«Als Investition in die Zukunft begreifen»

Die kirchliche Jugendarbeit ist nicht erst seit der Jugendsynode ein Thema. Die Ausbildung zum kirchlichen Jugendarbeiter kennt verschiedene Wege. Die SKZ hat nachgefragt.

SKZ: Warum benötigt die kirchliche Jugendarbeit speziell ausgebildete Personen?
Frank Ortolf: Die Jugendarbeit ist ein anerkanntes und wichtiges (pastorales) Berufsfeld innerhalb der Jugendpastoral. Während die Katechese und die Firmung ihre primäre Zielsetzung in der Glaubensverkündigung bzw. in der Pfarreisozialisation haben, liegt der Fokus der Jugendarbeit in der Begleitung junger Menschen. Diese Begleitung erfordert ein professionelles Handeln.

Welche Ausbildungsmöglichkeiten gibt es und wo liegen deren Schwerpunkte?
Als Bezugswissenschaft fungiert einerseits die Soziale Arbeit. Im Studiengang Soziale Arbeit werden allgemeine Grundlagen der Jugendarbeit gelegt. Absolventen dieses Studiengangs haben besondere Kenntnisse in der Konzept- und Projektarbeit sowie in der sozialraumorientierten Jugendarbeit. Auf der anderen Seite wird die Jugendarbeit als pastorales Handlungsfeld am Religionspädagogischen Institut RPI gelehrt. Hier erwerben die Absolventen ihr Rüstzeug in der Jugendpastoral (Jugendarbeit, Katechese, Firmung) und können einen Schwerpunkt auf die kirchliche Jugendarbeit legen. Besondere Kenntnisse werden dabei in Glaubensbegleitung, Gestaltung spiritueller Prozesse und Liturgiegestaltung mit Jugendlichen erworben. Beide professionellen Zugänge befähigen zu einer Anstellung als Jugendarbeiter in einer Pfarrei. Je nach Studium ist es empfehlenswert, Fortbildungen zu jugendspezifischen Themen zu belegen. Diese werden z. B. von den kantonalen Fachstellen für kirchliche Jugendarbeit angeboten.

Daneben gibt es noch die Ausbildung ForModula. Wie ist diese entstanden?
Die Entwicklungen in den 2000er-Jahren ergaben, dass Pfarreien das Bedürfnis äusserten, Quereinsteiger als Jugendarbeiter anzustellen. Im Auftrag der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) wurde Ende der 2000er-Jahre ein Fachausweis kirchliche Jugendarbeit nach ForModula initiiert. Seit den Anfängen ist dieser Fachausweis auf Deutschschweizer Ebene aufgegleist worden – mit einigen kantonalkirchlichen Körperschaften, Bistümern und Jugendverbänden als Träger des Bildungsgangs.

Wie ist diese Ausbildung aufgebaut?
Zunächst wird für die Aufnahme zum Bildungsgang eine abgeschlossene Berufslehre oder Matura vorausgesetzt. Je nach Pensum/Lebenssituation kann der Fachausweis innerhalb von drei bis fünf Jahren erworben werden. Das modulare System bietet dabei die Möglichkeit, die erforderlichen Kompetenzen den Anstellungsverhältnissen entsprechend aufzubauen. Der Bildungsgang kann, mit Ausnahme eines Moduls, mit jedem Modul begonnen werden. Die Planung der weiteren Module wird den Tätigkeitsfeldern entsprechend gestaltet. Nebenbei bemerkt: Zur Teilnahme an den einzelnen Modulen als Weiterbildung sind alle an der kirchlichen Jugendarbeit interessierten Personen zugelassen. Eine Tätigkeit in der kirchlichen Jugendarbeit sollte aber vorhanden sein.

Wo liegt der Unterschied zwischen den akademischen Ausbildungen (RPI/Soziale Arbeit) zur Ausbildung ForModula?
Die Jugendarbeiter mit akademischem Abschluss unterscheiden sich von den Jugendarbeitern des Fachausweises kirchliche Jugendarbeit nach ForModula meist im Mass der Verantwortungsübertragung in der konkreten Tätigkeit als Jugendarbeiter. So heisst es z. B. in den Richtlinien der Kath. Kirche im Kanton Zürich: «Lohnklasse 14: Jugendarbeit in Jugendhäusern, Treffpunkt in Pfarreien, Verbänden, mit Jugendgruppen und Randgruppenjugendlichen. Mitarbeit in Firmunterricht, Jugendgottesdiensten.» Und bei der Lohnklasse 16: «Qualifizierte, weitgehend selbständige Arbeit im Jugendbereich (verbandliche Jugendarbeit und offene Jugendarbeit). Mitarbeit im Pfarreiteam (Firmunterricht, religiöse Feiern, besinnliche Anlässe). Begleitung und Beratung von jungen Menschen und deren Bezugspersonen. Konzeption und Durchführung von jugendspezifischen und soziokulturellen Projekten. Verantwortung für die Auswahl, Beratung und Begleitung von Freiwilligen. Mitverantwortung für die Mittelbeschaffung.»

Haben die unterschiedlichen Ausbildungen einen Einfluss auf die Anstellung?
In den meisten Kantonalkirchen werden die akademischen Abschlüsse gleichwertig behandelt. Der Abschluss zum Fachausweis ist ebenfalls anerkannt und entsprechend einer Lohnklasse zugeordnet. Das Berufsprofil kann sich je nach Abschluss ein wenig unterscheiden. Für den Bereich der offenen Jugendarbeit z. B. sind Absolventen des Studiengangs Soziale Arbeit prädestiniert.

Sie haben den Lohn angesprochen …
Bei der Kantonalkirche Zürich erhalten Jugendarbeitende (RPI, Soziale Arbeit oder gleichwertige Ausbildung) als Einstiegsgehalt ohne Berufserfahrung ca. 82'000 Franken. Als Absolvent des Fachausweises kirchliche Jugendarbeit liegt das Einstiegsgehalt ohne Berufserfahrung bei ca. 73'000 Franken.

Wo sehen Sie Schwierigkeiten für die Zukunft der Jugendarbeit?
Die Kirchgemeinden wissen, wie schwierig es geworden ist, passendes Personal für die kirchliche Jugendarbeit zu finden. Vielfach werden deshalb Aufgaben die Jugendarbeit betreffend anderen – nicht ausgebildeten – Mitarbeitern delegiert. Dies führt zu Frustrations- und Überforderungssituationen in den Kirchgemeinden. Es ist wichtiger denn je, die Möglichkeiten resp. Zugänge zum Berufsfeld kirchliche Jugendarbeit in den Kirchengemeinden noch bekannter zu machen und in den Fokus zu rücken.

Wie könnte das gelingen?
Die kantonalen Fachstellen, Bistümer und die SBK müssen das Berufsfeld kirchliche Jugendarbeit noch besser bewerben. Es gilt, die Chancen der kirchlichen Jugendarbeit für die katholische Kirche in der Deutschschweiz als notwendige Investition in die Zukunft zu begreifen.

Interview: Rosmarie Schärer

 

Weiterführende Informationen zum Fachausweis kirchliche Jugendarbeit: www.fachausweis-jugendarbeit.ch


Interview-Partner Frank Ortolf

Frank Ortolf (Jg. 1980) studierte an der Katholischen Fachhochschule Freiburg i.Br. Soziale Arbeit und absolvierte eine theologische Zusatzausbildung. Später erwarb er berufsbegleitend einen Master in Management und Leadership. Seit 2013 ist er Leiter der Jugendseelsorge der katholischen Kirche im Kanton Zürich.