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Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld

Dritte Auflage der Richtlinien in Kraft gesetzt

Die dritte Auflage der Richtlinien mit dem Titel «Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld. Richtlinien der Schweizer Bischofskonferenz und der Vereinigung der Höhern Ordensobern der Schweiz» tritt am 1. Februar 2014 in Kraft (aufgeschaltet unter http://www.kath.ch/skz/upload/20140211154614.pdf ) Der Geltungsbereich der Richtlinien wird damit deutlich erweitert. Neu werden die Richtlinien nicht allein von der Schweizer Bischofskonferenz, sondern auch von der Vereinigung der Höhern Ordensobern der Schweiz erlassen. Jetzt gelten die Richtlinien nicht nur für die direkt in der Seelsorge Tätigen, sondern auch für alle jene, die irgendwie in den verschiedensten Bereichen im kirchlichen Umfeld wirken: Katechese, Jugendarbeit, Bildung und Erziehung, Freiwilligenarbeit, Sozialarbeit, Kirchenmusiker, Sakristane usw. Ausserdem werden jetzt in der Schweiz auch Ordensgemeinschaften, religiöse Bewegungen und Gruppierungen erreicht, die nicht direkt der Aufsicht der Bischöfe unterstehen.

Die Aktualisierung der Richtlinien verdankt sich besonders Menschen, die sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld und das Schweigen darüber erleiden mussten – und die, Gott sei Dank, nicht aufgegeben haben, ihre verletzte Menschenwürde zum Thema zu machen.

Stärkere Betonung der Prävention

Im Vergleich zu den vorhergehenden Auflagen von Dezember 2002 und Juni 2010 wird das Anliegen der Prävention stärker betont, sowohl in der Ausbildung wie auch in allen Programmen der Fortbildung. Bei Auswahl und Zulassung der Seminaristen wie auch der Kandidaten für die Ordensund religiösen Gemeinschaften müssen alle einen Strafregisterauszug vorlegen. Wenn Seminaristen oder Kandidaten für Ordensgemeinschaften den Ausbildungsort beziehungsweise die Gemeinschaft wechseln, muss zwischen den zuständigen Verantwortlichen ein klarer und präziser Informationsaustausch stattfinden.

In der Ausbildung wird die Thematik der sexuellen Übergriffe umfassend dargelegt, auch die Folgen für die Opfer. Es werden auch die strafrechtlichen kirchlichen und staatlichen Normen und Folgen, welche die Übergriffe für die Täter mit sich bringen, dargelegt.

Neue Bestimmungen der Glaubenskongregation

Die neuesten Bestimmungen der Glaubenskongregation sind eingebaut. Es ist der Kongregation für die Glaubenslehre vorbehalten, durch Kleriker begangene sexuelle Übergriffe an Minderjährigen unter 18 Jahren zu beurteilen. In solchen Fällen beginnt die Verjährungsfrist mit der Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers zu laufen und dauert 20 Jahre.

Dieser Straftatbestand ist bereits beim Kauf, Besitz (u. a. Herunterladen aus dem Internet) und bei der Verbreitung kinderpornografischen Materials gegeben.

Sicherstellung der Information

Beim Wechsel des Wirkungsortes eines Seelsorgers oder eines Ordensmitglieds müssen die kirchlichen Verantwortlichen eine angemessene Information der neu zuständigen Leitungsperson sicherstellen. Bei solchen Wirkungsortwechseln muss der bisherige Ordinarius eine schriftliche Leumundserklärung zuhanden des neuen Ordinarius erfassen.

Beim Einsatz von Seelsorgern und kirchlichen Mitarbeitern, die aus anderen Wirkungsorten kommen, besonders wenn sie aus dem Ausland kommen, muss von ihnen prinzipiell das Vorweisen eines erweiterten Strafregisterauszuges verlangt werden.

Freiburg i. Ü., 31. Januar 2014

Kommunikationsstelle der SBK

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Ergebnisse der Umfrage zur Partnerschafts-, Ehe und Familienpastoral der katholischen Kirche

Wer hat bei der Umfrage mitgemacht?

– 23 636 Antworten, die bis Anfang Januar eingegangen sind (drei Viertel online, übrige Papierversion), sind Grundlage der Berechnungen.

– Mit den Fragebögen, die nach Ende der Erhebungsfrist eingegangen sind, ergibt sich eine totale Teilnehmerzahl von 25 000.

