehungspastoral: vom Entwickeln der Beziehungskompetenz in der Kinder- und Jugendarbeit, in der Ehevorbereitung und Ehebegleitung, in der Begleitung in Krisen und im Scheitern von Beziehungen bis hin zum Beziehungsfähig-Bleiben im hohen Alter. Damit trifft die Herausgeberschaft die Kernabsicht heutiger Paar- und Familienpastoral. Diese wird sowohl bibel- und pastoraltheologisch als auch psychologisch mit Anleihen z. B. bei Guy Bodenmann vom Psychologischen Institut der Universität Zürich abgestützt und durch Beispiele aus der Seelsorge in Paarkursen und Kommunikationstrainings untermauert. Der mystagogische Ansatz im Sakramenten- Verständnis hilft dabei Seelsorgenden, an sensiblen Beziehungs-Knotenpunkten im Leben der Menschen anzuknüpfen und (mehr) Gelassenheit zu bekommen im Umgang mit der Sakramentenspendung (69 f).

Krise und Scheitern

Umfangreich geht das Buch auf mögliche Gründe für Krisen und Scheitern von Paarbeziehungen ein, z. B. bei Überforderung durch Stress oder häusliche Gewalt. Es beschreibt, wie Krisen und Scheitern begleitet werden können. Für Seelsorgende eine Fundgrube, um den Blick dafür zu schärfen, Menschen in Krisen und im Scheitern zur Seite zu stehen. Eindrücklich das Plädoyer, Menschen in solchen Situationen nicht aussen vor zu lassen, sondern seelsorgerlich zu unterstützen, bis hin zum liturgischen Verabschieden einer gescheiterten Beziehung und zum Feiern einer neuen Paarbeziehung.

Würdigung

Das Buch dient Seelsorgenden in der Begleitung von Paaren und verhilft dazu, sich pastoraltheologisch und -psychologisch fit zu machen für das, was Menschen in Krisen und im Alltag unterstützt. Es ist ein passendes Nachschlagewerk, um in der Beziehungspastoral Anleitungen und Argumente zu finden. Gewünscht hätten wir der Herausgeberschaft einen stärkeren Einbezug der Begleitungsangebote im Paar-Alltag und der vielfältigen Paarseelsorge-Praxis in der Deutschschweiz im Sinne von «Best-Practice- Beispielen vor der Haustüre». Wohltuend daher das sympathische Interview mit dem Altersheim-Seelsorger Alois Reinhard. Es nimmt Fragen zur Paarbeziehung im Altersheim alltagsnah auf und beschreibt damit einen noch weitgehend unbearbeiteten Paar- Aspekt liebevoll und ehrlich. Beziehungspastoral bleibt anspruchsvoll und zeitintensiv. Folgerichtig daher das Plädoyer an die «Pastoral- und Personal- Verantwortlichen in der Ortskirche, (…) geeignete Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um konsequent und zielgerichtet in die Entwicklung einer Beziehungspastoral zu investieren». (29)

 

1 Manfred Belok, Franziska Loretan-Saladin (Hg.): Zwischenmenschlich. Beziehungspastoral heute. Zürich 2016. Zahlen in Klammern weisen auf Zitat-Seite.

Madeleine Winterhalter und Matthias Koller Filliger

Madeleine Winterhalter und Matthias Koller Filliger sind Mitarbeitende der Fachstelle für Partnerschaft – Ehe – Familie im Bistum St. Gallen.