Zeit der Erneuerung

(Bild: pixabay)

 

Gesellschaft, Wirtschaft, Kirche: Überall stehen grosse und umwälzende Veränderungen an. Das spüren heute sehr viele Menschen – auch und gerade die jüngeren. Denn es geht um ihre Zukunft. Es braucht eine globale Transformation: Weg von einer Wirtschaft, die tötet (Papst Franziskus). Weg von einem Ressourcenverbrauch, der einen geplünderten Planeten zurücklässt. Und auch weg von einer um sich selbst kreisenden Kirche. Wer aber soll diese Transformation leisten?

Die da oben müssen beginnen! Die in Washington, Bern und Rom. Denn in ihrer Hand liegen doch die entscheidenden Hebel. Es braucht neue Gesetze, die Regenwälder vor Brandrodung und die Meere vor Vermüllung schützen. Erwartungsvoll und ohnmächtig zugleich starren wir auf die Bildschirme, wenn sich dort die Grossen dieser Welt vor den Kameras positionieren und Klimaziele ankündigen. Und ich? Ich bin doch nur ein kleines, unbedeutendes Rädchen in einer gigantischen Maschinerie. Denn was kann ich schon machen angesichts der gefährlichen Bedrohung unserer Welt? Oder für eine Erneuerung der Kirche? Auf mich kommt es nicht an. Oder vielleicht doch?

Der Blick auf Jesus von Nazaret zeigt, dass auch er in einer Zeit lebte, in der sich viele Menschen ohnmächtig fühlten. Die Unterdrückung durch Rom zwang ganze Völker in die Knie. Religiöse Vorschriften drängten viele Menschen an den Rand. In einer von Resignation oder von ohnmächtigem Aufbegehren geprägten Umfeld verkündet Jesus eine neue Welt. Und dieses Reich Gottes beginnt schon jetzt. Daher wartet Jesus nicht, bis sich die römischen Herrscher oder die Frommen in Jerusalem endlich bekehren. Jesus wartet nicht, sondern handelt. Und zwar in der Gewissheit, dass das Reich Gottes jetzt schon anbricht, wenn er sich mit Ausgestossenen an einen Tisch setzt, wenn er Ausländer heilt oder wenn er Frauen in seinen Jüngerkreis beruft.

Für einen oberflächlichen Blick scheint Jesus mit seinem Projekt gescheitert. Doch durch die Auferstehung gibt Gott Jesus und seinem Einsatz Recht. Daher können auch wir darauf vertrauen, dass sich das Gute am Ende durchsetzen wird. Es geht um eine Hoffnung entgegen dem Augenschein. Auch wenn wir den grossen Lauf der Welt nicht ändern können, so haben wir die Chance, unsere kleine Welt anders zu sehen und in ihr Gottes Nähe zu erkennen.

Wer sich vom Glauben an Jesus Christus prägen lässt, wird daher nicht resignieren angesichts der Übermacht des Bösen, das so oft zu siegen scheint. Er oder sie wird sich nicht lähmen lassen von der apokalyptischen Angst, dass man doch nichts machen kann. Vielmehr gilt, dass hier und heute eine andere Welt möglich, ja sogar schon wirklich ist. Wenn wir sie verwirklichen, mit unserem konkreten Lebensstil. Wenn wir heute neu und anders handeln, so hat die Transformation bereits begonnen. Zugleich vertrauen wir darauf, dass nicht allein wir es sind, die alles erneuern. Vielmehr gilt das Versprechen Gottes: «Siehe, ich mache alles neu.» (Offb 21,5)

Andreas Knapp*

 

* Dr. theol. Andreas Knapp ist Mitglied des Ordens der «Kleinen Brüder vom Evangelium», Priester und Schriftsteller. Seine neuesten Publikationen sind: «Wer alles gibt, hat die Hände frei. Mit Charles de Foucauld einfach leben lernen» (2021) und «Mit Pauke und Salböl. Gedichte zu Frauen der Bibel» (2021).