Zwangspause für umstrittenen Bischof

Papst Franziskus ist stets für Überraschungen gut. Rund sieben Monate lang, von seiner Wahl bis Mitte Oktober, versetzte er die christliche Welt in Erstaunen – durch Gesten der Bescheidenheit und Verzicht auf alle Machtsymbole, durch Reden und Taten im Sinne seines Namenspatrons, des «poverello» Franziskus von Assisi. Und kürzlich tadelte Franziskus in seinen Predigten jene Kleriker, die Freude am Wohlleben haben oder gar einen Hang zum Luxus zeigen.

Deshalb war man gespannt, wie dieser Papst wohl über den deutschen Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst urteilen würde, der wegen Geldverschwendung beim Bau seiner Residenz in Limburg in die Kritik geraten war. Weil der Bau über 30 Millionen Euro verschlang und weil Tebartzvan Elst ausserdem (wegen angeblicher Falschaussage im Kontext einer Indienreise) im Visier der Justiz steht, hagelte es Vorwürfe gegen den Oberhirten. «Luxus-Bischof» oder «Protz-Bischof» wurde er von den Medien genannt. Der Ruf nach Rücktritt erscholl. In letzter Zeit hatte die deutsche Kirche nur ein grosses Thema: den «Fall Limburg».

Logisch also, dass Bischof Tebartz-van Elst sein Schicksal in die Hände des Papstes legte. Franziskus liess sich beraten und war laut Indiskretionen «entsetzt» über die Geldverschleuderung in Limburg. Doch dann kam die Überraschung. Am 21. Oktober gewährte er dem Bischof eine Audienz – und liess Milde walten, wie kurz darauf eine Mitteilung des Heiligen Stuhls bewies. In der Diözese Limburg, so der Text, ist eine Situation entstanden, «in welcher der Bischof, S. E.Mons. Franz-Peter Tebartzvan Elst, seinen Dienst derzeit nicht ausüben kann». Eine vom deutschen Episkopat eingesetzte Kommission nimmt nun eine Prüfung der Probleme vor. «In Erwartung der Ergebnisse (…) hält der Heilige Stuhl es angeraten, S. E. Mons. Tebartz-van Elst eine Zeit ausserhalb der Diözese zu gewähren.» In dieser Phase leitet der neue Generalvikar Wolfgang Rösch die Amtsgeschäfte in der Diözese.

Mit anderen Worten: Der Papst schickt den umstrittenen Bischof in eine Zwangspause. Er fordert ihn nicht zum Rücktritt auf oder setzt ihn gar ab, sondern suspendiert ihn nur. Viele Beobachter, die sich von dem stets «eine arme Kirche für die Armen» predigenden Pontifex ein radikales Nein zu Tebartz-van Elst erwartet hatten, rieben sich verwundert die Augen. Erste Kommentare liessen Enttäuschung durchblicken. Was der Reaktion vieler deutscher Katholiken entsprach.

In Wahrheit jedoch, so verlautet im Vatikan, konnte Franziskus den Bischof nicht einfach absetzen, solange noch die Limburger Untersuchung läuft. Das wird zwei oder drei Monate dauern. Denn die Experten müssen einen dicken Aktenberg sichten. Folglich wird die ganze Geschichte neu aufgerollt … Diese Geschichte begann 2007, als der damalige Bischof Franz Kamphaus altersbedingt zurücktrat und kurz darauf das Domkapitel beschloss, eine Residenz für den neuen Oberhirten zu bauen. 2008 wurde Franz-Peter Tebartz-van Elst, damals erst 48 Jahre alt, neuer Bischof der Dözese (zu der auch die Stadt Frankfurt gehört).

Mitte 2010 begann der Bau des neuen Bischofshauses, für den man 5,5 Millionen Euro einplante. Doch inzwischen «explodierten» die Kosten auf über 30 Millionen Euro. Tebartz-van Elst bremste nicht; dem Vernehmen nach wünschten er und andere Verantwortliche sogar weitere teure Details bei dem Bau. Das alles empörte zahllose Katholiken. Nicht genug damit, bekam der Bischof Ärger mit der Justiz. Und zwar wegen eines Fluges 2012 nach Indien, wo er sich ein Bild über verschiedene von seiner Diözese unterstützte soziale Projekte machen wollte. Laut Eigenaussage flog er Business- Class, laut «Spiegel» jedoch erster Klasse. Es kam zu einem Rechsstreit, demzufolge die Justiz wegen einer angeblich falschen eidesstattlichen Erklärung gegen ihn ermittelt.

Kurzum, Tebartz-van Elst geriet immer mehr in die Schusslinie. Im Blick auf die Affäre erklärte beispielsweise der renommierte Kirchenrechtler Thomas Schüller: «Das ist ein grosser Flurschaden nicht nur im Bistum Limburg, sondern in der ganzen deutschen Kirche. Der Skandal muss Konsequenzen haben.» Konsequenzen – das hiess: Rücktritt. Allerdings hatte Bischof Tebartz-van Elst auch ein paar prominente Verteidiger, voran Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, den Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation. Müller sowie andere Beobachter rügten zudem, gegen den Limburger Bischof sei eine üble Medienkampagne im Gang.

Schliesslich befasste sich, wie geschildert, Papst Franziskus mit der Affäre. Der Präsident der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Zollitsch, begrüsst die vatikanische Entscheidung, nach der sich Tebartz- van Elst vorübergehend «aus dem Bistum zurückzieht». Denn damit könne man «zur inneren Ruhe zurückkehren und eine neue Gesprächsbasis schaffen». Doch viele Kirchenkenner würden eher der «Süddeutschen Zeitung» zustimmen, die schrieb: Für Tebartz-van Elst sei die befohlene Auszeit eine Art Fegefeuer, eine Phase der Reinigung. «Dass der Bischof danach wieder in seinen Himmel, in seinen Limburger Prachtbau, zurückkehrt, ist kaum vorstellbar.» 

 

Bernhard Müller-Hülsebusch

Bernhard Müller-Hülsebusch

Dr. Bernhard Müller-Hülsebusch, seit vielen Jahren Korrespondent von deutschen und schweizerischen Medien in Rom und Buchautor, beschäftigt sich vor allem mit Themen rund um den Vatikan