– Das Durchschnittsalter liegt bei gut 54 Jahren, 47 Prozent Männer, 53 Prozent Frauen. Zwei Drittel haben Kinder.

– Fast 92 Prozent gehören zur römischkatholischen Kirche, knapp 95 Prozent leben in der Schweiz.

– Der deutschsprachige Fragebogen wurde von ungefähr 87 Prozent ausgefüllt, der französischsprachige Fragebogen von ca. 9 Prozent.

– Über 1000 Menschen haben den italienischsprachigen Fragebogen ausgefüllt, was etwa 4,5 Prozent der Teilnehmenden entspricht.

– Die grosse Zahl an Teilnehmenden, welche Fragebögen aus kirchlichen Medien (Pfarrblätter) verwendet haben, bedeutet, dass vor allem kirchennahe Menschen erreicht wurden.

– Der kirchennahe Hintergrund der meisten Teilnehmenden zeigt sich auch darin, dass die kirchliche Heirat und eine christliche Erziehung der Kinder sehr hohe Zustimmungswerte erhalten.

– Für kirchennahe Menschen ist es typisch, dass sie sich mit der Lehre der Kirche auseinandersetzen. Das hindert sie aber nicht, sich auch sehr kritisch dazu zu positionieren.

Erste gefestigte Ergebnisse

Die Auswertung der Umfrage hat erst begonnen, dennoch lassen sich deutliche Trends darstellen.

Was den Umfrageteilnehmenden wichtig ist

Die kirchliche Eheschliessung ist durchgängig wichtig (80 Prozent). Der Wunsch, die eigene Paarbeziehung auch religiös zu gestalten und die Dimension des Religiösen bei wesentlichen Lebensentscheidungen einzubeziehen, ist deutlich.

Der sehr grosse Wunsch nach einer christlichen Erziehung der Kinder bildet den höchsten Zustimmungswert der gesamten Pastoralumfrage (97 Prozent)!

Der Glaube spielt im Bereich der Familie und in der Kindererziehung eine grosse Rolle, auch wenn die Eltern dies nicht immer ausdrücklich formulieren (können). Ein kirchenstatistischer Beleg für die hohe Bedeutung des Glaubens im Bereich der Familie ist die Taufe, die in der Schweiz immer noch eine sehr hohe Zustimmung findet. Für die Kirche sind diese zwei Aussagen eine grosse Chance für die Vermittlung ihrer religiösen Kernbotschaft.

Aber – dennoch ist nicht alles gut

Diese grundsätzliche Offenheit für Religion und Glauben geht keinesfalls mit einer kritiklosen Zustimmung zur kirchlichen Lehre über die Familie, über die Ehe und über die Sexualität einher.

«Thema Nr. 1»

Ein sehr grosser Konsens zeigt sich im Unverständnis und in der Ablehnung gegenüber der offiziellen Lehre, geschiedene Wiederverheiratete nicht zu den Sakramenten zuzulassen. Die überwiegende Mehrheit (knapp 90 Prozent) teilt den Wunsch nach einer kirchlichen Anerkennung und Segnung von deren Partnerschaften. Prioritäres Anliegen an die Bischöfe und an die Kirche in der Schweiz ist der Wunsch nach Überwindung der ausschliessenden und als unbarmherzig und unchristlich verstandenen Praxis im Umgang mit geschiedenen Wiederverheirateten. Diese wird von den Befragten aus religiösen Gründen und mit ausdrücklichem Bezug auf christliche Kernaussagen zurückgewiesen.

Kirchliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften – Mehrheit ohne Konsens

Eine Mehrheit von gut 60 Prozent der Umfrageteilnehmenden unterstützt den Wunsch nach einer kirchlichen Anerkennung und Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Anders als bei der Frage der geschiedenen Wiederverheirateten gibt es hier aber keinen Konsens, sondern eher eine Polarisierung. Klarer Zustimmung steht ebenso entschiedene, wenn auch zahlenmässig geringere, Ablehnung einer kirchlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften gegenüber. Für die Kirche und für die Kirchenleitung stellt sich hier die schwierige Aufgabe, eine Lösung zu finden, die dieser Differenz der Auffassungen gerecht wird und den seelsorglichen Bedürfnissen der lesbischen und schwulen Paare, denen die religiöse Gestaltung und Anerkennung ihrer Paarbeziehung ein wichtiges Anliegen ist, entgegenkommt.

Dauerthema Verhütung

Die Antworten auf die Frage nach künstlichen oder natürlichen Verhütungsmethoden zeigen die lange bekannte dramatische Differenz zwischen Lehramt und den Umfrage- Teilnehmenden. Das lehramtliche Verbot der künstlichen Methoden der Schwangerschaftsverhütung steht fernab zur Praxis und zu den Auffassungen der allermeisten Katholikinnen und Katholiken.

Vorbehalte bei der Zustimmung zur kirchlichen Lehre über die Familie

Zwar geben die meisten Katholikinnen und Katholiken an, die kirchlichen Positionen zu Sexualität, Partnerschaft, Ehe und Familie zu kennen, aber wenn sie nach der Zustimmung zu dieser Lehre gefragt werden, dann zeigt sich eine eher skeptische Haltung. Die Vorbehalte gegenüber der Lehre der Kirche sind sehr deutlich.

Perspektiven für die Kirche

Setzt man diese kirchenkritischen Ergebnisse mit dem grundsätzlichen Wunsch zu einer auch kirchlich-religiös geprägten Partnerschaft, Ehe und Familie ins Verhältnis, zeigt sich die dringende Notwendigkeit, den Status der kirchlichen Lehre über die Familie in Kirche und Seelsorge neu zu bewerten. Die Verabsolutierung einzelner Normen und Vorgaben der Kirche gegenüber konkreten Lebenserfahrungen und Lebenssituationen der Menschen muss aufgebrochen werden. Forderungen seitens der Kirche, nach denen Katholikinnen und Katholiken den konkreten Normen und Verhaltensvorgaben der Kirche unbedingten und kritiklosen Gehorsam zu leisten haben, schaden schlussendlich der Kirche in ihrem Anliegen, den Menschen die zentraleren und wichtigeren Aspekte ihrer Botschaft zu vermitteln.

Nicht zuletzt sollte das Wissen um das Missverhältnis zwischen der Offenheit vieler Gläubigen für eine religiöse Prägung von Partnerschaft, Ehe und Familie einerseits und ihrer Ablehnung und ihrem Unverständnis gegenüber weiten Teilen der Lehre andererseits bei der Entwicklung pastoraler Angebote berücksichtigt werden. Gerade die Ehevorbereitung erhält insgesamt in der Umfrage kein gutes Zeugnis. Sie wird als zu wenig hilfreich für das Ehe- und Familienleben gesehen.

Schliesslich zeigt die Umfrage, dass die Kirche kaum als hilfreich gesehen wird, wenn es in Ehe und Familie zu Krisen kommt. Hier scheint es, dass das hohe Ideal der kirchlichen Lehre den Blick auf die Realität verstellt und die Ansprechbarkeit ausgerechnet erschwert für die Menschen, die Unterstützung brauchen würden.

Breite Übereinstimmung

Eines der sehr erstaunlichen Ergebnisse der Untersuchung ist die ausgesprochen hohe Übereinstimmung im Antwortverhalten ganz unterschiedlicher Gruppen: Junge und Alte, Männer und Frauen; deutsch-, französisch- und italienischsprachige Teilnehmende – es gibt faktisch keine nennenswerten Abweichungen im Antwortverhalten. In keiner Frage öffnet sich ein Generationenkonflikt, es gibt keinen Kampf der Geschlechter, keinen Röstigraben, keine bedeutsame ökumenische Differenz zwischen den christlichen Konfessionen und auch keine relevante Unterschiedlichkeit der Antworten aus der Schweiz und aus dem Ausland.

Perspektiven für weitere Auswertungen

Wir stehen erst am Anfang der Auswertung. Für die weitere Analyse der Ergebnisse wird das SPI konkrete pastorale Fragestellungen zur Grundlage nehmen. Beispielsweise wäre es möglich, eine zielgruppenspezifische Auswertung vorzunehmen, um pastorale Angebote passender zu gestalten.

Dr. Arnd Bünker, Institutsleiter SPI

Adresse und Kontakt: Schweizerisches Pastoralsoziologisches Institut SPI, Gallusstrasse 24, Postfach 1926, 9001 St. Gallen, Telefon 71 228 50 90, E-Mail arnd.buenker@ spi-stgallen.ch

 

Anmerkung der SKZ-Redaktion:

Weitere Informationen finden sich auf http://www.bischoefe.ch/dokumente/communiques/umfrage-zur-familienpastoral-ergebnisse . Der in dieser Form zuhanden einer Synode erstmals öffentlich vorliegende «Synthesebericht der Schweizer Bischofskonferenz über die Umfrage der Diözesen unter Seelsorgenden und Experten in der Schweiz» ist auch unter http://www.kath.ch/skz/upload/20140211154218.pdf aufgeschaltet.

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Bischöfliche Botschaft zum Tag der Kranken in der Schweiz, 2. März 2014

Glaube und Liebe: «So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben» (1 Joh 3,16)

Liebe Brüder und Schwestern,

Viele Heilige haben den Kranken gedient wie dem HERRN selbst. Der sel. G erhard (11./12. Jh.) sprach von «unseren Herren Kranken». Der hl. Benedikt empfahl die Kranken der aufmerksamsten Fürsorge des Abtes, weil man in ihnen Christus selbst dient: «Die Sorge für die Kranken muss vor und über allem stehen: Man soll ihnen so dienen, als wären sie wirklich Christus, hat er doch gesagt: ‹Ich war krank, und ihr habt mich besucht› (Mt 25,36)» (Benediktsregel: Kp. 36,1–3). Auch der hl. Ignatius liess es sich als erster Oberer der Gesellschaft Jesu nicht nehmen, für seine kranken Mitbrüder selbst zu sorgen und ihnen die liebevollste Zuwendung angedeihen zu lassen.

Wie jedes Jahr wendet sich der Heilige Vater mit einer besonderen Botschaft an die Kranken und an jene, die ihnen dienen. Er erinnert uns in seiner diesjährigen Botschaft zum Welttag der Kranken daran [vgl. www. vatican.va], dass wir das Evangelium nur erfüllen, wenn wir den Kranken dienen und für sie als unseren Brüdern und Schwestern das Leben hingeben (1 Joh 3,16). Dies gilt umso mehr, weil «die Kirche in euch, liebe Kranke, eine besondere Gegenwart des leidenden Christus erkennt» (ebd.). Von ihm empfangen wir zusammen mit den Kranken den Mut und das österliche Licht, schreibt der Papst, um mit IHM an der Seite und mit IHM vereint «allen Widrigkeiten entgegenzutreten » (ebd.). Papst Franziskus betont, dass der Sohn Gottes Leiden und Krankheiten nicht aus der menschlichen Erfahrung beseitigt, aber sie verwandelt und relativiert hat. Sie haben nicht mehr das letzte Wort. Der Papst erinnert uns daran, dass wir aufgerufen sind, Christus ähnlich zu werden, «dem Barmherzigen Samariter aller Leidenden». «Wenn wir uns mit Zärtlichkeit denen zuwenden, die der Pflege bedürfen, tragen wir die Hoffnung und das Lächeln Gottes in die Gegensätze der Welt.»

Vorbild dieser respektvollen, zärtlichen und feinfühligen Liebe ist die Gottesmutter Maria. «Es ist die Mutter Jesu und unsere Mutter, die aufmerksam ist für die Stimme Gottes und die Nöte und Schwierigkeiten ihrer Kinder» (ebd.) Die Gottesmutter empfing auf dem Weg ihrer Pilgerschaft selbst den Stoss des Leidens, der wie ein Schwert durch ihre Seele drang. Deshalb dürfen wir uns mit «kindlicher Verehrung» an sie wenden «in der Gewissheit, dass sie uns helfen, uns unterstützen und nicht im Stich lassen wird», schreibt der Papst. «Sie bleibt bei uns in unseren Kreuzen und begleitet uns auf dem Weg zur Auferstehung und zur Fülle des Lebens.»

Was bedeutet das alles für uns bzw. für mich und Dich persönlich? Dazu zwei abschliessende Gedanken: Jeder von uns muss zuerst selbst und für sich erkennen und anerkennen, dass Jesus, der gelitten hat und für uns gekreuzigt wurde, auch unseren Leiden – jedem Leiden – einen Sinn gibt. «Musste der Messias nicht all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen?» (Lk 24,26). Das gilt auch für uns. «Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll» (Röm 8,18). Als Zweites dürfen wir nicht in die Ferne schweifen, sondern die Kranken dort aufsuchen, wo sie uns in unserem Umfeld unmittelbar begegnen und anvertraut werden: in Familie, Beruf und Freundeskreis. Diese Kranken und Leidenden sind es als Erste, die mir ganz persönlich anvertraut werden. Ihnen soll ich dienen wie Christus selbst. «Ich war krank, und ihr habt mich besucht» (Mt 25,36).

Im Namen der Schweizer Bischofskonferenz

+ Marian Eleganti, Weihbischof von Chur